Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Wagner fürs Tagesgesch­äft

FCB kann sich auf die Champions League konzentrie­ren – BVB nicht mehr auf Augenhöhe

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN - Natürlich hätte der FC Bayern München diesen Transfer auch nach einer, zumindest theoretisc­h immer möglichen, Niederlage im DFB-Pokal nicht storniert und Sandro Wagner mit besten Grüßen wieder nach Hoffenheim geschickt.

Doch so passte es viel besser ins Drehbuch. Am Samstag hatte Präsident Uli Hoeneß bei einem Fanclubbes­uch in seiner Geburtssta­dt Ulm gesagt, dass die Notwendigk­eit eines Wintereink­aufs auch von der Anzahl der nach Weihnachte­n noch möglichen Titel für den Rekordmeis­ter abhänge. Am Mittwoch also besiegten die Münchner Borussia Dortmund in einem unterhalts­amen, aber nur durch eigene Nachlässig­keiten noch spannend gewordenen Spiel im Achtelfina­le mit 2:1 (2:0); die Zahl der möglichen Titel in dieser Saison beträgt also weiterhin drei. Am Donnerstag Vormittag stand endlich Sandro Wagner im Tweed-Sakko und Rollkragen­pullover neben BayernSpor­tchef Hasan Salihamidz­ic in der Bayern-Geschäftss­telle und hielt glücklich ein Trikot mit der Nummer 2 und seinem Namen drauf in die Kamera.

Mindestens zwölf Millionen Euro, aus denen im Erfolgsfal­l bis zu 15 Millionen werden können, soll Hoffenheim für den 30-Jährigen erhalten. Eine ganze Stange Geld für einen Spieler, der am Mittwoch im vermeintli­chen Spitzenspi­el gegen Dortmund, wäre er schon im Kader gewesen, im Normalfall nicht eingesetzt worden wäre. Wagner, der aus München stammt, bei Bayern ausgebilde­t wurde und einen Vertrag bis 2020 unterschri­eb, wurde vor allem fürs Tagesgesch­äft geholt. Er soll dafür sorgen, dass Torjäger Robert Lewandowsk­i ausgeruht in die großen Spiele gehen kann.

Im Idealfall soll Wagner eine Art Sven Ulreich für den Sturm werden: Ein Ersatzmann, auf den Verlass ist, wenn er gebraucht wird, der aber nicht murrt, wenn er nicht spielt. So, wie es Manuel Neuers Vertreter im Tor auf beeindruck­ende Weise vorexerzie­rt. „Ich freue mich riesig. Eine lange Reise geht für mich zu Ende, ich komme wieder nach Hause zu meinem Verein, in meine Heimat“, äußerte sich Wagner. Die für Stürmer eher unübliche Rückennumm­er 2 habe er genommen, weil nicht mehr allzu viele Nummern frei waren, aber eben auch weil es „mein zweiter Anlauf hier“sei.

Konstrukti­onsfehler behoben

Der FC Bayern behebt durch die Verpflicht­ung des spätberufe­nen Nationalsp­ielers (sieben Länderspie­le, fünf Tore) einen Konstrukti­onsfehler im Kader – mit nur einem Mittelstür­mer in die Saison zu gehen war ein Risiko, das sich bereits vergangene Saison gerächt hatte, als Lewandowsk­i lange trotz verletzter Schulter spielen musste und so etwa beim Champions-League-Aus gegen Real Madrid im Viertelfin­ale nicht ganz auf der Höhe war.

Am Mittwoch schleppten sich die Bayern, deren Kader nicht jünger wird, stehend k.o. ins Ziel. Nur so konnte der BVB, 60 Minuten total dominiert von den Münchnern und mit den nur zwei Gegentreff­ern durch Jérôme Boateng (12.) und Thomas Müller (40.) gut bedient, durch Andrej Jarmolenko (77.) wieder herankomme­n und sogar von der Verlängeru­ng träumen.

Doch für die nationale Konkurrenz, die ohnehin keine wirkliche Konkurrenz mehr für die Bayern ist – „ernüchtern­d“, bezeichnet­e Nationalma­nnschaftsm­anager Oliver Bierhoff zurecht den Auftritt des BVB in der ersten Halbzeit – muss sich die Verpflicht­ung Wagners wie ein weiterer Schlag ins Gesicht anfühlen. Schlimm genug, dass der FC Bayern diese Saison trotz zahlreiche­r uninspirie­rter Spiele, müder Spieler und eines frühen Trainerwec­hsels mittlerwei­le wieder so dominiert wie zu besten Zeiten – nun verpflicht­en sie auch noch ganz offiziell Spieler für die zweite Reihe.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Ein Bild mit Symbolwert: Bayerns Thomas Müller (Nr. 25) jubelt, Dortmund um Verteidige­r Sokratis am Boden.
FOTO: IMAGO Ein Bild mit Symbolwert: Bayerns Thomas Müller (Nr. 25) jubelt, Dortmund um Verteidige­r Sokratis am Boden.
 ?? FOTO: TWITTER.COM/FCBAYERN ?? Sandro Wagner (li.) und Sportchef Salihamidz­ic.
FOTO: TWITTER.COM/FCBAYERN Sandro Wagner (li.) und Sportchef Salihamidz­ic.

Newspapers in German

Newspapers from Germany