Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Frauenpowe­r und Fantasy

Mit Spannung wartet Hollywood auf die Oscar-Nacht

- Von Barbara Munker

LOS ANGELES (dpa) - In der Nacht von Sonntag auf Montag werden in Los Angeles die Oscars vergeben. Den Ablauf der 90. Gala hält die Filmakadem­ie geheim. Doch einige Gäste wurden vorab verraten: „Wonder Woman“Gal Gadot wird Trophäen aushändige­n. Auch die chilenisch­e Transgende­r-Schauspiel­erin Daniela Vega, „Lady Bird“-Regisseuri­n Greta Gerwig, „Black Panther“-Star Chadwick Boseman und seine afroamerik­anischen Kollegen Viola Davis und Mahershala Ali werden auf der Bühne stehen.

Fehlen wird Casey Affleck. Als Oscar-Preisträge­r des vergangene­n Jahres würde der Schauspiel­er traditione­ll die neue beste Hauptdarst­ellerin küren. Doch der „Manchester by the Sea“-Star, dem zwei frühere Arbeitskol­leginnen sexuelle Belästigun­g vorgeworfe­n haben, will der OscarGala fernbleibe­n.

Das 90. Oscar-Jubiläum steht im Zeichen von Vielfalt, Frauenpowe­r, der #MeToo-Bewegung und dem Ruf nach Gleichstel­lung. Die Golden-Globe-Gala und die Baftas haben es vorgemacht. Die Globe-Verleihung im

Januar war eine leidenscha­ftliche Kampfansag­e an Sexismus, Missbrauch und Benachteil­igung.

Der Schlachtru­f

„Time's Up“(Die Zeit ist um) wurde zum Slogan der Show, die Preise gingen an Filme mit starken Frauenroll­en und einer politische­n Botschaft. Statt Farbe und Glitter trugen die Promis Schwarz, solidarisc­h als Protest gegen Missbrauch.

Es dürfte spannend werden, wenn der bissige US-Komiker Jimmy Kimmel in der Oscar-Nacht zum zweiten Mal den Ton angibt und das liberale Amerika vor einem Millionenp­ublikum im Rampenlich­t steht.

Favorit „Shape of Water“

Vor einem Jahr räumte das nostalgisc­he Musical „La La Land“sechs Trophäen ab, auch für Emma Stone in der Hauptrolle einer aufstreben­den Schauspiel­erin. Jetzt ist Frances McDormand als taffe Mutter, die nach der Ermordung ihrer Tochter für Gerechtigk­eit kämpft, die Favoritin. Die Tragikomöd­ie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“von Martin McDonagh ist siebenfach nominiert, auch als bester Film.

Der Auftritt in der Rolle der Power-Frau Katharine Graham brachte Meryl Streep ihre 21. Oscar-Nominierun­g ein. In Steven Spielbergs Politfilm „Die Verlegerin“spielt sie die frühere Herausgebe­rin der „Washington Post“. Mit-Konkurrent­in ist Sally Hawkins, die sich in „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“als Putzfrau in einem Forschungs­labor in ein Wasserwese­n verliebt.

Das fantasievo­lle Märchen des Mexikaners Guillermo del Toro, in dem gesellscha­ftliche Außenseite­r eine berührende Liebe vorleben, ist mit 13 Nominierun­gen zahlenmäßi­g der Spitzenrei­ter. Chancen auf den Regie-Oscar haben auch Christophe­r Nolan mit dem achtfach nominierte­n Kriegsdram­a „Dunkirk“und der Afroamerik­aner Jordan Peele mit dem sozialkrit­ischen Gruselstre­ifen „Get Out“.

Doch die Regie-Sparte bei den Oscars ist diesmal keine reine Männersach­e. Die US-Schauspiel­erin Greta Gerwig (34), die die Tragikomöd­ie „Lady Bird“über eine rebellisch­e Studentin inszeniert­e, geht als erst fünfte Frau für den Regiepreis ins Rennen. Bislang ist Kathryn Bigelow („Tödliches Kommando – The Hurt Locker“, 2010) die einzige Oscar-prämierte Regisseuri­n.

Schon vor der Oscar-Nacht schreibt die Amerikaner­in Rachel Morrison Geschichte, als erste Frau, die jemals in der Sparte „Beste Kamera“nominiert wurde. „Wir sind nicht mehr zu stoppen“, jubelte die 39-Jährige im Interview des „Hollywood Reporter“. Gefilmt hat sie das Südstaaten­drama „Mudbound“, unter der Regie der schwarzen Filmemache­rin Dee Rees.

Noch vor zwei Jahren stand mit dem TwitterHas­htag #OscarsSoWh­ite die mangelnde Vielfalt der Nominierte­n am Pranger – 2015 und 2016 hatten es keine Schwarzen in die Schauspiel­kategorien geschafft. Nun ringen die Afroamerik­aner Denzel Washington („Roman J. Israel, Esq.“) und Daniel Kaluuya („Get Out“) um den Preis als bester Hauptdarst­eller, neben Gary Oldman („Churchill – Die dunkelste Stunde“), Daniel Day-Lewis („Der seidene Faden“) und Timothée Chalamet („Call Me by Your Name“). Octavia Spencer („Shape of Water“) und die Sängerin Mary J. Blige als schwarze Farmersfra­u in „Mudbound“sind Anwärterin­nen für den Nebenrolle­n-Oscar.

Für die deutsche Schauspiel­erin Diane Kruger und Regisseur Fatih Akin waren nach dem Golden-GlobeTrium­ph die Oscar-Träume schon im Januar zerplatzt. Das NSU-Drama „Aus dem Nichts“kam nicht in die Oscar-Endrunde. Doch andere deutsche Filmschaff­ende sind im Rennen: Regisseuri­n Katja Benrath mit „Watu Wote/All of us“in der Kategorie „Live-Action-Kurzfilm“, Jakob Schuh und Jan Lachauer mit „Revolting Rhymes“(„Es war einmal …nach Roald Dahl“) in der Sparte „Animierter Kurzfilm“.

Die Filmmusik für „Dunkirk“brachte Star-Komponist Hans Zimmer seine elfte Nominierun­g ein. Für den Potsdamer Special-Effects-Spezialist­en Gerd Nefzer ist es dagegen der erste Oscar-Auftritt. Der 52-Jährige ist mit seinem Team für den Film „Blade Runner 2049“in der Kategorie visuelle Effekte nominiert.

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