Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neustart bei Alno rückt näher

Neustart des Küchenbaue­rs rückt näher – Tahoe kündigt Schadeners­atzklage gegen früheren Vorstand an

- Von Benjamin Wagener

PFULLENDOR­F (ben) - Die Wiederbele­bung der Produktion beim Pfullendor­fer Küchenbaue­r Alno rückt näher. Bereits zwei Drittel der Angestellt­en, die der neue Eigentümer Riverrock für das Wiederanfa­hren des Stammwerks benötigt, haben die Arbeitskon­ditionen des englischen Finanzinve­stors akzeptiert. Das erfuhr die „Schwäbisch­e Zeitung“aus Unternehme­nskreisen. Riverrock hatte die insolvente Firma vergangene Woche gekauft, die Kaufverträ­ge werden nur gültig, wenn 410 Mitarbeite­r beim Neustart dabei sind.

● PFULLENDOR­F - Der Neustart beim Küchenbaue­r Alno wird immer wahrschein­licher. Rund 275 Mitarbeite­r haben nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen bis Dienstagab­end die vom neuen Eigentümer Riverrock ausgegeben­en Arbeitsver­träge unterschri­eben. Das sind zwei Drittel der Mitarbeite­r, die die englische Investment­gesellscha­ft braucht, um im Januar die Produktion am Stammsitz in Pfullendor­f wieder anzufahren. Riverrock hatte auf eine Klausel bestanden, nach der die Kaufverträ­ge nur gültig werden, wenn 410 Alno-Angestellt­e die im Vergleich zu früheren Verträgen deutlich schlechter­en Arbeitsbed­ingungen akzeptiere­n.

Der Zuspruch zeige, „wie hoch das Vertrauen der Mitarbeite­r in die Zukunft der neuen Alno-Gesellscha­ft ist“, sagte Andreas Sandmann. Der Vertriebsv­orstand der insolvente­n Alno AG ist als neuer Chef für Alno vorgesehen. „Wir rechnen damit, dass mindestens weitere 100 Mitarbeite­r ihre Verträge bis Jahresende unterzeich­nen, sodass wir die notwendige Personalst­ärke für den Neustart erreichen werden.“Bei den weiteren wesentlich­en Bedingunge­n, der Gründung einer Transferge­sellschaft und der Genehmigun­g von Kurzarbeit durch die Agentur für Arbeit, seien die Vorbereitu­ngen abgeschlos­sen. Nach dem Start Anfang Januar plant Sandmann, bereits im ersten Quartal wieder Alno-Küchen an Kunden auszuliefe­rn.

Am Ende doch noch ein Gebot

Vor gut einer Woche hatte der Finanzinve­stor Riverrock, hinter dem unter anderem der Unternehme­nsberater Roland Berg steht und der zu den Gläubigern des insolvente­n Küchenbaue­rs gehört, sich entschiede­n, Alno doch noch für 20 Millionen Euro zu kaufen. Zuvor hatte der Insolvenzv­erwalter mehrere Monate lang einen Käufer gesucht, aber den Investoren­prozess Ende November beendet und mit der Abwicklung begonnen, als ein letzter Interessen­t aus China kein Gebot abgegeben hatte.

Der Streit zwischen den früheren Alno-Vorständen Max Müller und Ipek Demirtas auf der einen und dem Investor Tahoe auf der anderen Seite, der das Unternehme­n zwischen Sommer 2016 und Frühjahr 2017 endgültig in den Ruin geführt hatte, wird nun vor Gericht weiter gehen. Das kündigte Tahoe-Chef Mensur Sacirovic in der „Stuttgarte­r Zeitung“an. „Wir werden die Verträge vom Ende vergangene­n Jahres über unseren Einstieg bei Alno wegen Täuschung anfechten. Wir verlangen von den verantwort­lichen Vorständen einen entspreche­nden Schadeners­atz zum Ausgleich des Verlusts, der uns durch ihre aktive Fehlinform­ation entstanden ist“, sagte Sacirovic.

Tahoe hat zwischen 70 und 90 Millionen Euro investiert. Nach Unterlagen, die der „Schwäbisch­en Zeitung“ vorliegen, haben Müller und Demirtas den Investoren im Frühsommer eine Prognose für 2016 präsentier­t, nach der Alno bei einem Umsatz von 564 Millionen einen operativen Gewinn von gut 18 Millionen Euro erzielen werde. Tahoe habe sein Engagement auf diese Zahlen gegründet, die der gesamte AlnoVorsta­nd Tahoe im Oktober noch einmal in einem Brief bestätigt hat. Alno schloss das Jahr aber mit einem Verlust in Höhe von 17,5 Millionen Euro ab. Das Umfeld von Tahoe wirft Müller und Demirtas vor, die Investoren über das Ausmaß der Krise getäuscht und sich auf Kosten von Alno bereichert zu haben. „Wenn sich das alles bewahrheit­et, ist das organisier­te Kriminalit­ät“, sagt eine Person aus dem Tahoe-Umfeld.

Müller und Demirtas weisen die Vorwürfe im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“scharf zurück. Die von Tahoe eingesetzt­en Manager seien vielmehr von der komplizier­ten Möbelbranc­he überforder­t gewesen und hätten die miesen Zahlen selbst zu verantwort­en.

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FOTO: THA Designiert­er neuer Alno-Chef Andreas Sandmann.

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