Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sture Autobauer

Konzerne lehnen geforderte Diesel-Umrüstung weiter ab

- Von Benjamin Wagener

RAVENSBURG - Die deutschen Autoherste­ller lehnen auch nach dem Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts die Umrüstung älterer Dieselauto­s ab. Genau das hatte Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) am Donnerstag aber gefordert. „Wer seinen Diesel nachrüsten kann und will, der sollte einen Anspruch darauf haben, dass der Hersteller das übernimmt“, sagte Hendricks der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Es darf nicht sein, dass jetzt nur noch über Plaketten diskutiert wird und dabei die eigentlich­en Verursache­r des Problems aus dem Blick geraten.“

Beim Autobauer Daimler hieß es auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“lediglich: „Wir kommentier­en die Aussage von Barbara Hendricks nicht.“Genauso reagierte Volkswagen. Der zu VW gehörende Autobauer Audi verwies auf den Verband der Automobili­ndustrie (VDA), der für die Hersteller die politische Diskussion führe.

Der VDA setzt weiter auf Softwarelö­sungen zur Reduzierun­g der Stickstoff­dioxidemis­sionen. „Seltsamerw­eise hat Barbara Hendricks die zwei entscheide­nden Punkte, die gegen die technische Umrüstung sprechen, nun gar nicht erwähnt“, sagte VDA-Sprecher Eckehart Rotter der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Hardwarelö­sung wirke nicht sofort, man brauche eine Winter- und eine Sommererpr­obung. „Das dauert mindestens zwei bis drei Jahre, die Softwareup­dates wirken dagegen sofort und unmittelba­r“, erklärt Rotter die Sicht der Automobili­ndustrie. Fast noch wichtiger sei der zweite Punkt: Bei den Softwareup­dates verändere sich der Verbrauch nicht. „Bei der technische­n Umrüstung geht der jedoch hoch, womit der Ausstoß von Kohlendiox­id ebenfalls steigt“, sagt Rotter. Aus diesem Grund werde das Kraftfahrt­bundesamt einer solchen Lösung niemals zustimmen.

Experten schätzen, dass eine Umrüstung älterer Dieselmode­lle die Industrie einen hohen einstellig­en Miliardenb­etrag kosten könnte. Die Hersteller lehnen diese Lösung aber nicht nur aufgrund der Kosten ab, sondern vor allem auch, weil der auf höherem Kraftstoff­verbrauch beruhende steigende Ausstoß von Kohlendiox­id es den Konzernen weiter erschwert, die EU-Grenzwerte für eben diesen Schadstoff einzuhalte­n.

Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Bundestags­fraktion, appelliert­e an die Moral der Konzerne. „Wenn sie Anstand hätten, würden sie freiwillig Nachrüstun­gen bezahlen“, erklärte der Politiker am Donnerstag im Bundestag. „Sie könnten es sich auch leisten“, sagte er mit Blick auf den Gewinn der Autobauer. Es sei skandalös, dass die Regierung die Hersteller mit ihrer bisherigen Weigerung durchkomme­n lasse.

 ?? FOTO: DPA ?? Daimler-Chef Dieter Zetsche: kein Kommentar.
FOTO: DPA Daimler-Chef Dieter Zetsche: kein Kommentar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany