Landrat spricht von desolaten Zuständen
Heiner Scheffold hat einen Brief an Landesverkehrsminister Winfried Hermann geschrieben
REGION (sz) - In einem offenen Brief an Verkehrsminister Winfried Hermann prangert Landrat Heiner Scheffold die Zustände in den Nahverkehrszügen an.
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REGION (sz) - Wegen heftiger und anhaltender Beschwerden von Fahrgästen über mangelnde Kapazitäten in den Nahverkehrszügen, vor allem auf der Südbahn und der Donautalbahn, hat sich Landrat Heiner Scheffold in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der Donau-Iller-Nahverkehrsverbund-GmbH (DING) an Landesverkehrsminister Winfried Hermann gewendet. Das geht aus einer Pressemitteilung des DING-Verbunds hervor.
„Seit Beginn des laufenden Schuljahres, verstärkt aber im Dezember 2017 und auch wieder in den ersten Schultagen des Jahres 2018 mehren sich im Bereich des Verkehrsverbundes DING heftige Beschwerden über mangelnde Kapazitäten der Nahverkehrszüge“, schreibt Landrat Scheffold. So habe bis dato die Regionalbahn RB 22355 (Ankunft in Ulm: 7.20 Uhr) seit dem 8. Januar 2018 bereits ab dem Bahnhof Herrlingen keine weiteren Fahrgäste mehr aufnehmen können, wie der Aufsichtsratsvorsitzende des Verkehrsverbunds ausführt.
Der Landrat weist in dem Schreiben darauf hin, dass das Landesverkehrsministerium die Verkehre im Schienenpersonennahverkehr ausgeschrieben habe. „Dabei wurden die erforderlichen Kapazitäten gerade in der Hauptverkehrszeit offensichtlich zu knapp kalkuliert. Möglicherweise geschah dies, um mit den eingesparten Mitteln in Nebenverkehrszeiten im Rahmen des ,Zielkonzeptes 2025’ Züge bestellen zu können. Was aber nutzt ein von Ihrem Haus als Erfolg der Neuausschreibung bezeichnetes neu eingerichtetes Grundangebot in Randzeiten, etwa nach 20 Uhr, wenn zu den Zeiten, in denen die Menschen Züge benötigen, die Kapazitäten in unserem Verbundraum und an anderen Stellen im Land nicht ausreichen“, fragt der Scheffold.
Kein Platz für alle Fahrgäste
Er habe diese Zustände auch selbst beobachtet, beschreibt der Landrat: „Unmittelbar vor Weihnachten bin ich im Zeitraum vom 15. bis 21. Dezember 2017 an den Werktagen mit dem Zug um 7.16 Uhr von Ehingen nach Ulm gefahren und habe die geradezu desolate Situation selbst erlebt. Die morgendlichen Züge nach Ulm waren anstatt mit drei, lediglich mit zwei Wagen unterwegs. Bereits bei Ankunft in Ehingen standen die Fahrgäste in den Wagen. An den folgenden Bahnhöfen in Allmendingen, Schelklingen und Blaubeuren konnten nicht mehr alle dort wartenden Fahrgäste aufgenommen werden.“
Aufgebrachte Eltern würden regelmäßig berichten, dass die Fahrten häufig nur mit der Hälfte der üblichen Zug-Garnitur gemacht werden. „In zunehmendem Umfang fallen einzelne Nahverkehrszüge auch ganz aus, wie etwa die Regionalbahn RB 22663 nach Erbach am 11. Januar 2018 (Abfahrt in Ulm: 18.17 Uhr)“, schreibt Landrat Heiner Scheffold weiter.
Er verweist auch darauf, dass die geschilderten Probleme nicht nur auf den Verbundraum von DING beschränkt sind. Auch der Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, hatte dem Verkehrsminister von vergleichbaren Problemen auf der Bodensee-Gürtelbahn berichtet.
Landrat Scheffold bittet Landesverkehrsminister Hermann eindringlich, „kurzfristig prüfen zu lassen, welche einsatzfähigen Fahrzeuge zur Verfügung stehen, egal welchen Alters, um das Kapazitätsproblem durch den Einsatz aller verfügbaren Fahrzeuge rasch beheben zu können. Für die Fahrgäste ist der Einsatz eines Zuges älteren Baujahrs ein geringeres Übel, als gar nicht mitgenommen zu werden oder in einem völlig überfüllten Zug stehen zu müssen.“
Scheffold weist auch darauf hin, dass Fahrgäste, die sich bei der Bahn beschweren, keine oder keine befriedigende Antwort erhalten und sich daher an den Verbund DING wenden würden. Er schreibt: „Da wir weder über die Ursachen des Problems oder über die Bemühungen, diese zu beseitigen, informiert sind, noch den zeitlichen Horizont kennen, ist uns in der Regel eine fundierte Antwort nicht möglich. Vor allem diese Intransparenz führt dazu, dass das Vertrauen, welches die Fahrgäste bisher dem ÖPNV im DING entgegengebracht haben, massiv leidet.“
Die Folge ist aus Sicht des Landrats auch klar: „Materiell wird sich das auf die Fahrgastzahlen und Erlöse auswirken, da sich Eltern von Schulkindern ebenso wie Berufspendler entsprechend anpassen und alternativ auf den motorisierten Individualverkehr ausweichen werden.“
Der Landrat schreibt abschließend: „Ich bitte Sie eindringlich, zeitnah nachzusteuern. Mit dem derzeitigen Zustand kann und wird eine nachhaltige Verkehrswende nicht gelingen.“Eine Mehrfertigung des Schreibens ging auch an die Landtagsabgeordneten im baden-württembergischen Verbundgebiet sowie an Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch und Landrat Heiko Schmid in Biberach.