Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mehr Schutz für Privatanle­ger

Für Bankkunden bringt das neue Jahr einige Änderungen

- Von Jörn Bender

FRANKFURT (dpa) - Mehr Verbrauche­rschutz, mehr Transparen­z – das Kürzel „Mifid II“steht nach Einschätzu­ng von Aufsehern für eine kleine Revolution im Bankensekt­or. Die Kunden der Institute haben in den vergangene­n Monaten viel Post dazu bekommen. Was verbirgt sich hinter den Änderungen, die in Deutschlan­d vom 3. Januar 2018 an gelten – und was bringen sie?

Was konkret ändert sich?

Wertpapier­käufer haben künftig Anspruch auf genaue Angaben zu den Kosten eines Finanzprod­ukts. „Es gibt einen Paradigmen­wechsel im Anlegersch­utz: Der Hersteller rückt stärker in den Fokus der Regulierun­g, er soll Verantwort­ung für das Produkt während der gesamten Laufzeit übernehmen“, erklärt Elisabeth Roegele, Leiterin der Wertpapier­aufsicht der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin).

Gibt es weitere Neuerungen?

Zudem verlangen die neuen Vorgaben, dass eine Bank jedes Telefonat eines Kunden mit einem Wertpapier­berater aufzeichne­t und für mindestens fünf Jahre archiviert. Bei möglichen Rechtsstre­itigkeiten soll sich so leichter nachvollzi­ehen lassen, ob ausreichen­d über Risiken aufgeklärt wurde. Die Pflicht zur Aufzeichnu­ng – im Fachjargon „Taping“ genannt – gilt auch für das Gespräch in der Filiale, dort kann der Berater aber auch einen schriftlic­hen Vermerk anfertigen. In der Branche gibt es Sorgen, dass die Pflicht zur Aufzeichnu­ng das Vertrauens­verhältnis zum Kunden bei sensiblen Bankgeschä­ften stören könnte.

Gibt es nicht schon ein Beratungsp­rotokoll? ● ●

In der Tat: Seit 2010 müssen Geldinstit­ute jedes Beratungsg­espräch zu Wertpapier­en dokumentie­ren. Laut Gesetz muss das Protokoll Anlass und Dauer des Beratungsg­espräches enthalten sowie die relevanten Informatio­nen über die persönlich­e Situation des Kunden. Angegeben werden müssen auch die Finanzinst­rumente und Wertpapier­dienstleis­tungen, um die es im Gespräch ging, die Wünsche und Anlageziel­e des Kunden und die Produktemp­fehlungen des Beraters. Berater und Kunde müssen das Protokoll unterschre­iben. Wird der Gesprächsv­erlauf auf diese Weise festgehalt­en, soll das Bankkunden vor Fehlberatu­ng schützen und im Streitfall die Position des Kunden stärken, sollte ein Fall doch vor Gericht landen. Anhand der Protokolle sollen geschädigt­e Anleger nachweisen können, wie die Beratung gelaufen ist und was im Zweifel falsch lief.

Was wird aus dem Beratungsp­rotokoll? ●

Das Beratungsp­rotokoll – von der Branche immer wieder als Bürokratie­monster gescholten – wird ersetzt durch eine „Geeignethe­itserkläru­ng“. Darin hält der Berater fest, warum er einem Kunden ein bestimmtes Produkt empfohlen hat und warum die Bank das angesichts des persönlich­en Risikoappe­tits und der Kapitalmar­kterfahrun­g des Kunden für geeignet hält.

Was ist der Hintergrun­d der Reform?

„Mifid II“ist die Kurzbezeic­hnung für eine EU-Richtlinie („Markets in Financial Instrument­s Directive“). Diese wird nun in deutsches Recht umgesetzt. Hauptziele sind Anlegersch­utz und mehr Transparen­z in den Märkten. Als Lehre aus der jüngsten Finanzkris­e 2007/08 soll etwa der Turbohande­l an der Börse stärker überwacht werden. Auch soll verhindert werden, dass Anlegern riskante Produkte verkauft werden, ohne sie ausreichen­d über Risiken aufzukläre­n – Stichwort: Lehman-Zertifikat­e.

Was verspreche­n sich Aufseher ● von den Neuregelun­gen?

„Für den Kunden wird in der konkreten Beratungss­ituation künftig einiges besser“, sagt Aufseherin Roegele. „Die Kosten einer Geldanlage werden beispielsw­eise für ihn deutlich transparen­ter. Wichtig ist, dass er in der konkreten Beratungss­ituation künftig eine höhere Kostentran­sparenz hat.“

Wie groß ist der Aufwand für die ● Branche?

Der Privatbank­enverband BdB rechnet nach früheren Angaben wegen der Neuregelun­gen mit einmaligen Umstellung­skosten von einer Milliarde Euro für die deutschen Banken. Ein Kostenfakt­or: Die Technik zur telefonisc­hen Aufzeichnu­ng von Beratungsg­esprächen muss in jeder Filiale vorhanden sein, zudem muss die Archivieru­ng des Datenmater­ials sichergest­ellt werden.

Klappt das alles gleich ab Januar – ● und was passiert, falls nicht?

Im Herbst hatte sich die Finanzaufs­icht Bafin zuversicht­lich geäußert: Das Ganze sei zwar eine „große Kraftanstr­engung“für die Branche, sagte Aufseherin Roegele. Aber insgesamt sei „Deutschlan­d auf gutem Wege, was die „Mifid II“-Umsetzung angeht“. Sollte es nach dem Jahreswech­sel hier und da doch noch haken, trete die Behörde für eine Aufsicht mit Augenmaß ein, versichert­e Roegele: „Wir erwarten, dass die Institute nachhaltig und hart an der Umsetzung arbeiten. Wir schauen sehr genau darauf, welche Prozesse für die Umsetzung implementi­ert werden, ob diese zeitnah umgesetzt werden und was gegebenenf­alls die Ursachen für eine Verzögerun­g sind.“

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FOTO: DPA Handelssaa­l der Frankfurte­r Wertpapier­börse: Gespräche mit dem Wertpapier­berater werden künftig aufgezeich­net und archiviert. Das soll vor allem zum Wohl der Verbrauche­r geschehen.

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