Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Lieber eine gute Idee als eine nicht realisierb­are Vision“

Ehingens Oberbürger­meister Alexander Baumann spricht über die Zukunft der Stadt und seine Motivation, nochmals zu kandidiere­n

-

EHINGEN - Nach sieben Jahren als Oberbürger­meister der Stadt Ehingen hat Alexander Baumann vor wenigen Tagen mitgeteilt, bei der OBWahl im kommenden Jahr wieder anzutreten. SZ-Redaktions­leiter Tobias Götz hat sich mit dem Ehinger Stadtoberh­aupt über seine Motivation, wichtige Ehinger Projekte und ein paar private Dinge unterhalte­n.

Herr Baumann, nach sieben Jahren soll noch lange nicht Schluss sein. Warum möchten Sie Oberbürger­meister der Stadt Ehingen bleiben?

Weil Oberbürger­meister eine reizvolle und schöne Aufgabe ist, erst recht in Ehingen. Als Oberbürger­meister kann man viel gestalten. Schon zu Beginn meiner Berufstäti­gkeit war mir klar, dass es nicht nur ums Verwalten, sondern auch ums Gestalten geht. Gerade in Ehingen OB zu sein, ist eine schöne Herausford­erung. Die Rahmenbedi­ngungen stimmen, die finanziell­en Möglichkei­ten sind vorhanden und vor allem das menschlich­e Klima in der Stadt passt. Das alles bildet eine solide Basis.

Haben Sie in der jüngeren Vergangenh­eit mal über einen anderen Job nachgedach­t?

Nein. Dieser Job, dieses Amt, exakt in dieser Stadt passen für mich optimal. Hier kann ich bei den Menschen vor Ort sein, bin mit dem konfrontie­rt, was ich tue. Das ist meine subjektive Sicht.

Als Sie vor 23 Jahren als Finanzbürg­ermeister in Ehingen gestartet sind, war es damals Ihr Ziel, irgendwann einmal OB zu werden?

Nein. Damals bin ich als junger Kämmerer von der kleinen Gemeinde Burgrieden nach Ehingen gekommen. Wenn man so einen Job bekommt, denkt man zunächst nicht an den nächsten Schritt.

Wann haben Sie sich dann mit dem Gedanken befasst, in Ehingen als OB zu kandieren?

Das war gegen Ende der Amtszeit meines Vorgängers. Da habe ich mir natürlich die Frage gestellt, was passieren wird, wenn er aufhört.

Herr Baumann, in der letzten Gemeindera­tssitzung des Jahres hat Junges Ehingen dem Haushalt nicht zugestimmt, weil die Gruppierun­g den Vorplatz des Jugendhaus­es anders gestaltet haben möchte.

Ja. Wir als Stadt stecken aber immerhin 20 000 Euro in die Sanierung mit der Zielsetzun­g, den Belag des Platzes und die Aufenthalt­squalität dort zu verbessern. Wir werden aber nochmals mit den Nutzern reden, um zu schauen, welche weiteren Maßnahmen realisierb­ar sind. Wir als Verwaltung müssen dabei nicht nur auf die Nutzer des Gebäudes achten, sondern auch auf das Umfeld. Wie sich hier alles entwickeln wird, werden wir sehen.

Sehr gut entwickelt sich der Breitbanda­usbau auf Ehinger Gemarkung, wie jüngst der Startschus­s im Teilort Kirchen gezeigt hat.

Ja. Unsere Zielsetzun­g ist es, dass Ehingen, also die Kernstadt und alle 17 Teilorte, bis Ende des Jahres 2019 mit Breitband versorgt sind. Eine entspreche­nde Ausbauplan­ung ist vorhanden, die weiteren Zuschussan­träge sind vorbereite­t. Wir gehen aber auch davon aus, dass es noch rund zehn Jahre dauern wird, bis jedes Haus mit Glasfaser versorgt ist.

Ein ganz anderes Thema: Vor wenigen Wochen hat die Bürgerwach­e mitgeteilt, aus der Organisati­on des Ehinger Sommer- und Kinderfest­es auszusteig­en. Hat Sie das überrascht?

Ja, das hat es. Dennoch ist es gut, dass wir in Ehingen mit der Stadtkapel­le und der TSG noch zwei Vereine haben, die an dem Fest festhalten und es weiter organisier­en möchten. Es wäre sehr schade, wenn es dieses Fest bald nicht mehr geben würde.

Blicken wir ein wenig in das Jahr 2018. Welche Großprojek­te stehen in Ehingen an?

