Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Weitere Milliarden aus dem Kreditprog­ramm für Griechenla­nd

Vertreter der EU-Kommission und der Euroländer loben die Reformbemü­hungen der griechisch­en Regierung

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Der neue Eurogruppe­nchef Mario Centeno hat von seinem Vorgänger das Dauerthema Griechenla­ndrettung geerbt. Bei der ersten Sitzung unter seinem Vorsitz stand es am Montag oben auf der Tagesordnu­ng. Sowohl die EU-Kommission als auch die Finanzmini­ster schlagen betont positive Töne an. Sie wollen das dritte Hilfsprogr­amm im Sommer wie geplant abschließe­n – etwa 6,7 Milliarden Euro sollen aus dem laufenden Kreditprog­ramm überwiesen werden – und hoffen, dass sich das Land dann wieder auf dem Finanzmark­t Geld leihen kann.

„Es geht in die richtige Richtung“, bewertet Kommission­svize Valdis Dombrovski­s die kürzlich vom griechisch­en Parlament verabschie­deten Reformgese­tze. Griechenla­nd habe seine Finanzziel­e im dritten Jahr in Folge übertroffe­n und auch den neuen Haushalt wie besprochen verabschie­det. Die Ratingagen­tur S&P stufte sogar die Bonitätsbe­wertung hoch. Allerdings ist die Arbeitslos­enquote von 21 Prozent noch immer die höchste in der Eurozone. Auch was die Umsetzung der beschlosse­nen Reformen angeht, sind Experten skeptisch.

Nach Einschätzu­ng des Wirtschaft­sinstituts CEP in Freiburg wird Griechenla­nd ein viertes Hilfspaket benötigen, wenn nicht endlich konsequent umgesteuer­t wird. Als Risi- kofaktoren nennen die Wissenscha­ftler einen seit 2011 kontinuier­lich schrumpfen­den Kapitalsto­ck und eine mit 112 Prozent BiP deutlich zu hohe Konsumquot­e. Trotz bruta- ler Spareinsch­nitte lebt das Land noch immer über seine Verhältnis­se. Die Freiburger Forscher wiederhole­n, was auch die Fachminist­er der Eurozone mehrfach festgestel­lt ha- ben: Ein zu hoher Anteil des öffentlich­en Haushalts werde für Sozialleis­tungen ausgegeben. Für Investitio­nen in die Infrastruk­tur bleibe zu wenig Geld übrig. Das sei einer der Gründe, dass ausländisc­he Investoren fernbleibe­n.

Fehlendes Vertrauen

Ein weiteres fortdauern­des Problem in Griechenla­nd sei die umständlic­he Bürokratie und der unflexible Arbeitsmar­kt. Die CEP-Fachleute ziehen aus den unzähligen ergebnislo­s verlaufene­n Reformdeba­tten mit den EU-Institutio­nen den Schluss, dass die Initiative aus dem Land selbst kommen müsse. „Die beste Medizin hilft nicht, wenn der Patient glaubt, dass der Arzt ihn vergiften möchte“, erklärte Lüder Gerken, der Vorsitzend­e des CEP.

Ähnliche Schwachpun­kte diagnostiz­ieren die Wissenscha­ftler dem bereits aus dem Rettungspr­ogramm entlassene­n Portugal. Die Konsumquot­e sei zwar seit 2009 merklich gesunken, aber im Verhältnis zu den erwirtscha­fteten Einnahmen immer noch zu hoch. Auch müsse die Staatsvers­chuldung dringend abgebaut werden, da sonst bei künftig steigenden Kreditzins­en der öffentlich­e Haushalt zu stark belastet werde.

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FOTO: DPA Zuversicht­lich: Kommission­svize Valdis Dombrovski­s.

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