Gleiches nicht mit Gleichem vergelten
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich die USA den Anspruch aufs Banner geschrieben, die Probleme der Welt gemeinsam zu lösen. Die Zölle auf Stahl und Aluminium, die Donald Trump angekündigt hat, sind nicht die erste Abkehr des Präsidenten von diesem Anspruch. In diesem Fall sind sie aber eine entscheidende Abkehr, denn anders als andere Ankündigungen werden diese Zölle den Welthandel verändern.
Keine Frage, die Überkapazitäten im Stahlmarkt sind ein Problem. Allen voran chinesische Unternehmen setzen ihre Konkurrenten mit billigem Massenstahl unter Druck. Nun werden sich die Konzerne, die von den US-Zöllen bedroht sind, andere Märkte suchen. Eine Stahlschwemme in Europa wird die Folge sein. Thyssenkrupp, Salzgitter, Österreichs Voestalpine und der niederländische Konzern ArcelorMittal werden künftig noch mehr zu kämpfen haben.
Vor allem werden die Maßnahmen auch für Amerikas Wirtschaft nicht die Auswirkungen haben, die sich Trump von ihnen verspricht. Dazu sind die Produktionsprozesse weltweit zu sehr miteinander verflochten. Für die US-Konzerne, die auf Stahlimporte angewiesen sind, erhöhen die Zölle die Herstellungskosten, was die Produkte verteuert und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verschlechtert. Die Folge für die US-Wirtschaft könnte sein, dass nicht in der Stahlbranche Jobs entstehen, sondern Stellen in anderen Branchen unsicherer werden.
So sehr die Zölle dem Freihandel schaden, so ärgerlich und kontraproduktiv das Vorgehen des USPräsidenten auch ist, die Europäische Union sollte sich dennoch gut überlegen, wie sie auf die Provokation Trumps reagiert. Die Verantwortlichen müssen dem Reflex widerstehen, auf den US-Vorstoß mit eigenen protektionistischen Maßnahmen zu reagieren. Denn mit der Abkehr vom Prinzip der Freizügigkeit vergrößert sich die Gefahr, dass der gesamte Welthandel in eine Abwärtsspirale stürzt. Und der Wohlstand Europas und nicht zuletzt Deutschlands beruht auf dem Funktionieren des Freihandels.