Neustart bei Alno rückt näher
Neustart des Küchenbauers rückt näher – Tahoe kündigt Schadenersatzklage gegen früheren Vorstand an
PFULLENDORF (ben) - Die Wiederbelebung der Produktion beim Pfullendorfer Küchenbauer Alno rückt näher. Bereits zwei Drittel der Angestellten, die der neue Eigentümer Riverrock für das Wiederanfahren des Stammwerks benötigt, haben die Arbeitskonditionen des englischen Finanzinvestors akzeptiert. Das erfuhr die „Schwäbische Zeitung“aus Unternehmenskreisen. Riverrock hatte die insolvente Firma vergangene Woche gekauft, die Kaufverträge werden nur gültig, wenn 410 Mitarbeiter beim Neustart dabei sind.
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● PFULLENDORF - Der Neustart beim Küchenbauer Alno wird immer wahrscheinlicher. Rund 275 Mitarbeiter haben nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“aus Unternehmenskreisen bis Dienstagabend die vom neuen Eigentümer Riverrock ausgegebenen Arbeitsverträge unterschrieben. Das sind zwei Drittel der Mitarbeiter, die die englische Investmentgesellschaft braucht, um im Januar die Produktion am Stammsitz in Pfullendorf wieder anzufahren. Riverrock hatte auf eine Klausel bestanden, nach der die Kaufverträge nur gültig werden, wenn 410 Alno-Angestellte die im Vergleich zu früheren Verträgen deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptieren.
Der Zuspruch zeige, „wie hoch das Vertrauen der Mitarbeiter in die Zukunft der neuen Alno-Gesellschaft ist“, sagte Andreas Sandmann. Der Vertriebsvorstand der insolventen Alno AG ist als neuer Chef für Alno vorgesehen. „Wir rechnen damit, dass mindestens weitere 100 Mitarbeiter ihre Verträge bis Jahresende unterzeichnen, sodass wir die notwendige Personalstärke für den Neustart erreichen werden.“Bei den weiteren wesentlichen Bedingungen, der Gründung einer Transfergesellschaft und der Genehmigung von Kurzarbeit durch die Agentur für Arbeit, seien die Vorbereitungen abgeschlossen. Nach dem Start Anfang Januar plant Sandmann, bereits im ersten Quartal wieder Alno-Küchen an Kunden auszuliefern.
Am Ende doch noch ein Gebot
Vor gut einer Woche hatte der Finanzinvestor Riverrock, hinter dem unter anderem der Unternehmensberater Roland Berg steht und der zu den Gläubigern des insolventen Küchenbauers gehört, sich entschieden, Alno doch noch für 20 Millionen Euro zu kaufen. Zuvor hatte der Insolvenzverwalter mehrere Monate lang einen Käufer gesucht, aber den Investorenprozess Ende November beendet und mit der Abwicklung begonnen, als ein letzter Interessent aus China kein Gebot abgegeben hatte.
Der Streit zwischen den früheren Alno-Vorständen Max Müller und Ipek Demirtas auf der einen und dem Investor Tahoe auf der anderen Seite, der das Unternehmen zwischen Sommer 2016 und Frühjahr 2017 endgültig in den Ruin geführt hatte, wird nun vor Gericht weiter gehen. Das kündigte Tahoe-Chef Mensur Sacirovic in der „Stuttgarter Zeitung“an. „Wir werden die Verträge vom Ende vergangenen Jahres über unseren Einstieg bei Alno wegen Täuschung anfechten. Wir verlangen von den verantwortlichen Vorständen einen entsprechenden Schadenersatz zum Ausgleich des Verlusts, der uns durch ihre aktive Fehlinformation entstanden ist“, sagte Sacirovic.
Tahoe hat zwischen 70 und 90 Millionen Euro investiert. Nach Unterlagen, die der „Schwäbischen Zeitung“ vorliegen, haben Müller und Demirtas den Investoren im Frühsommer eine Prognose für 2016 präsentiert, nach der Alno bei einem Umsatz von 564 Millionen einen operativen Gewinn von gut 18 Millionen Euro erzielen werde. Tahoe habe sein Engagement auf diese Zahlen gegründet, die der gesamte AlnoVorstand Tahoe im Oktober noch einmal in einem Brief bestätigt hat. Alno schloss das Jahr aber mit einem Verlust in Höhe von 17,5 Millionen Euro ab. Das Umfeld von Tahoe wirft Müller und Demirtas vor, die Investoren über das Ausmaß der Krise getäuscht und sich auf Kosten von Alno bereichert zu haben. „Wenn sich das alles bewahrheitet, ist das organisierte Kriminalität“, sagt eine Person aus dem Tahoe-Umfeld.
Müller und Demirtas weisen die Vorwürfe im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“scharf zurück. Die von Tahoe eingesetzten Manager seien vielmehr von der komplizierten Möbelbranche überfordert gewesen und hätten die miesen Zahlen selbst zu verantworten.