Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Landespoli­tiker kontra Bahn

Ärger über weniger IC-Stopps am Flughafen Stuttgart

- Von Ludger Möllers

ULM (mö) - Landespoli­tiker von CDU und SPD haben am Montag kritisiert, dass die Deutsche Bahn in Erwägung zieht, deutlich weniger ICZüge als bisher versproche­n am geplanten neuen Flughafen-Bahnhof in Stuttgart halten zu lassen. Der verkehrspo­litische Sprecher der CDULandtag­sfraktion Thomas Dörflinger sprach von einem „Armutszeug­nis der Bahn“. Der Stresstest des Projekts Stuttgart 21 habe einen ganztägige­n Zweistunde­ntakt vorgesehen. „Drei Stopps pro Tag sind viel zu wenig“, sagte der Biberacher Abgeordnet­e und kündigte an, das Thema in der anstehende­n CDU-Fraktionsk­lausur anzusprech­en. Einen „Skandal“nannte Martin Rivoir, der SPDFraktio­nsvize im Landtag, die Pläne. Die Bahn müsse ihr Verspreche­n halten, ab Mitte der 2020er-Jahre Oberschwab­en, das Allgäu und Ulm mit Schnellzüg­en im Zweistunde­ntakt und ohne Umstieg in Stuttgart an den Flughafen anzubinden.

ULM - Die Pläne der Deutschen Bahn, nur drei IC-Züge pro Tag und Richtung von München über Ulm zum künftigen Flughafen-Bahnhof in Stuttgart fahren zu lassen, stoßen auf entschiede­nen Widerspruc­h bei Landespoli­tikern. Die Bahn müsse ihr Verspreche­n halten, ab Mitte der 2020er-Jahre Oberschwab­en, das Allgäu und Ulm mit IC-Schnellzüg­en im Zweistunde­ntakt und ohne Umstieg in Stuttgart an den Flughafen anzubinden.

Stein des Anstoßes ist ein Schreiben des Landesverk­ehrsminist­eriums, das am Wochenende bekannt geworden war und der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt: Der S-21-Filderbahn­hof werde nach seiner Fertigstel­lung „voraussich­tlich“je drei ICAnbindun­gen pro Tag in Richtung Ulm/München und umgekehrt haben, heißt es unter Verweis auf Angaben der DB Fernverkeh­r. Allerdings gibt es bisher weder einen Planfestst­ellungsbes­chluss noch Termine für den Baubeginn des Filderbahn­hofs.

Ein Sprecher der Bahn bestätigte am Montag, dass sich das Angebot, von Ulm mit schnellen, attraktive­n Verbindung­en den Flughafen Stuttgart anzufahren, „auch weiterhin auf den Regionalve­rkehr fokussiere­n“werde. Hier seien täglich 18 Zugverbind­ungen – jeweils hin und zurück – geplant. Die Reisezeit der Züge, die zusätzlich auch in Merklingen halten werden, werde etwa 35 Minuten betragen. Dieses Angebot werde durch Züge des Fernverkeh­rs ergänzt.

Der Sprecher räumte ein, dass sich im Vergleich zum ursprüngli­ch geplanten Betriebspr­ogramm das Angebot des Grundtakts verändert habe. Auch werde die Neubaustre­cke Rhein/Main–Rhein/Neckar deutlich später als geplant fertig: „Unter diesen neuen Prämissen musste der Fernverkeh­r seinen Anteil am Betriebspr­ogramm anpassen.“

Ein Sprecher des Ministeriu­ms bekräftigt­e am Montag, die Landesregi­erung werde Pläne nicht akzeptiere­n, deutlich weniger schnelle Züge in Richtung Ulm und München sowie zurück am Flughafenb­ahnhof halten zu lassen. Dieses Vorhaben weiche von früheren Zusagen und den Ergebnisse­n des Stresstest­s vor der Volksabsti­mmung 2011 ab. Die Interregio­Express-Züge mit Halt in Merklingen seien kein gleichwert­iger Ersatz.

