Weitere Milliarden aus dem Kreditprogramm für Griechenland
Vertreter der EU-Kommission und der Euroländer loben die Reformbemühungen der griechischen Regierung
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BRÜSSEL - Der neue Eurogruppenchef Mario Centeno hat von seinem Vorgänger das Dauerthema Griechenlandrettung geerbt. Bei der ersten Sitzung unter seinem Vorsitz stand es am Montag oben auf der Tagesordnung. Sowohl die EU-Kommission als auch die Finanzminister schlagen betont positive Töne an. Sie wollen das dritte Hilfsprogramm im Sommer wie geplant abschließen – etwa 6,7 Milliarden Euro sollen aus dem laufenden Kreditprogramm überwiesen werden – und hoffen, dass sich das Land dann wieder auf dem Finanzmarkt Geld leihen kann.
„Es geht in die richtige Richtung“, bewertet Kommissionsvize Valdis Dombrovskis die kürzlich vom griechischen Parlament verabschiedeten Reformgesetze. Griechenland habe seine Finanzziele im dritten Jahr in Folge übertroffen und auch den neuen Haushalt wie besprochen verabschiedet. Die Ratingagentur S&P stufte sogar die Bonitätsbewertung hoch. Allerdings ist die Arbeitslosenquote von 21 Prozent noch immer die höchste in der Eurozone. Auch was die Umsetzung der beschlossenen Reformen angeht, sind Experten skeptisch.
Nach Einschätzung des Wirtschaftsinstituts CEP in Freiburg wird Griechenland ein viertes Hilfspaket benötigen, wenn nicht endlich konsequent umgesteuert wird. Als Risi- kofaktoren nennen die Wissenschaftler einen seit 2011 kontinuierlich schrumpfenden Kapitalstock und eine mit 112 Prozent BiP deutlich zu hohe Konsumquote. Trotz bruta- ler Spareinschnitte lebt das Land noch immer über seine Verhältnisse. Die Freiburger Forscher wiederholen, was auch die Fachminister der Eurozone mehrfach festgestellt ha- ben: Ein zu hoher Anteil des öffentlichen Haushalts werde für Sozialleistungen ausgegeben. Für Investitionen in die Infrastruktur bleibe zu wenig Geld übrig. Das sei einer der Gründe, dass ausländische Investoren fernbleiben.
Fehlendes Vertrauen
Ein weiteres fortdauerndes Problem in Griechenland sei die umständliche Bürokratie und der unflexible Arbeitsmarkt. Die CEP-Fachleute ziehen aus den unzähligen ergebnislos verlaufenen Reformdebatten mit den EU-Institutionen den Schluss, dass die Initiative aus dem Land selbst kommen müsse. „Die beste Medizin hilft nicht, wenn der Patient glaubt, dass der Arzt ihn vergiften möchte“, erklärte Lüder Gerken, der Vorsitzende des CEP.
Ähnliche Schwachpunkte diagnostizieren die Wissenschaftler dem bereits aus dem Rettungsprogramm entlassenen Portugal. Die Konsumquote sei zwar seit 2009 merklich gesunken, aber im Verhältnis zu den erwirtschafteten Einnahmen immer noch zu hoch. Auch müsse die Staatsverschuldung dringend abgebaut werden, da sonst bei künftig steigenden Kreditzinsen der öffentliche Haushalt zu stark belastet werde.