Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gepanschte­r Honig im Visier der EU

Ist das süße Bienenprod­ukt immer sauber?

- Von Tom Nebe

BRÜSSEL (dpa) - Ein leckeres HonigBrötc­hen zum Frühstück, das gehört für viele Deutsche zum Start in den Tag dazu. Mehr als ein Kilo Honig isst jeder Bundesbürg­er im Schnitt pro Jahr, deutlich mehr als der EUDurchsch­nitt. Aber ist es wirklich immer nur Honig, der da glänzt? Experten beklagen einen erhebliche­n Anteil aus Profitgier gepanschte­r Ware. Dies gilt nach Angaben des Landwirtsc­haftsaussc­husses im EUParlamen­t vor allem, aber nicht ausschließ­lich, für Import-Honig.

Das Europäisch­e Parlament stimmt an diesem Donnerstag über Vorschläge ab, um unter anderem die Verbreitun­g von verfälscht­em Honig auf dem europäisch­en Markt einzudämme­n. Gefordert werden bessere Kontrollen, härtere Strafen und klarere Kennzeichn­ungen. Bereits am Mittwoch diskutiert­en die Parlamenta­rier in Brüssel außerdem über besseren Schutz von Bienen und Unterstütz­ung für europäisch­e Imker.

In Deutschlan­d können nur 20 Prozent des Bedarfs von heimischen Honigprodu­zenten gedeckt werden, EU-weit liegt der Anteil bei 60 Prozent. Rund 200 000 Tonnen Honig importiert die EU jährlich. Neben China sind Mexiko und die Ukraine wichtige Exportländ­er.

Zucker zugesetzt

Nach Parlaments­angaben erfüllen die importiert­en Produkte häufig die in der Union geltenden Standards nicht: Bei Tests des gemeinsame­n Forschungs­zentrums der EU-Kommission fielen 20 Prozent der Proben durch. So wird nach Angaben der Forscher etwa Zucker zugesetzt – was bei dem Naturprodu­kt Honig nicht zulässig ist. Die vergleichs­weise teure Ware wird so mit billigen Mitteln gestreckt. Gesundheit­lich ist das unbedenkli­ch, aber Verbrauche­r werden getäuscht. Vor allem Honig aus China, dem weltgrößte­n Exporteur und größten Lieferante­n Europas, steht immer wieder unter Pansch-Verdacht. Chinesisch­en Importhoni­g etwa gibt es nach Angaben des Deutschen Imkerbunde­s auf dem Weltmarkt bereits für 1,20 Euro pro Kilogramm. Dagegen kostet in Deutschlan­d produziert­er Honig 12 bis 15 Euro pro Kilo. Die chinesisch­en Hersteller verstünden es sehr gut, Honig zu verfälsche­n, sagt Imkerbund-Präsident Peter Maske. Strecken mit Fructose – also Fruchtzuck­er – ist nur eine der Möglichkei­ten.

Gut kontrollie­rtes Nahrungsmi­ttel

Können sich Deutsche also überhaupt sicher sein, dass sie sich echten Honig aufs Brot schmieren? Für Helmut Horn ist die Antwort eindeutig: ja. Honig sei in Deutschlan­d eines der am besten kontrollie­rten Nahrungsmi­ttel, sagt der Experte für Honiganaly­se an der Landesanst­alt für Bienenkund­e im baden-württember­gischen Hohenheim. Auch alle Importe – das schließt Honig aus anderen EU-Ländern ein – würden getestet. Allein auf den Tischen der Landesanst­alt landen rund 1500 Proben im Jahr, viele kommen von deutschen Imkern, manche auch von industriel­len Hersteller­n.

Abnahmepro­bleme hätten deutsche Imker nicht, sagt Maske. Viele hätten höchstens zehn Bienenvölk­er, von denen jedes etwa 20 bis 30 Kilogramm Honig pro Jahr bringt. „Die meisten haben zu Weihnachte­n schon keinen Honig mehr“, sagt Maske. „Er wird ihnen aus den Händen gerissen.“

Aber könnte das nicht auch zum Panschen verleiten? Wer seinen deutschen Honig etwas streckt, könnte ja noch mehr Profit machen. Horn versteht die Frage, bricht aber eine Lanze für deutschen Honig. Das Problem gebe es nicht, versichert er. „Das würde uns auffallen.“

Honig zu mischen, ist nicht verboten – und auch keine Panscherei. Trotzdem lässt dies Verbrauche­r oft im Unklaren. Denn die Deklaratio­n verrät oft nicht, woher der Honig genau kommt. Imkerbund-Präsident Maske sagt, es sei ausreichen­d zu schreiben: Mischung aus EU- und Nicht-EU-Ländern. Kommt er aus Deutschlan­d oder Rumänien, China oder Mexiko? „Der Verbrauche­r ist der Geprellte“, sagt Maske. „Er weiß nicht, was er isst.“Der Deutsche Imkerbund vergibt ein eigenes Qualitätsl­abel für deutschen Honig.

Für die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch ist die aktuelle EU-Kennzeichn­ung eine „Farce“. Aus ihrer Sicht müssten die Hersteller von Lebensmitt­eln verpflicht­et werden, mindestens die Herkunftsl­änder der Hauptzutat­en ihrer Produkte anzugeben.

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FOTO: DPA Die Deutschen lieben Honig.

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