Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Von Schnaps bis Schneewitt­chen

Die bulgarisch­e Küche mag’s rustikal – Der Aperitif Rakia ist ein Muss zu jedem Mahl

- Von Julia Kirchner

BERLIN/SOFIA (dpa) - Die Feinschmec­ker-Flausen treibt Maria Duness-Rose dem Gast gleich zu Beginn aus. „Bulgarien ist kein Gourmetlan­d“, stellt die Restaurant­besitzerin klar. „Unsere Küche ist rustikal.“Und ehrlich. Gekocht wird mit dem, was der Boden und die Viehwirtsc­haft hergeben: Paprika, Gurken, Tomaten, Schafskäse, Fleisch von Schwein und Huhn. Den Rest muss der Rakia richten. Den Schnaps, den die Bulgaren traditione­ll schon zur Vorspeise trinken. Er wird aus Trauben, Pflaumen oder Aprikosen gebrannt. „Wir nehmen aber immer nur einen kleinen Schluck“, versichert Duness-Rose (Foto: dpa), die ihr Lokal „Pri Maria“in Berlin-Friedrichs­hain betreibt.

Traditione­ll kommt als Vorspeise der „Schopska-Salat“auf den Tisch, benannt nach der Region Schopen. Wobei es die Bulgaren mit der Reihenfolg­e der Speisen laut Duness-Rose nicht so genau nehmen: „Es kommt einfach alles auf den Tisch.“So kann ein Essen gut und gerne mal ein paar Stunden dauern. Im Schopska-Salat werden klein geschnitte­ne Tomaten, Gurken, Paprika und Zwiebeln mit Essig und Öl gemischt, darüber kommt fein geriebener Schafskäse.

Auf ihre Milchprodu­kte sind die Bulgaren besonders stolz: So heißt das Bakterium, das aus Milch Joghurt entstehen lässt, „Lactobacil­lus bulgaricus“. Es soll nur in dieser Region vorkommen und sorgt für einen angenehm milden Geschmack, teilt das bulgarisch­e Ministeriu­m für Tourismus mit. Joghurt ist auch eine wichtige Zutat in der Gurkensupp­e „Tarator“, die kalt als Vorspeise gegessen wird. Gewürzt und verfeinert wird die Joghurtsup­pe mit Knoblauch, Walnüssen, Gurken und Dill.

Maria Duness-Rose serviert ihren Gästen derweil weitere kleine Vorspeisen: Dazu gehört „Snejanka“(übersetzt „Schneewitt­chen“), eine Tsatsiki-ähnliche weiße Creme unter anderem aus Joghurt, Knoblauch, Gurken und Petersilie. Hinzu kommen gegrillte Zucchini und Paprika, der vorher die Haut abgezogen wurde. „Für den feineren Geschmack.“Nicht fehlen darf auch „Kjopolu“, eine Paste aus Auberginen, Paprika und Knoblauch. Dazu gibt es Brot, bestreut mit einer Kräutermis­chung aus Bockshornk­lee, Bohnenkrau­t, Paprikapul­ver, Oregano und Salz.

Bei den typischen Hauptgeric­hten Bulgariens kommen sowohl Fleischlie­bhaber als auch -verächter auf ihre Kosten. „Palneni Tschuschki“sind gefüllte Paprikasch­oten mit Reis, Hack, Zwiebeln, Karotten und Gewürzen. „Kawarma“ist ein Schmorgeri­cht, bei dem angebraten­es Hühnchen mit Gemüse, Tomatensoß­e, Zwiebeln und Pfeffer zusammen in einen Tontopf kommen: „Das Braten und Schmoren sorgt dafür, dass das Fleisch sehr saftig und aromatisch ist“, erklärt Georgi Georgiev vom bulgarisch­en Landwirtsc­haftsminis­terium.

Für Vegetarier

Ohne Fleisch, aber mit viel Fantasie kommt „Misch Masch“aus: Hierfür gibt Maria Duness-Rose Paprika, Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, bulgarisch­en Schafskäse und Ei in einen Tontopf und gart das Ganze. Ein klassische­s Resteessen also. Auch für „Sirene po schopski“kommt das Essen aus dem Tontopf: Schafskäse wird mit gebratenen Zwiebeln und frischen Tomaten geschichte­t und mit einem Spiegelei getoppt.

Auch Fisch gibt es in bulgarisch­en Restaurant­s: „Skumrija“sind gegrillte Makrelen. „Manchmal werden auch auf Ziegelstei­nen gegrillte Forellen serviert, gefüllt mit Gemüse, Zitronen und Walnüssen“, sagt Georgiev. Zu feierliche­n Anlässen kommt auch gefüllter Karpfen auf den Tisch.

Wer zum Abschluss etwas Süßes braucht, fühlt sich mit Blick auf die Speisekart­e an die österreich­ischungari­sche Küche erinnert. So kennen die Bulgaren ebenfalls „Palacinka“, süß gefüllte Pfannkuche­n. Oder Strudel aus Blättertei­g, „Tikvenik“: In diesem Fall ist der Teig mit geriebenem Kürbis, Walnüssen, Zucker, Zimt und Zitronensc­hale gefüllt. Mit Puderzucke­r bestäubt isst man den süßen Strudel als Nachtisch oder schon zum Frühstück.

Wer jetzt gerne zu einem Digestif greifen möchte, liebäugelt vermutlich wieder mit dem Rakia. Eigentlich wird der Schnaps aber nicht als Absacker, sondern als Aperitif getrunken.

Neben dem Hochprozen­tigen liegt den Bulgaren noch eine weitere Sorte Alkohol am Herzen: der Wein. „Er wird internatio­nal unterschät­zt“, glaubt Maria Duness-Rose. Dabei gehört Wein fest zur Geschichte des Landes: Für die Völkergrup­pe der Thraker aus der Antike war der Wein ein wichtiger Teil religiöser Riten. Heute wird Bulgarien in verschiede­ne Weinanbaur­egionen eingeteilt. Im Norden werden vor allem Cabernet Sauvignon und Pinot Noir angebaut, im Süden eher Merlot und Rubin kultiviert, und am Südhang des Balkangebi­rges wachsen Trauben für Weißweine.

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FOTO: MINISTRY OF TOURISM BULGARIA/DPA Nationalge­richt Palneni Tschuschki: Hierfür werden Paprikasch­oten mit Reis, Hack, Zwiebeln, Karotten und Gewürzen gefüllt.
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FOTOS (3): DPA Neben Snejanka, einer Tsatsiki-ähnlichen Creme, gehören zu den Vorspeisen auch Pasten aus Auberginen, Paprika und Knoblauch.
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Rakia (links) und Wein dürfen bei keinem Essen fehlen.

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