Mehr rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Bundeswehr
Wehrbeauftragter Bartels spricht von mehr als doppelt so vielen Meldungen wie 2016 – Auch Militärgeheimdienst zählt mehr Untersuchungen
●
RAVENSBURG - Die Zahl der gemeldeten rechtsextremistischen Verdachtsfälle in der Bundeswehr hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Das sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, HansPeter Bartels (SPD), auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Im Vorjahr lag die Zahl der Verdachtsfälle, die dem Wehrbeauftragten von der Bundeswehr gemeldet worden waren, demnach bei 63. In diesem Jahr liegt die Zahl der Fälle bereits jetzt deutlich über 120. Zudem seien im laufenden Jahr bislang fünf Bundeswehrangehörige wegen rechtsextremer Vorfälle entlassen worden. Die endgültigen Zahlen wird der Wehrbeauftragte Anfang kommenden Jahres in seinem Bericht dem Bundestag vorlegen.
Die Zunahme der Verdachtsfälle führt Bartels auf eine gestiegene Sensibilität in der Truppe zurück. Bereits im Mai, kurz nach Bekanntwerden der Anschlagspläne des mutmaßlich rechtsextremistischen Bundeswehrsoldaten Franco A. hatte der Wehrbeauftragte gesagt: „Es wird jetzt neben Größerem auch jede Kleinigkeit gemeldet.“Dies schlage sich in den Verdachtszahlen nieder.
Anfang Dezember hatte die „Schwäbische Zeitung“neue Vorwürfe gegen Soldaten aus der Pfullendorfer Kaserne öffentlich gemacht. Die Hechinger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Mitglieder der Ausbildungskompanie 209, weil sie unter anderem eine Fotomontage per E-Mail verschickt haben sollen, die das Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz und ankommende Flüchtlinge zeigt. Die Überschrift: „Hier ist für jeden von euch ein Platz.“
„Die Bundeswehr bildet einen Querschnitt der Bevölkerung ab, da lässt es sich nicht mit Garantie verhindern, dass auch Extremisten unter den Soldaten sind. Aber man muss jedem einzelnen Verdachtsfall seriös nachgehen“, so Bartels. Zumal das hierarchische Wesen der Truppe, Uniformen und Waffen auch anziehend auf Menschen mit extremistischer Gesinnung wirkten.
Bereits zum 1. Juli hatte der Bundestag das Soldatengesetz verschärft. Seitdem werden Bewerber vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Auch dieser registriert eine steigende Zahl rechtsextremer Verdachtsfälle. Waren im vergangen Jahr noch 120 Untersuchungen neu aufgenommen worden, liegt die Zahl in diesem Jahr bereits bei mehr als 280.