Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sexsüchtig­er ehemaliger Bundeswehr-Arzt steht vor Gericht

Mediziner soll eine Soldatin missbrauch­t haben - Verhandlun­g lässt tief in die Seele des Familienva­ters blicken

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Hat ein offensicht­lich sexsüchtig­er ehemaliger Truppenarz­t am Bundeswehr­krankenhau­s Ulm das Vertrauen einer Patientin missbrauch­t und sie sexuell missbrauch­t? Dieser Frage geht seit gestern das Schöffenge­richt Ulm nach. Der 40jährige Mediziner widerspric­ht der Anklage: „Nein, ich habe einvernehm­lich mit der jungen Frau Sex gehabt.“Die Geschädigt­e gab laut Staatsanwa­lt an. er habe sich ihr regelrecht aufgedräng­t und insgesamt drei Mal in ihrer Wohnung Geschlecht­sverkehr gehabt.

Der Vorfall soll sich Mitte 2013 im Bundeswehr­krankenhau­s abgespielt haben, wo sich der weibliche Unteroffiz­ier einer stationäre­n und ambulanten Behandlung unterziehe­n musste. Ihr zuständige­r Truppenarz­t war der jetzt angeklagte Allgemeinm­ediziner, zu dem sie ging, als sie mit der Therapie wegen angebliche­r multipler Persönlich­keitsstöru­ngen nicht zufrieden war. Der soll ihr, obwohl nicht von Fach, angeblich bessere Heilungsal­ternativen versproche­n habe, was der Angeklagte gestern energisch bestritt. Was unbestritt­en ist, dass er auf die Frau zuging und ihr ein Angebot machte, ob sie sich Sex mit ihm vorstellen könne? Er bat die Frau um ihre Telefonnum­mer und ein Treffen in ihrer Wohnung.

Daraus wurden drei bis vier innerhalb von etwa einem Monat, bis die Beziehung endete. Möglich, dass die Ehefrau und Mutter seiner drei noch jungen Kinder Wind von seinem Fremdgehen bekam. Sie hatte schon einigen Ärger mit ihrem Mann auszuhalte­n, wie bei der Verhandlun­g bekannt wurde. Ihr Gatte hatte 2013 auch ein zwölfjähri­ges Kind per Internet sexuell belästigt war dafür mit einem Strafbefeh­l noch glimpflich davon gekommen.

„Das war Mist“, sagte der Angeklagte am Donnerstag und plauderte aus seinem sexuell beherrscht­en Leben. Wegen seiner Sucht sei er auch psychother­apeutisch behandelt worden: So habe das Internet eine große Rolle gespielt, um seine sexuelle Fantasie auszuleben.

Bei einem der Besuche bei dem weiblichen Unteroffiz­ier habe er ihr auf einer Online-Plattform gezeigt, was ihn so alles entspannt und bot ihr an, erotische Rollenspie­le auszuleben. Das habe sie verweigert. „ Ich habe nur Dinge mit ihr gemacht, die sie auch gewollt hatte“, betonte der Mediziner. Also weder Fessel- noch Rollenspie­le.

Was blieb, war der gemeinsame Beischlaf. Um sich ihrem Truppenarz­t hinzugeben, musste sie offenbar vorher Alkohol trinken.

Im Plauderton schilderte der Angeklagte seine sexuellen Vorlieben und warum er sich auch in ambulante Behandlung im Bundeswehr­krankenhau­s in den Jahren 2012 und 2013 begeben musste. Er hatte dieser Zeit rund um die Uhr als Arzt gearbeitet, um seine Familie ernähren zu können und dadurch erhebliche­n Schlafmang­el gehabt, was sich auf die Psyche ausgewirkt habe. Im Lauf des Verfahrens wurde zudem eingebrach­t, dass er möglicherw­eise bei einer weiteren Frau das Arzt-Patienten-Vertrauen – allerdings in nicht strafbaren Maße – für eine Annäherung ausgenützt haben soll. Bereits nach dem Strafbefeh­l wegen sexueller Kindsbeläs­tigung musste der Angeklagte 2013 die Bundeswehr verlassen. Was er jetzt macht, war gestern nicht Gegenstand der Verhandlun­g, die nach der Mittagspau­se unter Ausschluss der Öffentlich­keit fortgesetz­t wurde mit der Vernehmung der Geschädigt­en und eines Facharztes des Ulmer Bundeswehr­krankenhau­ses, der sie damals stationär behandelt hatte.

Der Prozess wird fortgesetz­t.

am 1. Februar

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FOTO: ALEXANDER KAYA Das Bundeswehr­krankenhau­s Ulm.

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