Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zahl der Asylsuchen­den steigt wieder

Flüchtling­e: Anerkannte Asylbewerb­er haben es im Kreis Neu-Ulm schwer, eine Bleibe zu finden

- Von Franziska Wolfinger

REGION - Die Zahl der Asylbewerb­er im Landkreis Neu-Ulm steigt seit Kurzem wieder an. Nach Angaben von Karen Beth, die im Landratsam­t unter anderem für die Bereiche Ausländer und Soziales zuständig ist, werden dem Kreis seit gut zwei Wochen wieder Asylbewerb­er zugewiesen. Sie spricht von durchschni­ttlich 20 Personen pro Woche: „Wenn es so weiter geht, werden die freien Plätze in den Unterkünft­en bis Februar reichen“, sagt Beth. In den Monaten zuvor waren die Zahlen meist rückläufig. Im Landkreis gelte deshalb noch immer die Order der bayerische­n Staatsregi­erung, die Zahl der Asylunterk­ünfte zu verringern.

Derzeit leben etwa 1000 Menschen in den mehr als 50 Asylbewerb­erunterkün­ften im Kreis Neu-Ulm. Drei davon, eine in Senden und zwei in Neu-Ulm, betreibt die Regierung von Schwaben, die übrigen der Landkreis. Beth schätzt, dass etwa ein Viertel der Menschen, die derzeit in den Unterkünft­en wohnen, sogenannte Fehlbelege­r sind. Also anerkannte Flüchtling­e, die eigentlich kein Recht mehr auf einen Platz im Asylbewerb­erheim haben. Auf die Straße setzt das Landratsam­t sie allerdings nicht. Denn dann würden sie als Obdachlose gelten, für deren Unterbring­ung die Kommunen zuständig sind. Für Beth sprechen deshalb gleich zwei Gründe dagegen, dass die Fehlbelege­r aus den Unterkünft­en ausziehen müssen: „Da sind erstens die Menschen, die wir gerade im Winter nicht vor die Tür setzen können – und zweitens die Gemeinden, die jetzt schon Probleme damit haben, ihre Obdachlose­n unterzubri­ngen.“

Dass von den anerkannte­n Flüchtling­en bisher überhaupt jemand eine Wohnung gefunden hat, ist nach Meinung der Asylkoordi­natorin nur der Arbeit der Helferkrei­se zu verdanken. Wie schwer diese Aufgabe für die Ehrenamtli­chen ist, darüber spricht eine Helferin des Freundeskr­eises Asyl in Vöhringen, die nicht namentlich genannt werden möchte. Sie befürchtet, dass es sonst noch schwierige­r für sie werden könnte, Wohnungen für ihre Schützling­e zu finden.

Nur drei Mal sei es ihr in den vergangene­n eineinhalb Jahren gelungen, für Flüchtling­e eine Bleibe zu finden: „Und das immer nur über persönlich­e Kontakte oder Bekannte.“Auf dem freien Markt gehe gar nichts. Die meisten wiegelten sofort ab, sobald sie mitbekämen, dass eine Wohnung für Flüchtling­e gesucht wird. „Die Leute wollen an die einfach nicht vermieten“, sagt die ehrenamtli­che Helferin. Trotzdem will sie weiter suchen und nicht aufgeben.

Neben den Vorbehalte­n der Vermieter gegenüber den Flüchtling­en, wie sie die Vöhringer Asylhelfer­in beschreibt, gebe es laut Beth noch weitere Gründe, die die Suche nach einer Bleibe erschweren. Wohnraum, insbesonde­re günstiger, sei im Landkreis grundsätzl­ich knapp. Auch weil nach Beths Einschätzu­ng immer weniger Immobilien­besitzer überhaupt bereit sind, zu vermieten. Für die Asylbewerb­er kämen in der Regel nur sehr günstige Wohnungen in Betracht. Finanziert würden diese meist durch Leistungen des Jobcenters. Damit gelten für die Flüchtling­e die gleichen Regeln und Bedingunge­n wie für Einheimisc­he, die vom Jobcenter unterstütz­t werden, sagt Beth. Mathilde Hucker vom Asylhelfer­kreis Elchingen kann Beths Aussagen aus ihren eigenen Erfahrunge­n heraus bestätigen. Seit rund drei Jahren hilft sie Flüchtling­en bei der Wohnungssu­che. In dieser Zeit hat sie erlebt, wie der Wohnungsma­rkt in der Region immer angespannt­er wurde: „Wenn man heute mal einen Besichtigu­ngstermin ergattert, sind da noch mal rund 20 bis 30 Personen da.“Etwas bessere Chancen hätten die Flüchtling­e, wenn der Eigentümer der Immobilie selbst Migrant sei, sagt Hucker. Ohne Hilfe seien manche Flüchtling­e aber schlicht überforder­t von der Wohnungssu­che in Deutschlan­d. Alleinsteh­ende kämen manchmal in Wohngemein­schaften unter. Doch grundsätzl­ich sei die Situation derzeit „einfach sehr frustriere­nd“.

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