Sexsüchtiger ehemaliger Bundeswehr-Arzt steht vor Gericht
Mediziner soll eine Soldatin missbraucht haben - Verhandlung lässt tief in die Seele des Familienvaters blicken
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ULM - Hat ein offensichtlich sexsüchtiger ehemaliger Truppenarzt am Bundeswehrkrankenhaus Ulm das Vertrauen einer Patientin missbraucht und sie sexuell missbraucht? Dieser Frage geht seit gestern das Schöffengericht Ulm nach. Der 40jährige Mediziner widerspricht der Anklage: „Nein, ich habe einvernehmlich mit der jungen Frau Sex gehabt.“Die Geschädigte gab laut Staatsanwalt an. er habe sich ihr regelrecht aufgedrängt und insgesamt drei Mal in ihrer Wohnung Geschlechtsverkehr gehabt.
Der Vorfall soll sich Mitte 2013 im Bundeswehrkrankenhaus abgespielt haben, wo sich der weibliche Unteroffizier einer stationären und ambulanten Behandlung unterziehen musste. Ihr zuständiger Truppenarzt war der jetzt angeklagte Allgemeinmediziner, zu dem sie ging, als sie mit der Therapie wegen angeblicher multipler Persönlichkeitsstörungen nicht zufrieden war. Der soll ihr, obwohl nicht von Fach, angeblich bessere Heilungsalternativen versprochen habe, was der Angeklagte gestern energisch bestritt. Was unbestritten ist, dass er auf die Frau zuging und ihr ein Angebot machte, ob sie sich Sex mit ihm vorstellen könne? Er bat die Frau um ihre Telefonnummer und ein Treffen in ihrer Wohnung.
Daraus wurden drei bis vier innerhalb von etwa einem Monat, bis die Beziehung endete. Möglich, dass die Ehefrau und Mutter seiner drei noch jungen Kinder Wind von seinem Fremdgehen bekam. Sie hatte schon einigen Ärger mit ihrem Mann auszuhalten, wie bei der Verhandlung bekannt wurde. Ihr Gatte hatte 2013 auch ein zwölfjähriges Kind per Internet sexuell belästigt war dafür mit einem Strafbefehl noch glimpflich davon gekommen.
„Das war Mist“, sagte der Angeklagte am Donnerstag und plauderte aus seinem sexuell beherrschten Leben. Wegen seiner Sucht sei er auch psychotherapeutisch behandelt worden: So habe das Internet eine große Rolle gespielt, um seine sexuelle Fantasie auszuleben.
Bei einem der Besuche bei dem weiblichen Unteroffizier habe er ihr auf einer Online-Plattform gezeigt, was ihn so alles entspannt und bot ihr an, erotische Rollenspiele auszuleben. Das habe sie verweigert. „ Ich habe nur Dinge mit ihr gemacht, die sie auch gewollt hatte“, betonte der Mediziner. Also weder Fessel- noch Rollenspiele.
Was blieb, war der gemeinsame Beischlaf. Um sich ihrem Truppenarzt hinzugeben, musste sie offenbar vorher Alkohol trinken.
Im Plauderton schilderte der Angeklagte seine sexuellen Vorlieben und warum er sich auch in ambulante Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus in den Jahren 2012 und 2013 begeben musste. Er hatte dieser Zeit rund um die Uhr als Arzt gearbeitet, um seine Familie ernähren zu können und dadurch erheblichen Schlafmangel gehabt, was sich auf die Psyche ausgewirkt habe. Im Lauf des Verfahrens wurde zudem eingebracht, dass er möglicherweise bei einer weiteren Frau das Arzt-Patienten-Vertrauen – allerdings in nicht strafbaren Maße – für eine Annäherung ausgenützt haben soll. Bereits nach dem Strafbefehl wegen sexueller Kindsbelästigung musste der Angeklagte 2013 die Bundeswehr verlassen. Was er jetzt macht, war gestern nicht Gegenstand der Verhandlung, die nach der Mittagspause unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt wurde mit der Vernehmung der Geschädigten und eines Facharztes des Ulmer Bundeswehrkrankenhauses, der sie damals stationär behandelt hatte.
Der Prozess wird fortgesetzt.
am 1. Februar