Wo Behinderte in Ulm Probleme sehen
Die Stadt will Maßnahmen erarbeiten, die das Leben für sie einfacher machen Eine Befragung zeigt, worauf es aus Sicht der Betroffenen ankommt
●
ULM - In Ulm fehlt es an Parkplätzen und Toiletten für Behinderte, Busse und Straßen sind nicht überall ausreichend auf deren Bedürfnisse eingestellt. Das sind einige Ergebnisse einer Befragung.
Der städtische Integrationsbeauftragte Oliver Arnold hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinen Kollegen rund 9500 Ulmer mit Behinderungen angeschrieben und um Antworten gebeten.
Die Stadt will einen Kommunalen Aktionsplan zur Inklusion erarbeiten. Er soll Maßnahmen auflisten, die es Menschen mit Behinderungen ermöglicht, genauso am Leben in der Öffentlichkeit teilzunehmen wie Menschen ohne Behinderung. Die Einschätzungen der Betroffenen sollen dabei helfen.
Arnold hatte mit zehn Prozent Rücklauf gerechnet, am Ende gab mehr als ein Viertel der Befragten den ausgefüllten Bogen ab. Die sieben Kernthemen werden von kommender Woche an Workshops mit Betroffenen diskutiert. Es folgen Expertenrunden und Sitzungen, im Oktober berät der Gemeinderat über den Aktionsplan.
Die wichtigsten Ergebnisse
Mobilität: Die Hälfte der Befragten fährt selbst mit dem Auto. „Das war mir persönlich gar nicht so klar“, sagt Integrationsbeauftragter Oliver Arnold ein. Lob gab es für die Erreichbarkeit öffentlicher Gebäude sowie
von Praxen und Apotheken. Bei Lokalen, kulturelle Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen ist das aus Sicht der Betroffenen schlechter. Fast die Hälfte der Befragten kritisierte die zu niedrige Zahl öffentlicher Toiletten. Auch behindertengerechte Busse, Straßen und Parkplätze fehlen. Bei den Parkplätzen gibt es ein Zusatzproblem: Nicht jeder Behinderte darf sie nutzen, nur für außergewöhnlich Gehbehinderte ist das erlaubt. Viele Betroffene fordern mehr Rücksichtnahme im Nahverkehr.
Gesundheit: Insgesamt ist die ärztliche Versorgung gut, fast drei Viertel sind zufrieden. Viele Wünsche decken sich mit denen der Menschen ohne Behinderung: kürzere Wartezeiten und mehr Personal. Im Vergleich zum Punkt Mobilität gibt es hier einen Widerspruch: viele fordern behindertengerechtere Praxen und Krankenhäuser.
Freizeit: Bei den Fragen zur Freizeitgestaltung fiel Oliver Arnold eins besonders auf: Fast 20 Prozent geben an, sie würden gerne Sport treiben, tun es aber nicht. Liegt das daran, dass körperliche Einschränkungen es verhindern? Oder fehlen schlicht die Angebote? Das will der Integrationsbeauftragte in den Workshops herausfinden.
Wohnen: Barrierefreie Wohnungen, die bezahlbar sind – daran fehlt es, wie aus den Fragebögen hervorgeht. Oliver Arnold weiß, dass der Bedarf dafür schnell aufkommen kann. Zum Beispiel, wenn ein behindertes Kind zur Welt kommt oder eine schwere Krankheit auftritt. Dann kommt es oft plötzlich auf ganz andere Voraussetzungen in den eigenen vier Wänden an.
Arbeit: Viele Menschen mit Behinderung sind bereits in Rente, in Vollzeit arbeiten nur 14 Prozent der Befragten. Die Betroffenen wünschen sich mehr Akzeptanz bei Arbeitgebern, weniger Diskriminierung durch Kollegen und mehr Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt – also normale, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze statt solche in Behindertenwerkstätten und Integrationsfirmen. Bildung: Drei Viertel der Befragten sind mit dem Schulabschluss zufrieden, den sie erreicht haben. Rund 20 Prozent bemängeln zu wenige Bildungsangebote und zu wenige Beschulungsmöglichkeiten. Außerdem sollen die Schulen besser barrierefrei ausgebaut werden.
Partizipation: Gibt es genügend Möglichkeiten für Behinderte, sich politisch zu beteiligen? Ein Drittel der Befragten sagt nein. Die Frage nach den wichtigsten Themen auf dem Aktionsplan ergab die Bereiche, die nun in den sieben Workshops besprochen werden sollen.
Workshops: An sieben Terminen zwischen dem 27. Februar und 22. März. Handzettel liegen in allen städtischen Einrichtungen aus. Anmeldung bei Oliver Arnold, Telefon 0731/1615331 oder E-Mail o.arnold@ulm.de.