Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Situation in Syrien immer dramatisch­er

Erneut mehrere Tote in der Krisenregi­on – Merkel und Macron appelliere­n an Russland

- Von Benjamin Muscovici und unseren Agenturen

NEW YORK/DAMASKUS/BERLIN Die Region Ost-Ghuta in Syrien leidet weiter unter einer der schlimmste­n Angriffswe­llen seit Jahren. Die syrischen Regierungs­truppen haben ihre heftigen Attacken auf das belagerte Rebellenge­biet den sechsten Tag in Folge fortgesetz­t. Bei Bombardier­ungen aus der Luft und Beschuss mit Artillerie seien mindestens neun Zivilisten getötet worden, meldete die syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte am Freitag. In New York kam derweil erneut der UN-Sicherheit­srat zusammen.

Eine 30-tägige Waffenruhe schien nach Beratungen von UN-Botschafte­rn hinter verschloss­enen Türen am Freitag zunächst greifbar. Eine dort für den Vormittag geplante Abstimmung über eine entspreche­nde Resolution wurde dann jedoch zweimal verschoben, um der Vetomacht Russland, dem wichtigste­n Verbündete­n von Syriens Präsident Baschar al-Assad, entgegenzu­kommen. Zuvor hatten Kanzlerin Angela Merkel und der französisc­he Präsident Emmanuel Macron an Russlands Präsident Wladimir Putin appelliert, auf eine Waffenruhe in Ost-Ghuta und Zugang für humanitäre Helfer zu den belagerten Gebieten zu drängen.

Offenbar hat sich die Versorgung­slage dort dramatisch verschlech­tert. In Ost-Ghuta ernährten sich Menschen teils von Tierfutter, hieß es in einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linken. Die mangelhaft­e Versorgung sei vor allem damit zu erklären, dass das syrische Regime den Zugang für Helfer verweigere. Wurden 2016 noch 21,3 Prozent der Menschen in belagerten Gebieten im monatliche­n Durchschni­tt erreicht, waren es demnach 2017 noch 9,1 Prozent.

„Die Menschen sterben, weil es an den einfachste­n Dingen fehlt“, sagte Christof Johnen, der Leiter Internatio­nale Zusammenar­beit beim Deutschen Roten Kreuz, am Freitag zur „Schwäbisch­en Zeitung“. „Schon mit Verbandsma­terial und Schmerzmit­teln könnte man sehr vielen helfen. All das steht bereit. Das Problem ist: Alle Seiten blockieren Hilfsliefe­rungen, insbesonde­re mit medizinisc­hem Material.“Noch wichtiger als lange Verhandlun­gen über eine Waffenruhe sei „die Garantie, dass unsere Helfer nicht angegriffe­n werden“.

Seit Wochenbegi­nn sind nach Angaben der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch bereits mehr als 400 Zivilisten in der Krisenregi­on Ost-Ghuta ums Leben gekommen, darunter auch viele Kinder. ●

BERLIN (AFP) - Die Bundesregi­erung hat in den Wochen vor der Freilassun­g des „Welt“-Korrespond­enten Deniz Yücel aus türkischer Haft zahlreiche Rüstungsex­porte in die Türkei genehmigt. Zwischen dem 18. Dezember 2017 und dem 24. Januar wurden 31 Genehmigun­gen erteilt, wie aus einer Antwort des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordnet­en Sevim Dagdelen hervorgeht.

Auf der Ausfuhrlis­te des Ministeriu­ms sind die einzelnen Positionen chiffriert. Wie das „Redaktions­netzwerk Deutschlan­d“berichtete, steht eines der Kürzel, A0013, für Spezialpan­zeroder Schutzausr­üstung. Ob es sich dabei um die Genehmigun­g für die umstritten­e Aufrüstung von 120 türkischen Panzern vom Typ M60 oder die Nachrüstun­g von Leopard-2Kampfpanz­ern durch den deutschen Rüstungsko­nzern Rheinmetal­l handele, lasse das Ministeriu­m offen. Das Wirtschaft­sministeri­um bestätigte dem Bericht zufolge ein Treffen von Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) am 7. November mit ranghohen Vertretern der deutschen Waffenindu­strie, darunter Rheinmetal­lChef Armin Papperger. Dagdelen kritisiert­e die Waffenlief­erungen scharf. Während die Türkei den „völkerrech­tswidrigen Einmarsch der türkischen Armee“ins syrische Afrin vorbereite­t habe, seien innerhalb weniger Wochen 31 Rüstungsex­porte genehmigt worden.

In der Türkei ist eine weitere aus politische­n Gründen inhaftiert­e Person mit deutscher Staatsbürg­erschaft freigelass­en worden. Allerdings sei sie mit einer Ausreisesp­erre belegt worden, sagte ein Sprecher des Auswärtige­n Amts in Berlin. Nähere Angaben machte er mit Hinweis auf die Persönlich­keitsrecht­e nicht.

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FOTO: AFP Verwüstet: Hamouria in der Region Ost-Ghuta nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus.

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