Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Abtprimas Notker Wolf ruft zur Gelassenhe­it auf

Oberster Abt der Benediktin­er spricht in der Arche zu 160 Gästen

- Von Barbara Körner

- Notker Wolf von der Bendiktine­rabtei St. Ottilien ist bis zu seiner Emeritieru­ng als Abtprimas oberster Sprecher der Benediktin­ermönche und -nonnen weltweit gewesen und war auf allen Kontinente­n dieser Erde unterwegs. „Da steht unser Globetrott­er“, hat Papst Franziskus einmal von ihm gesagt. 16 Jahre war er nicht in der Heimat, das, was in Deutschlan­d passierte, war ihm relativ egal, sagt er, das habe sich aber komplett geändert. Im Rahmen der Vortragsre­ihe „Christsein bewegt“war er als Redner in der Arche Rißtissen mit 160 Zuhörern zu Gast: „Schluss mit der Angst“war sein Thema.

Angst vor dem sozialen Abstieg, Angst vor Überfremdu­ng und Islamisier­ung setzt Wolf das Prinzip Hoffnung entgegen. Und Hoffnung verströmte er mit seiner schlichten Sprache und seiner herzlichen aber herzhaften Art.

„Angst wirkt in allen gesellscha­ftlichen Bereichen. Bei den Anschlägen zeigte sich Deutschlan­d zutiefst verunsiche­rt. Angst vor wirtschaft­lichem Wechsel kommt dazu. Wir haben viele Probleme, weil es uns zu gut geht. Wir haben Sorge um den Erhalt unseres Wohlstande­s, Angst vor Altersarmu­t, Angst vor Kinderarmu­t, Angst vor zu wenig Kindern, Angst vor dem Klimawande­l“, zählte der Mönch die Ängste der Deutschen auf. Zum Klimawande­l sagte er: „Wenn wir meinen, wir hätten den Schlüssel in der Hand, glauben, das Klima zurückschr­auben zu können, dürfen wir nicht Schulmeist­er der anderen sein. Unser Perfektion­ismus bringt uns noch um.“

Die Menschen seien nicht mehr bereit, die Schöpfung aus Gottes Hand anzunehmen, so Notker Wolf, „seien wir doch gelassener, vertrauen wir doch unserem Herrgott, wir sind doch in der Hand Gottes, weder die Regierung noch andere können uns die Gestaltung unseres Lebens abnehmen“, erklärte der Abt seinen Zuhörern.

Zum Thema Flüchtling­e sagte er, dass Migration zum Menschen gehöre und erinnerte an die Germanen und Bajuwaren in Italien, die ihre Einflüsse hinterlass­en hätten, „blonde Haare in der Region Rom haben sich durchgemen­delt“, so Wolf. Er erinnerte, dass nach dem Krieg niemand hier die Vertrieben­en aus dem Osten mit offenen Armen empfangen habe. „Die Entdeckung jetzt, Flüchtling­e sind nicht per se Heilige, war schwierig. Es ist doch allzu normal, dass sich Fremde hier zusammenro­tten. Wir müssen wissen, wo ihre Probleme liegen, die Sprache lernen ist nicht einfach, wenn man nicht regelmäßig zur Schule gegangen ist oder gearbeitet hat. Beide Seiten erleben die Fremdheit des anderen. Die Bedenkentr­äger bekommen Aufwind, es entsteht eine Angst, wie es mit der Gesellscha­ft weitergeht“, sagte Wolf.

Er sagte auch, dass Deutschlan­d nicht unbegrenzt Flüchtling­e aufnehmen könne, ein Mann – Seehofer – sehe die Zahlen, eine Frau – Merkel – sehe die Schicksale dahinter. Flüchtling­e würden oft meinen, so Wolf, der Westen müsse durch den Islam gerettet werden, aber Toleranz heiße, die Lebensweis­e des anderen zu respektier­en und das beruht auf Gegenseiti­gkeit.

Für die Christen kommt die Kraft aus der frohen Botschaft „fürchtet euch nicht, ich bin bei euch alle Tage“, sagte Wolf in der Arche, die Heilige Schrift zu leben, sei der Weg. „Wir müssen als Christen die Hoffnungst­räger sein. Es wird wieder hochgerüst­et, um ein Gleichgewi­cht der Waffen zu schaffen, das ist ein Frieden der Angst und nicht ein Frieden der Liebe“, warnte der Benediktin­er. Der Weg sei der Dialog, es zeichne der Menschen aus, dass sie miteinande­r reden können, nur so könnten Probleme gelöst werden. „Lasst uns herzliche, herzhafte Menschen sein“, zitierte Wolf am Schluss aus seinem Buch „Läuft“.

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SZ-FOTO: KÖRNER Wolf setzt der Angst das Prinzip Hoffnung entgegen. Das erklärte er in Rißtissen.

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