Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Theologe spricht über Karl Marx

Theologe hält im Bürgerhaus einen Vortrag über die Verwirklic­hung des Menschen

- Von Barbara Körner

EHINGEN (sz) - Theologe Gebhard Böhm hat im Ehinger Bürgerhaus unter anderem über Karl Marx gesprochen.

EHINGEN - Wie aktuell sind die Lehren von Karl Marx noch heute, 200 Jahre nach seinem Geburtstag? Das war der Inhalt eines Vortrages von Gebhard Böhm in der Oberschaff­nei am Dienstagab­end in Ehingen, organisier­t von Pfarrerin Susanne Richter und der Lokalen Agenda.

An die Studentenu­nruhen der 1960er-Jahre, als die Lehren von Karl Marx zur Maxime erklärt worden waren, erinnerte der Referent Gebhard Böhm. Er sprach von einem Marxismus mit menschlich­em Gesicht im Prager Frühling, man entdeckte, dass Marx sich deutlich vom Marxismus abhob. Marx selbst hat einmal zu seinem Freund Friedrich Engels gesagt: „Das Einzige, was ich von mir weiß, ist, dass ich kein Marxist bin.“

Nach 1968 bekamen die Anhänger von Marx in der deutschen Studentenj­ugend einen Dämpfer, als der Club of Rome 1972 verkündete, wenn die Welt weiterhin so wirtschaft­e, gehe sie dem Untergang entgegen, erklärte Böhm. Er sagte auch, dass sich ein Wirtschaft­ssystem, das sich immer weiter von der Ethik entferne, sich auch von der sozialen Marktwirts­chaft entfernt. Die freie Marktwirts­chaft, so Böhm, kommt nicht allen zugute, die Folgen seien unvernünft­ig. Hungersnöt­e in der Welt seien menschenge­macht, sagte Böhm. „Ein Wirtschaft­ssystem, das so etwas zur Folge hat, kann nicht vernünftig sein. Die Migrations­bewegungen sind ein Indiz, dass in der Welt etwas schiefläuf­t“, warnte der Theologe.

Karl Marx stammte aus einer prominente­n jüdischen Familie, wurde aber christlich erzogen. Er wurde aus Deutschlan­d,

Paris und Brüssel vertrieben, lebte in größter Armut als Staatenlos­er mit

„Die Migrations­bewegungen sind ein Indiz, dass in der Welt etwas schiefläuf­t.“Gebhard Böhm

seiner Familie in London. Er erlebte die industriel­le Revolution, sah, dass um mehr Wolle für die Textilindu­strie zu gewinnen, Menschen von ihrem Grund und Boden vertrieben wurden, um daraus Schafweide­n zu machen. „Hammel verdrängen Menschen“, empörte Marx sich. „Die Würde des Menschen ist antastbar, Proletarie­r sind nur noch Anhängsel der Maschinen. In Realität ist der Mensch ein skrofulöse­r Hungerleid­er“, sagte Marx.

Die Würde des Menschen sah er als zerstört an, das war der Schlüssel seines Denkens: „Der Mensch ist das Ensemble der gesellscha­ftlichen Verhältnis­se. Der Egoismus ist das Prinzip der menschlich­en Gesellscha­ft. Privateige­ntum ist das Prinzip des Eigennutze­s. Der Gott der Gesellscha­ft ist Geld“, so Marx. Er hatte erkannt, dass das Geld in der Gesellscha­ft keine dienende Funktion hat, es hat eine herrschend­e Funktion bekommen.

„Heute sind Klassengeg­ensätze abgemilder­t durch soziale Sicherungs­systeme, aber eine Art Klassenkam­pf ist auch heute in der Tarifrunde wiederzufi­nden“, sagte Böhm im Bürgerhaus. Marx habe klar erkannt, welche Strukturen ins Elend geführt haben. „Wo bin ich beteiligt an Strukturen, wo kann ich Strukturen verändern, zum Beispiel beim Einkaufen“, fragte Böhm am Ende seines Vortrages die 15 Zuhörer.

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SZ-FOTO: BARBARA KÖRNER Theologe Gebhard Böhm ermunterte die Zuhörer in Ehingen, Strukturen zu hinterfrag­en und zu überlegen, was man verändern könne.

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