Angst vor dem gläsernen Bürger
Schelklinger Ratsmitglieder äußern Bedenken am Zusammenschluss regionaler Datenzentren
● SCHELKLINGEN - Es wirkte im Voraus wie eine Formalie, die dann aber umfangreiche Debatten wegen Erinnerungen verschiedener Gemeinderatsmitglied an George Orwells Überwachungsroman „1984“auslöste. Die Stadt Schelklingen gibt ihre Zustimmung für die Gründung einer großen datenverarbeitenden Anstalt, namens ITEOS, ein Kunstwort aus der Abkürzung IT und dem griechischen Wort für Morgenröte. Um dies zu erreichen, billigt die Stadt Schelklingen dem Zusammenschluss ihres derzeitigen Datenverarbeitungszweckverbandes „Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm“(KIRU) mit zwei ähnlichen Zweckverbänden (KDRS und KIVBF) zum Gesamtzweckverband 4IT zu und dem Beitritt dieses Großverbandes zur Datenzentrale Baden-Württemberg.
Der Gemeinderat stimmte mehrheitlich bei zwei Enthaltungen zu, obwohl die Konsequenzen einer solchen großangelegten Datensammelund Datenverarbeitungsstelle nicht vollkommen durchschaut werden könnten. Man verstehe schon den geplanten Vereinigungsprozess nicht wirklich und habe die Unterlagen dazu teilweise nicht bis zum Schluss lesen können, weil zu kompliziert formuliert. Bürgermeister Ulrich Ruckh machte als erster dieses Geständnis, was die Sprecher von CDU und SPD einstimmen ließ. Ruckh meinte später in der Debatte, er sei nicht gegen die Vereinigung der Datenverarbeitung, aber dass nicht alle Konsequenzen erkennbar seien. Er meinte, es wäre richtig, mitzumachen, anstatt die Dienstleistung teurer kaufen zu müssen. Es geht zum Beispiel um die Erstellung von Ausweispapieren. Der Gesamtverband 4IT und das Land wollen gemeinsam die Trägerschaft für ITEOS, eine Anstalt nach öffentlichem Recht, übernehmen.
Gemeinderatsmitglied Achim Stelzer-Roncoletta brachte Orwell zur Sprache und befürchtet, dass hinter der Vereinigung so vieler Datenverarbeitungsstellen der „gläserne Mensch und schnelle Zugriff“stecken könnte. Nachdenklich kann ein Satz wie folgender in der Beschlussvorlage stimmen: „Der Datenverarbeitungsverbund BadenWürttemberg versetzt sich damit in die Lage, kommunales Wissen und IT-spezifiziertes Know-how für die Zukunft zu sichern.“In der vierseitigen Beschlussvorlage für die Presse taucht kein einziger Verweis auf den Datenschutz auf. Ob die großangelegte Vereinigung etwas mit dem Auffinden und Ausschließen von Mehrfachidentitäten zu tun haben könnte, wurde von niemandem im Rat angesprochen. Laut Beschlussvorlage geht es um Wirtschaftlichkeitsgründe, um mögliche Ausgabensenkungen in Höhe von 25 Millionen in fünf Jahren, wobei Gemeinderat Franz Müller die Formulierung als doppeldeutig und damit unklar kritisierte.
Neue Bodenrichtwerte im Neubaugebiet
In der Sitzung musste noch einer außerplanmäßigen Ausgabe für das Biosphäreninfozentrum Schwäbische Alb in Münsingen zugestimmt werden. Als Finanzzuschuss waren im Schelklinger Haushalt 8000 Euro eingeplant. Diese reichen nicht aus, sondern weitere 6775 Euro werden fällig. Dem Gemeinderat wurde zur Kenntnis gegeben, dass die Bodenrichtwerte neu festgelegt wurden. Es gibt die Einteilung in zwölf Zonen. Beispielweise beträgt der Bodenrichtwert in der Marktstraße 120 Euro. Der Bodenrichtwert ist im Schelklinger Neubaugebiet Obere Wiesen mit 160 Euro am höchsten. Bauerwartungsland dort schlägt mit 30 Euro zu Buche.
In den Teilorten ist der Wert bis auf das Schmiechener Wohngebiet Hosenbändel II sowie die Neubaugebiete Weites Tal in Schmiechen und Riedwiesen in Hütten im zweistelligen Bereich. In Zone XII werden zum Beispiel Gelände mit Biogasanlagen mit zehn Euro Bodenrichtwert genannt, aber auch das ehemalige Munitionsdepot in Ingstetten mit 17 Euro. Landwirtschaftliche Flächen werden mit 1,10 bis drei Euro bei Äckern und 60 Cent bis 1,60 Euro bei Wiesen taxiert. Die Anpassung betrug zehn Prozent, erklärte Bauamtsleiter Markus Schmid. Bürgermeister Ruckh betonte, dass ein hoher Bodenrichtwert nicht zwangsläufig zur Erschließung als Bauland führt.