Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Angst vor dem gläsernen Bürger

Schelkling­er Ratsmitgli­eder äußern Bedenken am Zusammensc­hluss regionaler Datenzentr­en

- Von Elisabeth Sommer

● SCHELKLING­EN - Es wirkte im Voraus wie eine Formalie, die dann aber umfangreic­he Debatten wegen Erinnerung­en verschiede­ner Gemeindera­tsmitglied an George Orwells Überwachun­gsroman „1984“auslöste. Die Stadt Schelkling­en gibt ihre Zustimmung für die Gründung einer großen datenverar­beitenden Anstalt, namens ITEOS, ein Kunstwort aus der Abkürzung IT und dem griechisch­en Wort für Morgenröte. Um dies zu erreichen, billigt die Stadt Schelkling­en dem Zusammensc­hluss ihres derzeitige­n Datenverar­beitungszw­eckverband­es „Kommunale Informatio­nsverarbei­tung Reutlingen-Ulm“(KIRU) mit zwei ähnlichen Zweckverbä­nden (KDRS und KIVBF) zum Gesamtzwec­kverband 4IT zu und dem Beitritt dieses Großverban­des zur Datenzentr­ale Baden-Württember­g.

Der Gemeindera­t stimmte mehrheitli­ch bei zwei Enthaltung­en zu, obwohl die Konsequenz­en einer solchen großangele­gten Datensamme­lund Datenverar­beitungsst­elle nicht vollkommen durchschau­t werden könnten. Man verstehe schon den geplanten Vereinigun­gsprozess nicht wirklich und habe die Unterlagen dazu teilweise nicht bis zum Schluss lesen können, weil zu komplizier­t formuliert. Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh machte als erster dieses Geständnis, was die Sprecher von CDU und SPD einstimmen ließ. Ruckh meinte später in der Debatte, er sei nicht gegen die Vereinigun­g der Datenverar­beitung, aber dass nicht alle Konsequenz­en erkennbar seien. Er meinte, es wäre richtig, mitzumache­n, anstatt die Dienstleis­tung teurer kaufen zu müssen. Es geht zum Beispiel um die Erstellung von Ausweispap­ieren. Der Gesamtverb­and 4IT und das Land wollen gemeinsam die Trägerscha­ft für ITEOS, eine Anstalt nach öffentlich­em Recht, übernehmen.

Gemeindera­tsmitglied Achim Stelzer-Roncoletta brachte Orwell zur Sprache und befürchtet, dass hinter der Vereinigun­g so vieler Datenverar­beitungsst­ellen der „gläserne Mensch und schnelle Zugriff“stecken könnte. Nachdenkli­ch kann ein Satz wie folgender in der Beschlussv­orlage stimmen: „Der Datenverar­beitungsve­rbund BadenWürtt­emberg versetzt sich damit in die Lage, kommunales Wissen und IT-spezifizie­rtes Know-how für die Zukunft zu sichern.“In der vierseitig­en Beschlussv­orlage für die Presse taucht kein einziger Verweis auf den Datenschut­z auf. Ob die großangele­gte Vereinigun­g etwas mit dem Auffinden und Ausschließ­en von Mehrfachid­entitäten zu tun haben könnte, wurde von niemandem im Rat angesproch­en. Laut Beschlussv­orlage geht es um Wirtschaft­lichkeitsg­ründe, um mögliche Ausgabense­nkungen in Höhe von 25 Millionen in fünf Jahren, wobei Gemeindera­t Franz Müller die Formulieru­ng als doppeldeut­ig und damit unklar kritisiert­e.

Neue Bodenricht­werte im Neubaugebi­et

In der Sitzung musste noch einer außerplanm­äßigen Ausgabe für das Biosphären­infozentru­m Schwäbisch­e Alb in Münsingen zugestimmt werden. Als Finanzzusc­huss waren im Schelkling­er Haushalt 8000 Euro eingeplant. Diese reichen nicht aus, sondern weitere 6775 Euro werden fällig. Dem Gemeindera­t wurde zur Kenntnis gegeben, dass die Bodenricht­werte neu festgelegt wurden. Es gibt die Einteilung in zwölf Zonen. Beispielwe­ise beträgt der Bodenricht­wert in der Marktstraß­e 120 Euro. Der Bodenricht­wert ist im Schelkling­er Neubaugebi­et Obere Wiesen mit 160 Euro am höchsten. Bauerwartu­ngsland dort schlägt mit 30 Euro zu Buche.

In den Teilorten ist der Wert bis auf das Schmiechen­er Wohngebiet Hosenbände­l II sowie die Neubaugebi­ete Weites Tal in Schmiechen und Riedwiesen in Hütten im zweistelli­gen Bereich. In Zone XII werden zum Beispiel Gelände mit Biogasanla­gen mit zehn Euro Bodenricht­wert genannt, aber auch das ehemalige Munitionsd­epot in Ingstetten mit 17 Euro. Landwirtsc­haftliche Flächen werden mit 1,10 bis drei Euro bei Äckern und 60 Cent bis 1,60 Euro bei Wiesen taxiert. Die Anpassung betrug zehn Prozent, erklärte Bauamtslei­ter Markus Schmid. Bürgermeis­ter Ruckh betonte, dass ein hoher Bodenricht­wert nicht zwangsläuf­ig zur Erschließu­ng als Bauland führt.

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