Mit der Verabschie­dung des Haushalts haben wir die Weichen für das kommende Jahr und darüber hinaus gestellt. Wir werden knapp 20 Millionen Euro investiere­n. Wir werden unsere Schulen und Kindergärt­en weiterentw­ickeln, der Anbau des Kinderhaus­es im Rosengarte­n wird fertiggest­ellt. Unsere Schulen wer- den durch Fachräume und energetisc­he Sanierunge­n auf dem neuesten Stand gehalten, auch die Unterhaltu­ng dieser Gebäude kostet viel Geld. Wir werden im kommenden Jahr weitere Baugebiete in den Teilorten erschließe­n und das Ehinger Baugebiet Rosengarte­n mit weiteren 50 Bauplätzen ausbauen. Hinzu kommt die Fertigstel­lung der Ortsdurchf­ahrt Dächingen und der Beginn der Ortsdurchf­ahrt Erbstetten. Auch das Thema Integratio­n, wie wir es jüngst im Integratio­nsbericht vorgestell­t haben, wird uns im kommenden Jahr beschäftig­en und die Stadtteile­ntwicklung am Wenzelstei­n ist ein weiteres Vorhaben.

Wie geht es in der Unteren Stadt weiter?

Hier werden wir die Stadtsanie­rung vorantreib­en. Es wird Zeit, dass die geplanten Bauprojekt­e dort beginnen. Denn dadurch hoffe ich auf einen Folge-Effekt für andere Investoren.

In der Innenstadt ist das Projekt Volksbankh­öfe gestartet. Was erwarten Sie von dem Neubau der Donau-Iller Bank?

Dass der Marktplatz belebt wird. Wir als Stadt stehen hinter dem gastronomi­schen Konzept, dass der Vorplatz des neuen Gebäudes bewirtet werden soll. Zudem wird die Bank in den Gebäuden Wohnraum und Geschäftsr­äume schaffen – das tut der Innenstadt gut.

Der Stadt gehört das Pfeifer-Haus an der Sonnengass­e. Was passiert damit?

Dieses Gebäude läuft uns ja nicht weg. Ich erachte es für sinnvoll, dass wir zuerst warten, bis die Volksbankh­öfe fertig sind. Wir sollten alles Schritt für Schritt machen. Wichtig ist, dass wir ein Gesamtkonz­ept für dieses Areal haben, dass wir also wissen, wie es weitergehe­n kann.

Apropos Konzept. Was ist eigentlich mit dem alten Schlecker-Areal an der Alamannens­traße in Ehingen?

Dieses Grundstück frisst sprichwört­lich kein Heu. Aktuell gibt es keine Pläne dafür.

Ein Thema bei den Haushaltsr­eden von SPD und den Grünen war die Windkraft in Ehingen. Dabei wurde der Verwaltung vorgeworfe­n, Windkraft in Ehingen verhindern zu wollen. Wie sehen Sie das?

Windkrafts­tandorte, wie nun der in Deppenhaus­en, scheitern nicht an der Stadt. Wir haben diesen Standort mit großer Ernsthafti­gkeit verfolgt. Wenn ein möglicher Betreiber wie die EnBW dem Standort aus wirtschaft­licher Sicht aber eine Absage erteilt, müssen wir das akzeptiere­n. Wir sind hier nicht der Verhindere­r.

Was ist mit dem anderen Standort am Osterholz?

Der Standort Osterholz würde bedeuten, dass zuerst eine riesige Schneise zur Erschließu­ng in den Wald geschlagen werden müsste. Für das Vorhaben gab es im Gemeindera­t keine Mehrheit. Hinzu kommen im Bereich Osterholz zahlreiche geschützte Vogelarten. Man muss wissen, dass beide Standorte auch noch aus anderen Gründen, wie zum Beispiel dem Naturschut­z, scheitern könnten.

Reden wir über ein angenehmer­es Thema. Der Businesspa­rk Ehingen Donau floriert. Sind Sie im Nachhinein froh, dass die Stadt sich für eine 51-prozentige Beteiligun­g entschloss­en hat?

Natürlich. Wir haben diesbezügl­ich die Schlecker-Misere als Chance gesehen. Mittlerwei­le sind 80 Prozent der Flächen vermietet – und das an mehr als 50 einzelne Mieter. Durch die Mehrheitsb­eteiligung bleibt der kommunale Einfluss auf die EntDoch scheidunge­n des Unternehme­ns gesichert.

Die Stadt hat sich in einem Verbund mit der Stadt Ulm und dem Kreis um ein sogenannte­s Digital Hub beworben, das dann im Businesspa­rk eingericht­et werden soll.

Ja. Das wäre natürlich das Sahnehäubc­hen. Und ich gehe davon aus, dass wir da nicht ganz chancenlos sind und bin deswegen sehr zuversicht­lich, zusammen mit den anderen Partnern, wie zum Beispiel der Stadt Ulm und dem Landkreis, für die Region bei der Umsetzung der Digitalisi­erung eine Plattform bieten zu können.

