Ein Leben im Zeichen der Musik
Renommierter Konzert-Bajanist Peter Gerters feiert heute Doppeljubiläum
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NEU-ULM - Seit 50 Jahren steht Peter Gerter auf der Bühne. Ein Jubiläumskonzert des international renommierten Konzert-Bajanisten am heutigen Samstag, 24. Februar, feiert aber nicht nur diese fünf Jahrzehnte Konzerttätigkeit, sondern auch sein 25. Dienstjubiläum an der Neu-Ulmer Musikschule. An sein Ankommen in Deutschland erinnert sich der in Karaganda in Kasachstan geborene Musiker noch sehr genau: „Am 11. September 1992 kam ich nach Neu-Ulm, am 12. September trat ich meine Stelle an der Musikschule an. Ich war sofort mitten drin im Leben.“
Dass sein Einstieg in Neu-Ulm derart gut klappte, dazu halfen ihm vor allem der damalige Leiter der Musikschule Neu-Ulm, Fritz Pilsl und Musiker-Freunde, die Peter Gerter bei Konzerten 1991 in Neu-Ulm und Trossingen kennengelernt hatte.
Die Perestroika-Politik Michail Gorbatschows, die das System der Sowjetunion umbauen und modernisieren wollte, ermöglichte dem Bajan-Virtuosen Konzertreisen in Europa. Nach Deutschland zog es Gerter, der Dozent und später Professor an der Hochschule für Künste in Wladiwostok war, aus verschiedenen Gründen: Als Kleinkind von den Großeltern erzogen, hatte er nur Deutsch gesprochen; die Vorfahren der Familie waren zur Zeit der Einladung Katharinas der Großen vor 250 Jahren als Siedler nach Russland gegangen. „Sie verstanden zwar Russisch, aber sie sprachen nur Deutsch“, erinnert sich Peter Gerter, der mit leuchtenden Augen von Weihnachten bei den Großeltern erzählt, von der Oma, die sich selbst als Christkind verkleidete und den Enkeln die Leviten las.
Auch dem 1953 geborenen sprachbegabten Enkel Peter, der im Kindergarten dann Russisch lernte, der ein sehr guter Schüler und besonders an Sprachen interessiert war – der aber noch lieber Bajan spielte, nachdem er als Neunjähriger von einer Tante eines geschenkt bekommen hatte. „Man musste sich damals selbst unterhalten“, erinnert er sich. „Singen und Musik machen.“Oft wurde der Junge von Nachbarn für Feste gebeten, zu singen und Bajan zu spielen. Als 15-Jähriger wurde Peter Gerter, der zuvor schon Auftritte unter anderem im Fernsehen absolviert hatte, am Konservatorium in Moskau aufgenommen – und gewann schon während seines Studiums bedeutende Preise.
Zwischen 14 bis 16 Kilo wiegt ein Bajan, und kleinere Instrumente für Kinder gab es in den 50er- und 60erJahren noch nicht. „Deshalb konnte man Unterricht in der Musikschule erst mit zehn Jahren haben.“Was auch deshalb sinnvoll ist, weil das Bajan ein wesentlich komplexeres und komplizierteres Instrument ist als ein Akkordeon. Der Name des Instruments leitet sich vom mittelalterlichen Dichtersänger Bojan ab, der im 11. Jahrhundert seine Erzählungen sang.
Heute, berichtet Peter Gerter, wird das einstige Volksinstrument Bajan auch in Russland seltener gespielt – und wenn, dann vor allem konzertant. An der Neu-Ulmer Musikschule hat Gerter einen BajanSchüler, in erster Linie unterrichtet er Akkordeon und sein Zweit-Instrument Klavier.
Lob für deutsches Publikum
Das Einzige, was er aus seinem früheren Leben vermisst, sind seine Studenten, erzählt Gerter. „Anfangs war es nicht so einfach, Kinder zu unterrichten. An der Hochschule hatte ich das nie getan.“Gewonnen aber habe er so viel mehr, „in allen Bereichen“, wie er sagt. „Das Publikum in Deutschland ist gebildet und musikalisch. Man kann ihm als Künstler zutrauen, zu verstehen. Das ist eine tolle Atmosphäre.“
Auch im Privatleben ist Gerter glücklich: 1994 konnte seine Frau mit den drei Töchtern Anja, Maria und Sonja nach Neu-Ulm nachkommen. Die beiden älteren Töchter, damals acht und sechs Jahre alt, hatten mit dem Wechsel an eine deutsche Schule keine Probleme, lernten die neue Sprache innerhalb weniger Monate. Anja und Maria entschieden sich beruflich für Laufbahnen als Musikerinnen. Mit beiden tritt Peter Gerter, der selbst auch zahlreiche Meisterkurse gab und als Juror europaweit gefragt ist, seit 2001 als das „GerterTrio“auf, das schon bald bei internationalen Wettbewerben wichtige Preise gewann.
Auch, wenn ihm in der damaligen Sowjetunion auch eine universitäre Laufbahn offen gestanden hätte: „Ohne die Musik hätte ich im Leben absolut nicht die Perspektiven bekommen, die sich mir eröffneten, nicht die Reisen und nicht die Freunde. Und nicht die Musik als Lebensbegleiterin, die sie ist.“
Das Jubiläumskonzert Peter Gerters findet am heutigen Samstag, 24. Februar, um 18 Uhr im Dr.-Joachim-Keller-Saal der Musikschule Neu-Ulm statt. Neben dem Bajan-Virtuosen sind seine Töchter Anja und Maria Gerter sowie seine Schüler Maximilian Bosch, Lukas Eberenz und Daniel Gross zu hören. Der Eintritt ist frei.