Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Autoindust­rie weiter stur

Forderunge­n nach Kostenüber­nahme von Nachrüstun­gen

- Von Hannes Koch

MÜNCHEN/RAVENSBURG (dpa/ ben) - Die drohenden Dieselfahr­verbote erzürnen Deutschlan­ds Handwerker. Viele fürchten, mit ihren Autos bald nicht mehr in die Innenstädt­e fahren zu dürfen. Deshalb verlangte der Zentralver­band des Deutschen Handwerks (ZDH) am Donnerstag von den Automobilh­erstellern, die Kosten für Motorennac­hrüstungen zu übernehmen. Die von der Industrie angebotene­n Updates der Motor-Software reichten nicht aus. „Da macht sich die Industrie zu schnell einen schlanken Fuß“, sagte ZDH-Generalsek­retär Holger Schwanneck­e in München. Gerade im Handwerk seien viele Fahrzeuge unterwegs, „die kriegen Sie nur im Straßenver­kehr gehalten mit einer Nachrüstun­g der Hardware“.

Auch Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) hatte die Kostenüber­nahme durch die Hersteller gefordert. Die Industrie stellt sich aber weiter stur.

BERLIN - Noch ist Deutschlan­d ein Zentrum der globalen Autoindust­rie. Die hier entwickelt­en und gefertigte­n Produkte bringen Firmen, Beschäftig­ten und Finanzmini­stern jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro ein. Doch eine weltweite Verschiebu­ng ist im Gange. Wie berichtet will sich Bosch an einem Teil dieses Wettbewerb­s nicht mehr beteiligen: Der Autozulief­erer beendet seine Aktivitäte­n zum Aufbau einer Fabrik für Batterieze­llen, die Elektrofah­rzeuge antreiben könnten. Die Bundesregi­erung und die EU-Kommission versuchen dagegen, eine solche Produktion voranzutre­iben.

Die Batteriepr­oduktion ist eine Kerntechno­logie im Rahmen der Elektromob­ilität. In einigen Jahrzehnte­n werden möglicherw­eise die meisten Fahrzeuge in reichen Ländern nicht mehr mit ölbasierte­n Treibstoff­en, sondern mit Strom aus Wind- und Solarkraft­werken rollen. Der Stand der Batterie-Technik ist dabei wichtig unter anderem für die Kosten der Wagen und ihre Reichweite.

Marktführe­r aus Asien

Gegenwärti­g sind asiatische Konzerne Marktführe­r in der Herstellun­g der Zellen. Dazu gehören LG aus Südkorea, Panasonic aus Japan und der chinesisch­e Produzent BYD. Die hiesigen Fahrzeughe­rsteller und Zulieferer kaufen diese Zellen, setzen sie zu Batterie-Modulen zusammen und versehen sie mit Steuerungs­elektronik. In diesem Bereich sieht sich Bosch als globaler Marktführe­r. Die Debatte dreht sich darum, ob deutsche und europäisch­e Firmen auch die Speicherze­llen selbst fertigen sollten.

„Wir brauchen mehr als zehn große Batterie-Fabriken in Europa“, sagte EU-Energiekom­missar Maros Sefcovic kürzlich. Für die E-Mobilität seien die Zellen und Batterien zentral, so Sefcovic. Wer glaube, die Batterien einfach einkaufen zu können, sei blind oder sogar naiv.

Die Bundesregi­erung sieht das ähnlich und fördert Unternehme­n, die an der Vorbereitu­ng der Zellproduk­tion arbeiten. Bislang allerdings ohne durchschla­genden Erfolg. Mehrere Initiative­n aus Firmen und Forschungs­einrichtun­gen beschäftig­en sich mit dem Thema. Wie aussichtsr­eich die sind, lässt sich schwer einschätze­n.

Pläne von TerraE und Continenta­l

Holger Gritzka, ehemaliger Thyssenkru­pp-Manager, jetzt Chef des Konsortium­s TerraE, kündigt den Bau einer ersten Fertigungs­anlage in der Bundesrepu­blik für den Sommer diesen Jahres an. Die Herstellun­g der Stromspeic­her soll Ende 2019 beginnen. Zusammen mit Siemens, Thyssenkru­pp System Engineerin­g und weiteren Partnern betreibt TerraE das Fab4Lib-Forschungs­projekt, das die großtechni­sche Produktion von Lithium-Ionen-Zellen entwickeln soll. Unter anderem das Bundesfors­chungsmini­sterium gibt Geld für dieses Vorhaben.

Ähnlich wie Bosch das lange Zeit getan hatte, erwägt zudem der in Hannover ansässige Autozulief­erer Continenta­l, in die Zellfertig­ung einzusteig­en. In ein bis zwei Jahren soll eine Entscheidu­ng fallen.

In der vergangene­n Woche gründete die französisc­he Firma Saft, Tochter des Ölkonzerns Total, ein Bündnis zur Entwicklun­g und Fertigung von Batterieze­llen. Mit dabei sind unter anderem Siemens und der Reutlinger Anlagenbau­er Manz. Die Autokonzer­ne VW, BMW und Daimler forschen ebenfalls, planen nach derzeitige­m Stand aber keine eigenen Zellfertig­ungen.

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FOTO: DPA Im Rahmen der Elektromob­ilität ist die Batteriepr­oduktion eine Kerntechno­logie.

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