Ärztin siegt gegen Bewertungsportal
Verbraucherschützer halten Online-Plattformen für sinnvoll – Fachliche Einschätzung bleibt aber schwierig
KARLSRUHE (epd/clak) - Das Ärztebewertungsportal Jameda muss die Daten einer Kölner Hautärztin vollständig löschen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag in Karlsruhe entschieden. In den Vorinstanzen war die Dermatologin noch unterlegen. Verbraucherschützer begrüßen das Urteil der Richter. Die Entscheidung bewahre Patienten vor einer „irreführenden Präsentation der Arztprofile“.
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RAVENSBURG - Verbraucherschützer finden das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Jameda positiv. „Es bewahrt Verbraucher vor irreführender Präsentation der Arztprofile“, sagt Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen, die dort für Gesundheitsthemen zuständig ist.
Hintergrund ihrer Einschätzung ist folgender: Bislang blieben Ärzte, die für ihren Auftritt bei Bewertungsportalen wie Jameda bezahlt haben, von Hinweisen auf konkurrierende Praxen verschont, während auf dem Profil nicht zahlender Ärzte andere Praxeninhaber eingeblendet wurden. „Wenn hier für alle Ärzte gleiche Spielregeln gelten, ist das sicherlich etwas, was dem Verbraucher nutzt“, sagt Behrendt.
An sich findet die Verbraucherschützerin Bewertungsportale wie Jameda allerdings durchaus sinnvoll. „Sie generieren für viele Patienten einen Mehrwert. Menschen legen heutzutage viel Wert darauf, von den Erfahrungen anderer Patienten zu profitieren.“Bei Portalen wie Jameda gehe es hauptsächlich um Faktoren wie Zufriedenheit mit der Behandlung, mit dem Zeitmanagement des Arztes und der Ausstattung der Praxis. „Das sind auch Kriterien, für deren Bewertung sie im Prinzip gut geeignet sind“, meint Behrendt.
Guter Anhaltspunkt
Zudem empfiehlt sie, sich eine gewisse Zahl positiver wie negativer Stimmen zu einem Arzt durchzulesen. Dann könnte der subjektive Eindruck des jeweiligen Patienten in Summe doch ein ganz guter Anhaltspunkt sein. „Wenn es mir wichtig ist, dass ein Arzt gut zuhören kann und er in 50 Bewertungen dafür gute Noten bekommt, kann das durchaus ein hilfreicher Hinweis sein.“Dass auf den Bewertungsportalen nur die Unzufriedenen Dampf ablassen, sei nicht der Fall – im Gegenteil: Die Bewertungen seien häufig sehr gut, auch, weil Ärzte gegen negative Kommentare vorgehen könnten. Verbraucher, die sich negativ äußerten, werden dann aufgefordert, ihre Kritik durch weitere Angaben zur Sachlage zu untermauern. Zudem könne von ihnen verlangt werden, mit einem Rezept oder einer entsprechenden Terminvereinbarung zu belegen, dass sie überhaupt bei dem bewerteten Arzt in Behandlung waren. „Das ist eine gewisse Hürde für Verbraucher“, sagt die Gesundheitsexpertin.
Doch wie finden all diejenigen, die sich nicht auf Bewertungsportale verlassen wollen, einen Arzt, der zu ihnen passt? Hier rät die Verbraucherschützerin zu ganz althergebrachten Mitteln wie der Mund-zuMund-Propaganda. „Das ist zwar auch eine subjektive Einschätzung, aber ich habe dann immerhin den Vorteil, dass ich denjenigen, der die Bewertung abgibt, kenne.“Manchmal hilft auch der Arzt des Vertrauens mit einer entsprechenden Empfehlung weiter. „Aber die beste Basis ist immer noch die eigene Einschätzung“, meint Behrendt. Man müsse eben auch Rückschlüsse aus den eigenen Erfahrungen ziehen.
Keine transparente Information
Trotz aller Bewertungsportale: Eine objektive Einschätzung der fachlichen Qualitäten eines Arztes zu bekommen, bleibt für Verbraucher schwierig. Ärztekammern oder Kassenärztliche Vereinigungen informieren zwar auf Anfrage über Fachbezeichnungen und Zusatzleistungen eines Arztes. Aber das sagt noch nichts darüber aus, wie gut er in seinem Fach tatsächlich ist. „Es gibt keine transparenten Informationen über die medizinische Qualität von Ärzten“, bestätigt Regina Behrendt. „Da sind Verbraucher auf sich gestellt.“