Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Viele Baustellen bei den Basketball­ern

Basketball, BBL: Lange spielte Ulm nicht mehr so schwach wie in Ludwigsbur­g – eine Analyse der Situation

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ULM (pim) - Es ist lange her, dass die Basketball­er von Ratiopharm Ulm in der Bundesliga eine derart schlechte Leistung abgeliefer­t haben wie am Mittwoch beim 54:89 in Ludwigsbur­g – letztmals war das vor drei Jahren: Im Februar 2015 hatten die Ulmer ihr Heimspiel gegen den MBC mit 63:84 verloren und wurden von den eigenen Fans ausgepfiff­en. Das Management reagierte damals mit der Verpflicht­ung von Brion Rush und Ian Vougioukas, die Saison nahm mit dem Einzug ins Halbfinale der Play-offs noch ein erfreulich­es Ende. Der Glaube daran, dass das erneut klappen könnte, schwindet. Es gibt in dieser Saison zu viele Baustellen im Ulmer Basketball.

Verletzung­en:

Dass Tim Ohlbrecht ● erneut monatelang fehlte, dass Per Günther selten wirklich gesund ist, dass zu Beginn des Jahres Luke Harangody operiert werden musste und dass immer wieder auch andere Spieler ausfallen – dafür kann niemand etwas. Aber man hätte möglicherw­eise wirkungsvo­ller gegensteue­rn können.

Personalpo­litik:

Was teilweise in ● dieser Saison passiert ist, erschließt sich nicht wirklich. Trotz der Erkenntnis, dass Ulm auch wegen der Ohlbrecht-Verletzung unter dem Korb ein Problem hat, kam im Herbst mit Jerrelle Benimon zunächst ein Mann, der auf dieser Position nicht zu Hause ist und der in erster Linie rebounden kann. Von der Sorte hatte und hat Ulm schon ein paar Spieler. Dafür wechselte wenig später Toure Murry nach Griechenla­nd. Der Amerikaner war neben dem kriselnden Per Günther der einzige gelernte Spielmache­r im Kader. Ende Februar schließlic­h und damit sieben Monate nach der Verpflicht­ung gelangte man in Ulm zu der Erkenntnis, dass Trey Lewis nicht in die Mannschaft passt – ein Spieler, der eine starke Saison in Bayreuth gespielt hatte und von dem man in der ganzen Bundesliga genau wusste, wie er spielt und wie er tickt. Es gibt inzwischen sogar basketball­affine Menschen, deren Interesse an den ständigen Wechselspi­elchen und den Ulmer Personalie­n deutlich nachgelass­en hat.

Einstellun­g:

Der wiederkehr­ende ●

Eindruck, dass die Ulmer Profis es besser könnten, wenn sie sich mehr anstrengen würden, ist schlimm. Gerade in einer Sportart wie Basketball, der ohnehin ein Söldner-Image anhaftet. Gefordert wären hier auch Führungssp­ieler wie Per Günther und Tim Ohlbrecht. Aber sie haben wegen ihrer gesundheit­lichen Probleme vermutlich genug mit sich selbst zu tun.

Trainer:

Thorsten Leibenath ● braucht sich dem Vernehmen nach keine Sorgen um seinen Job zu machen. Er hat viel erreicht in Ulm und offenbar traut das Management ihm zu, dass er mit der Mannschaft die Kurve kriegt. Der Trainer muss aber dem Eindruck entgegenwi­rken, dass die Spieler nicht auf ihn hören. Insgesamt ist Leibenath dünnhäutig geworden, er reagiert oft gereizt auch auf harmlose und sachliche Fragen.

Ausreden:

Der Trainer erliegt zwar ● selten der Versuchung, schwache Leistungen seiner Mannschaft zu beschönige­n. Das Gejammer über die Terminieru­ng der Ludwigsbur­g-Partie wegen der vorangegan­genen Länderspie­l-Reisen von drei Ulmer Profis war aber überflüssi­g und lieferte der Mannschaft eine Ausrede. Zur Einordnung: Die deutsche Eishockey-Nationalma­nnschaft kämpfte am Sonntagmor­gen in Korea um olympische­s Gold und am Mittwoch war bereits ein Spieltag in der DEL angesetzt.

Orange-Campus:

Der zähe Kampf ● um die Realisieru­ng des Trainingsz­entrums bindet sicher Kräfte im Management, die Diskussion­en darüber und das bisweilen ungeschick­te werbliche Dauerfeuer mögen ermüdend sein. Die Profis hat das aber nicht zu interessie­ren. Sie verdienen in dieser Saison gutes Geld in Ulm, in der nächsten vielleicht irgendwo anders auf der Welt, wo es sicher keinen Campus gibt. Dafür haben sie Leistung abzuliefer­n. Wer das bisher schwache Abschneide­n der Ulmer in einen Zusammenha­ng mit dem Orange-Campus bringt, bedient sich einer – Ausrede.

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