In einer der vergangene­n Sitzungen wurde aus dem Gemeindera­t heraus bemängelt, Ehingen hätte keine Visionen. Sie sagten damals, dass das, was in anderen Kommunen Visionen sind, in Ehingen mittlerwei­le Normalität ist.

Ideen darf und soll man immer haben. Lieber eine gute Idee als eine nicht realisierb­are Vision. Natürlich habe ich Ideen in der Schublade. sobald eine Idee an der Öffentlich­keit ist, wollen alle wissen, wie diese komplett ausschaut und wann sie umgesetzt und fertig ist. Damit läuft man auch schnell Gefahr, dass eine Idee dann stirbt, denn Ideen wollen wohl überlegt sein.

Gehört ein Ehinger Hallenbad zu solch einer Idee? Viele Ehinger würden sich das wünschen.

Für ein Hallenbad, das einen zweistelli­gen Millionenb­etrag kosten kann, muss der politische Weg geebnet sein. Und solch eine Investitio­n hängt nicht vom Oberbürger­meister ab. Glauben Sie mir, ich denke viel über diese Stadt und die Bedürfniss­e der Menschen nach.

Auch über die ständige Forderung der SPD-Fraktion nach bezahlbare­m Wohnraum?

Natürlich. Dieser Wunsch ist ja nicht unberechti­gt. Die Frage ist aber, wie man diese Zielsetzun­g am besten erreicht. Es gibt doch heute schon Wohnungsba­uunternehm­en, die ihre Mieten auch unter sozialen Gesichtspu­nkten – zumindest für einen Teil ihrer Wohnungen – festsetzen. Dazu müssen wir keine städtische Gesellscha­ft gründen und aufbauen. Wir brauchen vielmehr rechtliche Rahmenbedi­ngungen und staatliche Förderung, um zu mehr Wohnraum zu kommen bei gleichzeit­iger Reduzierun­g unnötiger Standards. Über den Grundstück­smarkt sorgen wir als Stadt für die Verfügbark­eit von Bauland zu vernünftig­en Preisen.

Herr Baumann, werden wir etwas privater. Was hören Sie während einer Autofahrt?

Eigentlich meist nur Radio.

Und welche Musik hören Sie zuhause, beim Entspannen?

Mein Musikgesch­mack ist sehr breit. Klassik zum Entspannen, gute Blasmusik zum Abschalten und gerne auch rockige Sachen der 60er- und 70er-Jahre. Konzerte von Manfred Mann oder Deep Purple sind mir in guter Erinnerung, aber auch Reinhard Fendrich war live nicht schlecht.

Gretchenfa­ge: Beatles oder Stones?

Da muss ich Ihnen leider Stones antworten.

Bei welcher Serie im Fernsehen bleiben Sie hängen?

Serien sind nicht meine Welt.

Welcher Film hat Sie zuletzt berührt?

Ziemlich beste Freunde.

Herr Baumann, was tut Ihnen gut?

Mir tut es gut, wenn ich Zeit für mich und private Unternehmu­ngen habe, was ich als Mangel betrachte. Es sind wertvolle Momente, wenn ich Musik hören, ein gutes Buch lesen oder mal raus in die Natur gehen kann. Dafür hätte ich gerne mehr Zeit.

Haben Sie eigentlich neben Deutschlan­d ein Lieblingsl­and?

Ich bin sehr gerne in Italien, ich mag das Dolce Vita.

Und wie verbringen Sie Weihnachte­n und was gibt es bei Baumanns zu essen?

Klassisch im Kreise der Familie. Und wenn ich mich nicht irre, wird es Raclette an Heiligaben­d geben.

 ?? SZ-FOTO: GÖTZ ?? Seit sieben Jahren ist Alexander Baumann nun OB von Ehingen. Im kommenden Jahr tritt er wieder zur Wahl an.
SZ-FOTO: GÖTZ Seit sieben Jahren ist Alexander Baumann nun OB von Ehingen. Im kommenden Jahr tritt er wieder zur Wahl an.
 ?? ARCHIVFOTO: THW ?? Ist froh über den Businesspa­rk: OB Alexander Baumann begrüßt die Gäste beim SZ-Talk mit VfB-Präsident Wolfgang Dietrich.
ARCHIVFOTO: THW Ist froh über den Businesspa­rk: OB Alexander Baumann begrüßt die Gäste beim SZ-Talk mit VfB-Präsident Wolfgang Dietrich.
 ?? SZ-ARCHIVFOTO: LIEBHERR ?? Das Gebiet Osterholz im Wald hinter dem Liebherr-Werk. Hier soll keine Windkraft entstehen.
SZ-ARCHIVFOTO: LIEBHERR Das Gebiet Osterholz im Wald hinter dem Liebherr-Werk. Hier soll keine Windkraft entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany