Mesale Tolu dankt ihren Helfern – und verspricht ein Fest
Pressefreiheit: Neu-Ulmerin ist im Club Orange übers Internet zugeschaltet – Härtel berichtet von Schikanen
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ULM - Als Mesale Tolus Gesicht auf der Wand erscheint, brandet im Club Orange Jubel auf. Doch dann macht die Technik Probleme. Die InternetVerbindung reißt ab, danach der Ton, schließlich das Bild. Dann, endlich, läuft alles. Tolu, die Neu-Ulmer Journalistin, die am Montag aus der Haft in Istanbul entlassen wurde, ist über Videotelefonie aus der Türkei zugeschaltet. „Ich möchte mich bei euch allen bedanken“, ruft sie und wirft ihrer früheren Lehrerin Angelika Lanninger eine Kusshand zu. Lanninger hat sich für Tolus Freilassung eingesetzt. An diesem Freitagabend in der Volkshochschule Ulm erhebt sie sich und winkt ihrer früheren Schülerin mit beiden Händen zu.
Die Neu-Ulmer Journalistin ist zwar auf freiem Fuß, darf aber das Land nicht verlassen. Sie sagt: „Ich bin jetzt in einem größeren Gefängnis.“Wenn sie zurück an die Donau komme, werde es eine große Feier geben, verspricht Tolu. „Gerne würde ich jetzt einen Glühwein mit euch trinken“, sagt sie. Es fallen nicht nur lockere Worte. Sie habe gelernt, das Freiheit und Gerechtigkeit die Bausteine des Lebens seien. Danach wolle sie weiter leben. Tolu bittet ihre Unterstützer, weiter zu demonstrieren: für andere politische Gefangene in der Türkei. Dieses Vorhaben hat Cengiz Dogan bereits angekündigt. Er hat 30 Wochen lang jeden Freitag Mahnwachen für Mesale Tolu veranstaltet. Die sollen jetzt monatlich fortgesetzt werden. Auch vor der Schalte im Club Orange hatten sich die Unterstützer in der Hirschstraße getroffen.
Als Mesale Tolus Freilassung beschlossen wurde, war die LinkenBundestagsabgeordnete Heike Härtel als Beobachterin im Gerichtssaal in Istanbul. Auch sie ist am Freitagabend zu Gast im Club Orange. Härtel berichtet: „Ich war erstaunt, wie stark und selbstbewusst Mesale mit ihrer langen Haft umgegangen ist.“Härtel schildert das stundenlange Warten vor dem Gefängnis nach der richterlichen Entscheidung und eine Irrfahrt durch die Stadt, bis der deutsche Botschafter Martin Erdmann auf einer Polizeiwache so vehement auf die Freilassung der Neu-Ulmerin gepocht habe, dass diese tatsächlich frei kam.
Erleicherung in Ulm
Der Prozess gegen Mesale Tolu soll im April fortgesetzt werden. An dem Abend in Ulm überwiegt trotz der verbleibenden Unsicherheit Erleichterung. Angelika Lanninger umarmt Ali Riza Tolu. „Gut gemacht, Papa“, ruft sie und klopft ihm auf den Rücken.