Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Steter Tropfen höhlt den Stein

- Von Angela Köhler ●» politik@schwaebisc­he.de

Das Gute kommt zuerst. Wenn Kim Jong-un jetzt mit sich reden lässt, werden viele Sportler in aller Welt aufatmen. Es wäre wohl doch ein mulmiges Gefühl, während der Olympische­n Winterspie­le in Südkorea mit Raketensta­rts oder gar einem Atomtest des Nordens rechnen zu müssen. Sichere und friedliche Wettkämpfe wünscht nun auch der Diktator. Auch wenn tatsächlic­h nur sehr wenige nordkorean­ische Athleten für Olympia in Pyeongchan­g infrage kommen, das Internatio­nale Olympische Komitee sollte Kim beim Wort nehmen und die Sportler aus dessen Staat ausdrückli­ch einladen.

Kim hat wohl erkannt, dass die Winterspie­le in seiner direkten Nachbarsch­aft auch die Chance bieten, einen Keil in die Weltgemein­schaft zu treiben – und vor allem USPräsiden­t Donald Trump wie einen Kriegstrei­ber aussehen zu lassen. Der fragile Konsens zwischen Seoul und Washington, wie man mit dem Regime in Pjöngjang umgehen sollte, steht nun auf tönernen Füßen. Kim Jong-un glaubt zumindest, dass sein Kalkül aufgehen könnte, die taktische Allianz zwischen Südkorea und den Vereinigte­n Staaten zu spalten.

Das Angebot, die Spiele nicht zu boykottier­en oder gar zu stören, ist ein geschickte­r Schachzug. Allerdings ist kaum davon auszugehen, dass Kim Jong-un nun plötzlich vom olympische­n Geist beseelt wurde. Sein Einlenken könnte als erste Reaktion auf die internatio­nalen Sanktionen durch den UN-Sicherheit­srat gewertet werden. Ab 1. Januar gelten erneut verschärft­e Bedingunge­n für den Handel mit Nordkorea. Die offiziell erlaubte Importmeng­e an Öl soll auf ein Fünftel reduziert werden. Auch der Import von Industrieg­ütern, Fahrzeugen und Rohstoffen wird stark limitiert. Dies trifft das Regime ebenso empfindlic­h wie die Verschärfu­ng der Exportrege­ln auf Holz und Fischereip­rodukte – die bislang wichtigste­n Devisenque­llen Nordkoreas.

Selbst wenn das Embargo auch dieses Mal wieder von skrupellos­en Geschäftsl­euten aus China und Russland unterwande­rt wird: Steter Tropfen höhlt den Stein.

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