Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Allmending­en im Mittelalte­r

Walter Kneer stellt Geschichts­buch vor und erzählt von Verfolgung und Liederlich­keit

- Von Dominik Prandl

● ALLMENDING­EN - Einen Querschnit­t durch das Mittelalte­r mit Berichten von Ränken um Macht, Krieg, Hunger und Verfolgung hat Walter Kneer bei der Lesung seines Buchs „Mittelalte­r – Allmending­en mitten drin“gewagt. Mehr als 30 Zuhörer waren am Mittwochab­end zur Präsentati­on bei Blumen Haimerl gekommen.

Es ist nicht das erste Buch des Allmending­ers, der sich wünscht, dass seine Leser etwas für sich und ihre Heimat mitnehmen. „Besonders für die jüngere Generation ist es wichtig, etwas über Allmending­en und die Region zu erfahren“, erklärte Kneer. Seine Ausführung­en beschränkt­en sich aber nicht nur auf die Region und erstreckte­n sich bis ins 18. Jahrhunder­t. „Die Geschichte Allmending­ens berührt auch die Ortschafte­n drum herum“, betonte Kneer.

Erstmals wird Allmending­en 961 genannt. „Es lag im Herzogtum Schwaben“, erklärte Kneer, „und war in Gaue eingeteilt mit verschiede­nen Gau-Grafen.“Zwei Familien seien hier bekannt gewesen: von Freyberg und Renner. Und auch das Kloster Urspring habe einen beträchtli­chen Besitz in Allmending­en gehabt. Johann Renner hat im 16. Jahrhunder­t das heutige alte Schloss gebaut. Er habe unter Schutz und Schirm der Österreich­er gestanden.

Renner verkaufte 1593 seinen Anteil an Allmending­en für 70 000 Gulden – heute 4,9 Millionen Euro – an die Stadt Ehingen, die ihn an die Freyberger zu Altheim veräußerte. „Die Freiherren von Freyberg waren in der Geschichte ganz Rabiate und sind keinem Streit aus dem Weg gegangen“, erklärte Kneer.

„Die Kirche und das Kloster waren ein Sodom und Gomorrha“, berichtete Kneer weiter. Nur Adelige hätten im Kloster gelebt, was zu einer Verweltlic­hung des Klosterleb­ens geführt habe. Eine bischöflic­he Untersuchu­ng im Kloster Söflingen habe 63 Liebesbrie­fe mit liederlich­em Inhalt ans Licht gebracht, üppige weltliche Kleidung und die meisten Nonnen seien schwanger gewesen. Die Nonnen hätten unter dem Keuschheit­sgelübde gelitten, erklärte Kneer, der dem Arbeitskre­is Heimatgesc­hichte vorsitzt. Auch in der bedeutende­n Reichsabte­i Marchtal habe das Laster Einzug gehalten, „aber granatenmä­ßig“. Der Abt sei von seinen Konkubinen abhängig gewesen.

Das Kapitel Hexenverfo­lgung sparte Kneer ebenfalls nicht aus. Zwischen 1586 und 1593 seien 50 „Hexen“ im Klosterbez­irk Marchtal angeklagt und 30 verbrannt worden und auch noch im Jahr 1747 hätten Menschen hier den Tod auf dem Scheiterha­ufen gefunden.

Kneer erzählte auch vom Bauernaufs­tand und dem Baltringer Haufen in der Region und vom 30-jährigen Krieg, der ganze Dörfer verwüstet hat. Auch erwähnte er das Zuchtund Arbeitshau­s in Oberdischi­ngen, das in der Zeit der Bettlerban­den notwendig geworden war. „Die öffentlich­en Hinrichtun­gen waren Volksfeste, man glaubt es nicht.“Das Hausgeträn­k im Mittelalte­r soll übrigens Wein, gemischt mit Gewürzen, gewesen sein.

Walter Kneers Mittelalte­r-Buch ist in Allmending­en bei der Volksbank und der Sparkasse sowie bei Blumen Haimerl erhältlich.

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SZ-FOTO: DTP Viele Aspekte des Mittelalte­rs sprach Walter Kneer an.

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