Zahl der Notrufleitstellen im Land soll sinken
Innenminister arbeitet an Rettungsdienst-Konzept – Medizinische Fachaufsicht bei Regierungspräsidien
STUTTGART (lsw) - Das badenwürttembergische Innenministerium macht Tempo beim Umbau des Rettungsdienstes. Noch in diesem Jahr sollen vier ärztliche Leiter bei den Regierungspräsidien eingesetzt werden, die die medizinische Fachaufsicht übernehmen, teilte Innenstaatssekretär Martin Jäger (CDU) am Freitag mit. Bislang gebe es so etwas nicht. Seit Jahren wird über den Zustand des Rettungsdiensts diskutiert, weil nicht überall die gesetzlichen Hilfefristen eingehalten werden. Deshalb veranstaltete das Ministerium ein entsprechendes Fachsymposium.
Im Schnitt erreichen die Rettungswagen den Patient den Zahlen des Ministeriums zufolge nach rund sieben Minuten. Aber nicht überall werden die zeitlichen Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes eingehalten. Demnach sollen Notarzt und Rettungswagen in 95 Prozent der Einsätze in höchstens 15 Minuten am Notfallort eintreffen.
Bagatellen belasten Einsatzkräfte
Ressortchef Thomas Strobl (CDU) will den Rettungsdienst neu aufstellen. Überprüft wird unter anderem die Leitstellenstruktur. Ein Sprecher der Krankenkasse AOK sagte, die Zahl der Notrufleitstellen sollte von 33 auf zwölf oder sogar acht reduziert werden. Jede Leitstelle sollte mindestens für eine Million Einwohner zuständig sein. Hermann Schröder, Abteilungsleiter für Bevölkerungsschutz beim Innenministerium, sagte, ein Konzept für die Leitstellen werde gerade erarbeitet.
Strobl spricht sich zudem für eine Trennung von Notfallrettung und Krankentransporten aus. Diese Forderung wird von der AOK unterstützt. Die oppositionelle FDP forderte eine ausreichende Finanzierung der Krankenhaustransporte.
Nach Einschätzung der Fachleute wird der Rettungsdienst immer häufiger wegen Bagatellen gerufen. Die Schätzungen liegen zwischen 20 und mehr als 50 Prozent der Fälle, sagte ein Sprecher vom Deutschen Roten Kreuz. „Wir haben beobachtet, dass die Verunsicherung bei den Patienten in den vergangenen Jahren gewachsen ist, vor allem wenn der Hausarzt nicht zu erreichen ist.“Notfallmediziner Matthias Helm vom Bundeswehrkrankenhaus in Ulm sagte: „Wenn heute einer hinfällt und sich den Finger bricht, ruft er gleich den Rettungswagen. Früher wäre man ins Krankenhaus gefahren.“
Nach Ansicht von Helm ist die sogenannte Hilfefrist nicht das Maß aller Dinge. Die Wege seien auch länger geworden. Zum einen gebe es weniger Kliniken, zum anderen nehmen nicht mehr so viele an der Notfallversorgung teil wie früher.