Wo Mädchen fürs Leben stark werden
Pfarrer Johnson Kalathinkal aus Mietingen gründete und unterhält ein Mädchenheim im indischen Kerala
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MIETINGEN – Erst vor wenigen Tagen hat Pfarrer Johnson Kalathinkal einen jener Momente erlebt, die ihm zu Herzen gehen und ihn in seinem Engagement für mittellose Jugendliche in seinem Heimatland Indien bestärken. Der Mietinger Geistliche ist Gründer des Mutter-Teresa-Mädchenheims in Kerala/Indien. Von dort erhielt er einen Anruf von einer Nonne des Heilige-Martha-Ordens, der das Haus führt.
Voller Freude informierte sie Kalathinkal, dass ein Mädchen aus dem Hause in der Abschlussklasse mit über 70 Schülern Klassenbeste ist. „Dieses Mädchen stammt aus einer besonders mittellosen Familie und hätte sonst nie eine Chance gehabt, überhaupt eine Schule zu besuchen“, erzählt der Pfarrer, dem man die Freude über den Erfolg ansieht. Insgesamt besuchen vier Schülerinnen aus dem Mädchenheim die Abschlussklasse. Für die Lehrerin sind sie Vorbilder. Aus Begeisterung für den Erfolg trägt sie selbst finanziell dazu bei, dass die Teilnahme der Vier am Jahresausflug gesichert ist.
19 Mädchen besuchen das spartanisch eingerichtete Mutter-TeresaMädchenheim. Eine Inschrift bezeugt, dass es seine Existenz im Wesentlichen Spendern der Seelsorgeeinheit Mietingen-Baltringen-Walpertshofen mit Pfarrer Johnson Kalathinkal zu verdanken hat. Die Mädchen besuchen die örtliche Schule und haben die Chance, das Abitur abzulegen. Aufnahmekriterium: Die Familie muss sich in einer Notlage befinden. Nonnen des Heilige-Martha-Ordens umsorgen sie. Kalathinkal: „Die Mädchen hätten ohne die Unterstützung im Heim überhaupt keine Chance, eine Schule zu besuchen oder gar zu studieren.“Der Pfarrer schätzt, dass sich der Anteil von Hindu und Christen die Waage hält. Das Haus ist ein Modell für gemeinsame religiöse Erziehung. Die Jugendlichen lernten religiöse Toleranz und ein Miteinander – trotz religiöser und weltanschaulicher Unterschiede. „Alle wissen, in christlichen Häusern werden alle gleich akzeptiert, ob Hindu oder andere Religionen.“Neben schulischer Bildung solle auch moralisch-ethische Orientierung vermittelt werden.
Wichtiges Erziehungsziel ist, die Mädchen stark zu machen, sich zur Wehr zu setzen – gerade auch gegen Missbrauchsversuche. Darum erhalten sie Karateunterricht, den erteilt ein Lehrer aus dem Dorf. Es wurde eine Lehrerin eingestellt, die die Mädchen bei Hausaufgaben unterstützt, musikalische und andere Begabungen fördert und auf die Welt der Computer vorbereitet.
Der Andrang auf das Heim ist so stark, dass sich Pfarrer Kalathinkal entschloss, mehr Mädchen eine Chance zu geben. Ein weiteres Stockwerk für einen Schlafsaal, ein Zimmer für eine Nonne und sanitäre Anlagen wurden bereits aufgesetzt. Zum Schuljahresbeginn am 1. Juni soll alles fertig sein. Dann können 17 weitere Kinder nach und nach aufgenommen werden. Mit rund 15 000 Euro beziffert Kalathinkal die Kosten für die Fertigstellung der Erweiterung. Auch dieser Betrag soll durch Spenden finanziert werden. „Die Spenden fließen zu hundert Prozent direkt in das Projekt“, versichert der Geistliche.