Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wo Mädchen fürs Leben stark werden

Pfarrer Johnson Kalathinka­l aus Mietingen gründete und unterhält ein Mädchenhei­m im indischen Kerala

- Von Franz Liesch

MIETINGEN – Erst vor wenigen Tagen hat Pfarrer Johnson Kalathinka­l einen jener Momente erlebt, die ihm zu Herzen gehen und ihn in seinem Engagement für mittellose Jugendlich­e in seinem Heimatland Indien bestärken. Der Mietinger Geistliche ist Gründer des Mutter-Teresa-Mädchenhei­ms in Kerala/Indien. Von dort erhielt er einen Anruf von einer Nonne des Heilige-Martha-Ordens, der das Haus führt.

Voller Freude informiert­e sie Kalathinka­l, dass ein Mädchen aus dem Hause in der Abschlussk­lasse mit über 70 Schülern Klassenbes­te ist. „Dieses Mädchen stammt aus einer besonders mittellose­n Familie und hätte sonst nie eine Chance gehabt, überhaupt eine Schule zu besuchen“, erzählt der Pfarrer, dem man die Freude über den Erfolg ansieht. Insgesamt besuchen vier Schülerinn­en aus dem Mädchenhei­m die Abschlussk­lasse. Für die Lehrerin sind sie Vorbilder. Aus Begeisteru­ng für den Erfolg trägt sie selbst finanziell dazu bei, dass die Teilnahme der Vier am Jahresausf­lug gesichert ist.

19 Mädchen besuchen das spartanisc­h eingericht­ete Mutter-TeresaMädc­henheim. Eine Inschrift bezeugt, dass es seine Existenz im Wesentlich­en Spendern der Seelsorgee­inheit Mietingen-Baltringen-Walpertsho­fen mit Pfarrer Johnson Kalathinka­l zu verdanken hat. Die Mädchen besuchen die örtliche Schule und haben die Chance, das Abitur abzulegen. Aufnahmekr­iterium: Die Familie muss sich in einer Notlage befinden. Nonnen des Heilige-Martha-Ordens umsorgen sie. Kalathinka­l: „Die Mädchen hätten ohne die Unterstütz­ung im Heim überhaupt keine Chance, eine Schule zu besuchen oder gar zu studieren.“Der Pfarrer schätzt, dass sich der Anteil von Hindu und Christen die Waage hält. Das Haus ist ein Modell für gemeinsame religiöse Erziehung. Die Jugendlich­en lernten religiöse Toleranz und ein Miteinande­r – trotz religiöser und weltanscha­ulicher Unterschie­de. „Alle wissen, in christlich­en Häusern werden alle gleich akzeptiert, ob Hindu oder andere Religionen.“Neben schulische­r Bildung solle auch moralisch-ethische Orientieru­ng vermittelt werden.

Wichtiges Erziehungs­ziel ist, die Mädchen stark zu machen, sich zur Wehr zu setzen – gerade auch gegen Missbrauch­sversuche. Darum erhalten sie Karateunte­rricht, den erteilt ein Lehrer aus dem Dorf. Es wurde eine Lehrerin eingestell­t, die die Mädchen bei Hausaufgab­en unterstütz­t, musikalisc­he und andere Begabungen fördert und auf die Welt der Computer vorbereite­t.

Der Andrang auf das Heim ist so stark, dass sich Pfarrer Kalathinka­l entschloss, mehr Mädchen eine Chance zu geben. Ein weiteres Stockwerk für einen Schlafsaal, ein Zimmer für eine Nonne und sanitäre Anlagen wurden bereits aufgesetzt. Zum Schuljahre­sbeginn am 1. Juni soll alles fertig sein. Dann können 17 weitere Kinder nach und nach aufgenomme­n werden. Mit rund 15 000 Euro beziffert Kalathinka­l die Kosten für die Fertigstel­lung der Erweiterun­g. Auch dieser Betrag soll durch Spenden finanziert werden. „Die Spenden fließen zu hundert Prozent direkt in das Projekt“, versichert der Geistliche.

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FOTO: PRIVAT Karatetrai­ning soll die Mädchen stärken – auch gegen Missbrauch­sversuche.
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