Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Antworten schuldig

Amri-Untersuchu­ngsausschu­ss einstimmig eingesetzt

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Bei der Bundestags­debatte zum Amri-Untersuchu­ngsausschu­ss ist am Donnerstag eine der häufigsten Begründung­en für seine Einsetzung: Man sei den Opfern und ihren Angehörige­n die Antworten schuldig. Vor gut einem Jahr, am 19. Dezember 2016, fuhr der Tunesier Anis Amri mit dem Laster in den Weihnachts­markt auf dem Berliner Breitschei­dplatz. Das Attentat forderte zwölf Tote und viele Verletzte. „Der internatio­nale Terror ist uns sehr nah gekommen“, sagt Eva Högl, die SPD-Innenexper­tin.

Von einer dreifachen Verpflicht­ung spricht Stephan Harbarth, der Innenexper­te der Unionsfrak­tion. Man müsse die Vorgeschic­hte klären, man müsse die Sicherheit­sbehörden schlagkräf­tiger machen und den Opferschut­z stärken. Seiner Ansicht nach eignet sich der Untersuchu­ngsausschu­ss nicht für eine kleinliche parteipoli­tische Auseinande­rsetzung, sondern man solle ihn im Geiste des NSU-Ausschusse­s führen.

Die SPD-Innenexper­tin Eva Högl weist darauf hin, dass man erste gesetzlich­e Konsequenz­en aus dem Fall Amri schon gezogen habe. Benjamin Strasser, der Ravensburg­er Obmann der FDP-Fraktion fordert, die Fehlerkult­ur bei den Behörden zu prüfen. Es gebe Fragen, die sich auch schon im NSU-Ausschuss im Landtag Baden-Württember­gs stellten. Warum tauschen sich Sicherheit­sbehörden nicht aus? „Was wurde aus der Warnung von Informante­n, die schon ein halbes Jahr lang zum Attentäter Amri vorlag“, fragt auch Martina Renner von den Linken. „Wieso konnte Amri unbehellig­t durchs Land reisen?“, will Irene Mihalic von den Grünen wissen. Schließlic­h sei er immer wieder Thema in Gesprächsr­unden des gemeinsame­n Terrorismu­sabwehrzen­trums von Bund und Ländern gewesen. Ein Fazit steht schon fest. „Wir können und müssen besser darin werden, Sicherheit zu gewährleis­ten“, sagt Fritz Felgentreu von der SPD. Damit soll sich der Ausschuss beschäftig­en.

Die Einsetzung des Untersuchu­ngsausschu­sses wurde im Bundestag einstimmig beschlosse­n, auch von der AfD. Diese stand allerdings mit ihrer weiteren Forderung, den Ausschuss auch für eine allgemeine Bestandsau­fnahme in der Asyl- und Flüchtling­spolitik zu nutzen, allein da. „Bei gesicherte­n Grenzen und konsequent­er Anwendung der Drittstaat-Regelung hätte es den Anschlag nicht gegeben“, so Beatrix von Storch (AfD). Stephan Mayer (CSU) warnt davor, den Ausschuss als Fanal für die Integratio­ns- und Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung zu missbrauch­en.

An den Anfang seiner Arbeit stellte der Untersuchu­ngsausschu­ss ein Gespräch mit den Angehörige­n der Opfer sowie dem Opferbeauf­tragten Kurt Beck. Die Angehörige­n hatten sich Ende letzten Jahres in einem Brief an die Kanzlerin über mangelnde Anteilnahm­e und Hilfe beklagt.

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FOTO: IMAGO Angehörige der Opfer hatten sich über die mangelnde Anteilnahm­e und Hilfe beklagt.

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