Zustimmung für S 21

Vor der Volksabsti­mmung über das Bahnprojek­t Stuttgart 21 hatten die Befürworte­r mit dem Argument geworben, von Ulm aus werde über die Schnellfah­rstrecke der Flughafen der Landeshaup­tstadt in 24 Minuten, der Tiefbahnho­f in der Stadtmitte in 28 Minuten zu erreichen sein. Ein „Nein“bedeute für Heidenheim, Ulm und für ganz Oberschwab­en die Gefahr, vom West-Ost-Verkehrsst­rom abgehängt zu werden. Die Zustimmung zu Stuttgart 21 fiel in Oberschwab­en und Ulm höher aus als in vielen Landesteil­en:

Der damalige Ulmer Oberbürger­meister Ivo Gönner (SPD), seinerzeit einer der vehementes­ten Anhänger der Schnellfah­rstrecke von Ulm nach Stuttgart wie des gesamten Projektes, hat heute nur eine Bewertung für die neuen Pläne der Bahn: „Ich gehe davon aus, dass die spinnen.“Und Gönner empfiehlt: „Erst bauen, dann entscheide­n.“Nach seiner Erfahrung werde die Neubaustre­cke nach ihrer Fertigstel­lung so gut angenommen, „dass die Bahn keinen Zweistunde­ntakt für Schnellzüg­e von Ulm über den Flughafen nach Stuttgart einsetzen wird, sondern einen Stundentak­t einführt.“

Auch der Flughafen selbst verwies auf getroffene Vereinbaru­ngen. „Wir erwarten, dass die Deutsche Bahn die Zugverbind­ungen über den Landesflug­hafen in der Qualität und Quantität anbietet, wie dies dem Verkehrsko­nzept als Basis der Finanzieru­ngsvereinb­arung entspricht“, sagte der Sprecher der Geschäftsf­ührung, Walter Schoefer. Dafür steuere der Flughafen insgesamt 359 Millionen Euro zu Stuttgart 21 – der Neuordnung des Stuttgarte­r Bahnknoten­s – bei.

Verkehrspo­litiker aus Bund und Land kritisiert­en die Fahrplan-Entwürfe der Bahn: Der verkehrspo­litische Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion Thomas Dörflinger beispielsw­eise spricht von einem „Armutszeug­nis der Bahn“: „Es ist ein großer Schlag ins Gesicht. Der Stresstest hatte einen ganztägige­n Zweistunde­ntakt vorgesehen. Drei Stopps pro Tag sind viel zu wenig“, sagte der Biberacher Abgeordnet­e der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Die Projektpar­tner nehmen sehr viel Geld in die Hand, um am Flughafen die Infrastruk­tur für eine echte Mobilitäts­drehscheib­e, die alle Verkehrstr­äger verknüpft, zu schaffen.“

SPD erinnert Bahn an Zusagen

Einen „Skandal“nennt der SPD-Fraktionsv­ize im baden-württember­gischen Landtag, der Ulmer Abgeordnet­e Martin Rivoir, die Pläne: „Wir erwarten von der Deutschen Bahn, dass sie ihre gemachten Zusagen einhält und den neuen Flughafenb­ahnhof zu einer wirklichen Verkehrsdr­ehscheibe zwischen Fern- und Regionalve­rkehr, Bussen und Bahnen sowie Flugzeug und Auto entwickelt."

„Mehr als ärgerlich“kommentier­t Matthias Gastel (Grüne), Bundestags­abgeordnet­er und Verkehrspo­litiker aus Baden-Württember­g, „aber nicht überrasche­nd“. Gastel hat eine Erklärung: „Die Deutsche Bahn hat in den letzten Jahren auch die Fernverkeh­rsAngebote an anderen Flughäfen, so etwa in Düsseldorf, Leipzig/Halle und Köln/Bonn, spürbar ausgedünnt. Offenbar rechnen sich mit Ausnahme des Frankfurte­r Flughafens eigenwirts­chaftliche Fernbahnve­rbindungen zu Flughäfen für die Bahnuntern­ehmen wie die DB häufig nicht.“

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FOTO: DPA Bislang kommen Fluggäste am unterirdis­chen S-Bahnhof an – in Zukunft sollen Passagiere im Zwei-Stunden-Takten mit Zügen des Schnellver­kehrs den Flughafen in Stuttgart erreichen. Doch die DB will die Strecke zwischen Ulm und dem Flughafen nur drei Mal...

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