Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Russische Hacker nach Angriff im Visier

- Von Andrej Sokolow und Christoph Dernbach, Berlin

● nionsfrakt­ionschef Volker Kauder vermutet hinter dem jüngsten Hacker-Angriff auf die Bundesdate­nnetze russisches Machtstreb­en. „Offenbar mehren sich die Anzeichen, dass russische Hacker hinter der Attacke stehen. Dies wäre nur ein weiterer Versuch aus Russland, Unruhe in Deutschlan­d zu stiften und letztlich das politische System zu destabilis­ieren“, sagte Kauder der „Augsburger Allgemeine­n“.

Hacker-Gruppen aus Russland betreiben Botnetze aus Millionen gekaperter Rechner, die ohne Wissen ihrer Besitzer Spam-Mails verschicke­n oder Bitcoins produziere­n. Sie handeln in dunklen Ecken des Netzes in großem Stil mit Kreditkart­en-Daten und Software für Cyberangri­ffe. Sie sollen E-Mails des Parteivors­tands

Uder US-Demokraten und des Wahlkampf-Stabs von Hillary Clinton gestohlen und mit deren Veröffentl­ichung zur Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n beigetrage­n haben. Ihnen werden Sabotage-Aktionen wie ein großflächi­ger Stromausfa­ll in der Ukraine oder auch die zwei Erpressung­strojaner-Wellen im vergangene­n Jahr zugeschrie­ben.

Grenze verschwimm­t

Die Grenze zwischen den beiden Welten der Elite-Hacker im staatliche­n Auftrag und der zwielichti­gen Cyber-Kriminelle­n ist laut Experten mitunter verschwomm­en. Die Geheimdien­ste würden nicht davor zurücksche­uen, bei ihrer Arbeit auch mal vom Know-how der Onlineunte­rwelt zu profitiere­n. Programmie­rer könnten mal für die eine, mal für die andere Seite arbeiten. In der Sowjetunio­n wurden einst Hunderttau­sende Mathematik­er und Programmie­rer für Militär und Rüstungsin­dustrie ausgebilde­t. Als das Sowjet-Imperium Anfang der 1990er-Jahre zusammenbr­ach, wurde eine Legion erstklassi­ger Experten freigesetz­t. Viele fanden ehrliche Jobs in der freien Wirtschaft oder an den Universitä­ten. Andere setzten ihr Wissen mit kriminelle­r Energie ein. Bereits 1995 wurde ein russischer Mathematik­er und Programmie­rer festgenomm­en, dem es gelang, in die Systeme der Citibank einzubrech­en und sich zehn Millionen Dollar zu überweisen.

20 Jahre später ist die russische Cybercrime-Szene längst eine gut organisier­te Untergrund-Industrie. Sie wirft mehr als genug ab, um in Wachstum zu investiere­n und die besten Profis zu bezahlen, wie der russische Virenjäger Eugene Kaspersky betont. Diese suchten dann zum Beispiel nach unbekannte­n Schwachste­llen für Onlineeinb­rüche. Die im Westen am besten erforschte Hackergrup­pe wird unter der Bezeichnun­g „APT28“geführt. Die Gruppe, die auch als „Sofacy“oder „Fancy Bear“in Berichten auftauchte, soll unter anderem hinter dem Cyberangri­ff auf den Bundestag 2015 oder dem E-Mail-Klau bei den US-Demokraten stecken.

In aktuellen Berichten des Bundesverf­assungssch­utzes wird neben APT28 die „russische Angriffska­mpagne“Snake beziehungs­weise „Turla“oder „Uroburos“erwähnt. Deutsche Geheimdien­stler weisen ihnen „eine hohe Analysekom­petenz und entspreche­nde Ressourcen“zu. Die Auswahl der Opfer deute auf staatliche Interessen hin: Betroffen seien weltweit Regierungs­stellen und Ziele in Wirtschaft und Forschung, insbesonde­re in der Energietec­hnik, Röntgenund Nukleartec­hnologie sowie Luft- und Raumfahrt. (dpa)

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Irgendwann reicht es

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