Papst mahnt zu Mitgefühl mit Flüchtlingen
Appell an Nächstenliebe erntet in Italien auch Kritik – Nahostkonflikt im Blickpunkt
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ROM - Papst Franziskus hat seine öffentlichen Auftritte an Weihnachten für deutliche politische Äußerungen genutzt. Erneut bezog der Papst aus Argentinien Position – für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten und für eine entschiedenere Einwanderungspolitik.
Während der Christmette im Petersdom sprach Franziskus von jenen Menschen, die als Flüchtlinge nach Europa kommen. Er forderte alle Menschen, nicht nur die katholischen Christen, dazu auf, Vertriebene und Verfolgte „mit offenen Armen aufzunehmen“. Er stellte einen direkten Bezug zwischen Maria und Josef her, die „ja auch Verfolgte waren“. Man sehe auch heute, so der Papst, „die Spuren ganzer Familien, die gezwungen sind, von zu Hause wegzugehen, zu fliehen“.
„Kraft der Liebe“
Franziskus nutzte die weltweit ausgestrahlte Christmette aus dem Petersdom, der mit Tausenden von Gläubigen bis auf den letzten Platz ausgefüllt war, um die internationale Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass Millionen von Menschen, „nicht freiwillig gehen, sondern gezwungen sind, sich von ihren Lieben zu trennen, weil sie aus ihrem Land vertrieben werden“.
Kein anderes Fest des Jahreskreises habe die Aufgabe, die Menschen daran zu erinnern, die „Kraft der Angst in eine Kraft der Liebe zu verwandeln, in eine neue Auffassung von Nächstenliebe“.
Auch in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Konflikte, erklärte das Oberhaupt der katholischen Christenheit, habe man die Verpflichtung, „einen Raum der Gastfreundschaft zu schaffen“.
Franziskus setzt sich seit Beginn seines Pontifikats gezielt für Migranten und Arme ein. So lassen sich beim Petersplatz jeden Abend Dutzende von Obdachlosen aus Italien und aus Nord- und Schwarzafrika zum Schlafen nieder. Von Ordensleuten erhalten sie Lebensmittel und wärmende Decken. Im vergangenen Jahr ließ der Papst direkt am Platz kostenlose Duschen und einen Gratisfriseur für diese Menschen organisieren. Er hat in den vergangenen Monaten mehrfach betont, dass in Rom und auch anderswo in Italien viel zu wenig für Arme und Migranten getan werde.
Dieser Einsatz des Papstes stößt in Italien nicht nur auf Zustimmung. Matteo Salvini, Chef der rechten Partei Lega, kritisiert den Papst seit langem als „Quasi-Schlepper von Migranten nach Italien“. Der Papst, so Salvini, habe nicht das Recht dazu, Italien zu einem „grenzenlosen Einwanderungsland“zu erklären. Nicht wenige Geistliche im Vatikan sehen das ähnlich.
Auch für Zwei-Staaten-Lösung
Politisch wurde es auch am ersten Weihnachtsfeiertag beim traditionellen Segen Urbi et Orbi, der Stadt und dem Erdkreis. Vor dem Segen erstürmte eine junge Frau mit nacktem Oberkörper die monumentale Krippe auf dem Petersplatz. Es handelte sich um eine Aktivistin der Frauenrechtsorganisation Femen. Sie versuchte das Jesuskind aus der Krippe zu stehlen, wurde aber rechtzeitig von vatikanischen Gendarmen daran gehindert. Mit ihrer Aktion wollte Femen gegen die herrschende Sexualmoral im Kirchenstaat protestieren.
Franziskus nahm zu diesem Vorfall keine Stellung – wohl aber zur Lage im Nahen Osten. Er appellierte an die politisch Verantwortlichen, sich endlich verstärkt für eine Zwei-Staaten-Lösung einzusetzen, die erst eine friedliche Koexistenz in der Region möglich machen könne. In den Tagen vor Weihnachten hatte Franziskus die US-Regierung mehrfach aufgefordert, ihre Entscheidung zurückzunehmen, dass die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werden soll. „Der Wille zum Dialog muss sich durchsetzen“, appellierte der Papst. Man müsse endlich eine Koexistenz miteinander vereinbaren, „basierend auf den international anerkannten Grenzen“.