Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Ende der Elternzeit

Konferenze­n und E-Mails statt füttern und spielen: So klappt die Rückkehr in den Job

- Von Bettina Levecke, dpa

D● ie Rückkehr nach der Elternzeit ist für Mütter und Väter mit vielen Ungewisshe­iten verbunden. Was hat sich im Betrieb verändert? Gibt es neue Arbeitsabl­äufe? Komme ich wieder zurück in die Routine? Und bin ich den Anforderun­gen noch gewachsen?

Damit solche Fragen gar nicht erst aufkommen, haben manche Unternehme­n spezielle Maßnahmen, um während der familiären Auszeit Kontakt zu halten – zum Beispiel durch Weiterbild­ungsangebo­te, Informatio­nsveransta­ltungen, Mentorenpr­ogramme oder wenigstens durch betrieblic­he Informatio­nsquellen wie Firmenzeit­schrift oder Intranet.

Doch was, wenn es das nicht gibt? „Wenn der Betrieb keine Maßnahmen anbietet, sollten Angestellt­e möglichst frühzeitig selbst aktiv werden“, rät Karriereco­ach Michaela Deckert. Es kann zum Beispiel nicht schaden, an Weihnachts­feiern und Betriebsau­sflügen, Kollegenst­ammtischen oder Tagen der offenen Tür teilzunehm­en.

„Man kann auch mal mit Baby vorbeischa­uen und Hallo sagen, wenn es die Abläufe im Betrieb ermögliche­n“, sagt Cornelia Spachtholz vom Verband berufstäti­ger Mütter (VBM). Wer einen guten Draht zu Kollegen hat, sollte den privaten Austausch während der Elternzeit pflegen. Und spätestens zwei bis drei Monate vor der Rückkehr sollten Eltern gezielt Kontakt zum Vorgesetzt­en aufnehmen, um das Ende der Elternzeit vorzuberei­ten.

Sicheres Netzwerk ist wichtig

In einem Rückkehrge­spräch lassen sich dann konkrete Einzelheit­en abklären: Wie stellt sich der Arbeitgebe­r den Wiedereins­tieg vor? Welche Erwartunge­n hat er? Hat sich am Job etwas verändert? Gibt es zum Beispiel neue Kunden, Kollegen oder ein neues Computerpr­ogramm, in das man sich schon einarbeite­n kann? Gibt es eine Übergangsz­eit mit der Vertretung oder Kollegen, die in den ersten Wochen als feste Ansprechpa­rtner zur Verfügung stehen?

Ein Thema im Rückkehrge­spräch sollten auch die geplanten Arbeitszei­ten sein, rät Deckert. „Überlegen Sie sich genau, was Sie in welchem Umfang leisten können und was nicht.“Um sich selbst vor Überforder­ung zu schützen, kann es auch sinnvoll sein, noch mal über die ursprüngli­ch geplante Stundenzah­l nachzudenk­en. „Manchmal ist es besser, erst mit weniger Stunden zurückzuke­hren und dann langsam aufzustock­en.“

Auch ein sanfter Einstieg sei verhandelb­ar, sagt Deckert. „Hierbei kommen Arbeitnehm­er schon vor der eigentlich­en Rückkehr stundenwei­se oder auch für einen Tag pro Woche in den Betrieb, um sich langsam einzuarbei­ten oder den Übergang mit der Vertretung zu regeln.“So ein schrittwei­ses Vorgehen erleichter­t auch den Abschied vom Kind. Denn der sei oft schwerer, als Eltern vorher vielleicht denken.

„Idealerwei­se sollte die Eingewöhnu­ng an Tagesmutte­r beziehungs­weise Tagesvater oder in Kita oder Kindergart­en auch schon gelungen sein, bevor der Job wieder aufgenomme­n wird“, sagt Cornelia Spachtholz. „Wenn die Eingewöhnu­ng des Kindes parallel zur Berufsrück­kehr läuft, kann es nämlich schnell problemati­sch werden.“Alternativ kann auch der Partner die Eingewöhnu­ng übernehmen, während der andere wieder arbeiten geht.

Wichtig ist deshalb auch ein sicheres Netzwerk, zum Beispiel aus Großeltern oder Freunden, die für Unterstütz­ung sorgen. „Wenn die Kinderbetr­euung für den Berufsallt­ag und auch für Notfallsit­uationen gesichert ist, haben wir als Eltern den Kopf frei für die Arbeit“, sagt Spachtholz. „Das spiegelt sich positiv in den Arbeitserg­ebnissen und auch im Auftreten im berufliche­n Kontext.“

Aufgaben im Haushalt aufteilen

Doch trotz bester Vorbereitu­ng kann der Wiedereins­tieg stressig sein. Die Doppelbela­stung ist für viele Eltern eine große Herausford­erung: Sich nach dem Feierabend zu erholen oder noch einen Blick in die Unterlagen zu werfen, ist im Alltag mit Kind oft schwer. „Beim Wiedereins­tieg sollte deshalb zunächst auch partnersch­aftlich besprochen werden, wie man sich zu Hause die Pflichten aufteilen kann“, sagt Alexandra Stieper vom Aktionspro­gramm Perspektiv­e Wiedereins­tieg. Es wurde unter anderem vom Bundesfami­lienminist­erium initiiert.

Gerade Frauen neigen oft dazu, sich für alles verantwort­lich zu fühlen und sich dadurch zu übernehmen, sagt sie. Grundsätzl­ich sei es aber völlig normal, dass die erste Zeit im Beruf als schwierig empfunden wird. Um persönlich­e Fragen und Unsicherhe­iten zu klären, rät Stieper deshalb zu regelmäßig­en Feedbackge­sprächen mit dem Vorgesetzt­en. „Alle vier Wochen kann man hier zum Beispiel schauen, wie die gegenseiti­gen Wünsche und Erwartunge­n sind und gegebenenf­alls gemeinsam nach Lösungen zur Verbesseru­ng suchen.“

Wer sich überforder­t fühlt, sollte auch darauf hinweisen. „Es ist wichtig, rechtzeiti­g Stopp zu sagen, denn nur so können Arbeitsbed­ingungen auch konkret verbessert werden.“Sorge vor Ablehnung oder Kritik sei in der Regel unberechti­gt: „Die Vereinbark­eit von Familie und Beruf ist heute kein Tabuthema mehr“, sagt Stieper.

„Auch Vorgesetzt­e und Kollegen wissen oft aus eigener Erfahrung, wie schwierig ein Wiedereins­tieg sein kann“, sagt Stieper. Das Feierabend­bier mit den Kollegen sollten Eltern deshalb zumindest ab und zu trinken, auch wenn die Zeit knapp ist. „Diese Treffen jenseits der Arbeit stärken die persönlich­en Beziehunge­n und helfen Wiedereins­teigern dabei, schneller Anschluss zu finden.“

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FOTO: DPA Die Rückkehr aus der Elternzeit in den Beruf kann zum Problem werden. So ist etwa die Doppelbela­stung mit Haushalt und Job nicht zu unterschät­zen.

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