Die Basis hat gesprochen
SPD verkündet Ergebnis des Mitgliedervotums am Sonntag
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BERLIN - Hoffentlich geht das nicht schief: So lässt sich die Stimmungslage unter den SPD-Funktionären beschreiben. Nach außen geben sich die Spitzengenossen zuversichtlich, 60 plus X lautet die Prognose für den Ausgang des Mitgliedervotums über die Große Koalition. Aber kann da wirklich nichts mehr anbrennen? „Mit dem Brexit-Votum und der Trump-Wahl hat auch überhaupt niemand gerechnet. Wir müssen noch abwarten“, will einer aus der Führungsriege am Freitag das Scheitern noch nicht ausschließen.
Die letzten Stimmen mussten bis Freitag, 24 Uhr, im Postfach des Parteivorstandes eingegangen sein. Am heutigen Samstag werden die Briefe mit Lastwagen zur Parteizentrale gebracht, dann wird ausgezählt. Am Sonntag um 9 Uhr tritt Schatzmeister Dietmar Nietan im Willy-BrandtHaus vor die Kameras und verkündet das Ergebnis. Dann entscheidet sich, ob Deutschland nach mehr als einem halben Jahr wieder eine Regierung bekommt.
Parteivize Thorsten SchäferGümbel warnt am Freitag ein letztes Mal: Ein Nein der Basis bedeute Neuwahlen – und damit den Absturz der Partei. Zwischenzeitlich hatte die AfD in Umfragen die SPD schon überholt, die Abstrafung durch die Wählerinnen und Wähler wäre gewiss. Das könnte auch die gerade neu installierte Parteiführung fortfegen. Die SPD dürfe sich „nicht in die Studierstube zurückziehen und das Land in der Zwischenzeit im Stich lassen“, mahnt Außenminister Sigmar Gabriel.
Im No-GroKo-Szenario wäre aber nicht nur die SPD der Verlierer, auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stünde ein halbes Jahr nach der Wahl vor einem politischen Trümmerhaufen. Eine von ihr geführte Minderheitsregierung hätte nur ein wackeliges Fundament. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würde wohl versuchen, Neuwahlen zu verhindern und die Parteien abermals aufrufen, eine Regierung zu bilden. Aber auch für CSU-Chef Horst Seehofer ist klar: GroKo oder Neuwahlen – alles andere mache auf Dauer keinen Sinn.
Nach den Chaos-Tagen und dem Sturz von Martin Schulz hatten sich die Wogen für die SPD ein wenig geglättet. In den Umfragen gibt es eine erste Erholung, der absolute Tiefpunkt scheint zunächst überwunden zu sein. „Die SPD mit Andrea Nahles an der Spitze findet sich und fasst wieder Tritt“, sagt Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, der „Schwäbischen Zeitung“. „Wenn Schwarz-Rot zustande kommt, werden wir eine ordentliche Regierungsarbeit abliefern, die gut für das Land ist.“
Sollte die Basis grünes Licht geben, kommt auf Nahles und den kommissarischen Parteichef Olaf Scholz die knifflige Aufgabe zu, mit der Auswahl der Ministerriege die vielen Befindlichkeiten zu bedienen und die Versprechen einzuhalten: 50 Prozent Frauen und ein Gesicht aus den neuen Bundesländern müssten Nahles und Scholz auf ihrer Liste haben – und klären, ob Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) noch eine Zukunft im Kabinett hat.