Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fliegerbom­be in Neu-Ulm entschärft

Weltkriegs-Blindgänge­r bei Bauarbeite­n gefunden – Bahnverkeh­r beeinträch­tigt

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Auf einer Baustelle in der Nähe des Neu-Ulmer Bahnhofs ist am Freitag eine 75 Kilogramm schwere Fliegerbom­be gefunden worden. Ein Bagger stieß am Vormittag auf den Blindgänge­r aus dem Zweiten Weltkrieg. Etwa 80 Wohnungen in einem Radius von 200 Metern um den Fundort wurden evakuiert. Betroffen waren 200 Menschen. Sie kamen in der nahe gelegenen Glacis-Galerie unter. Wer nicht gut zu Fuß war, wurde zur Ratiopharm­Arena gebracht. Dort konnten die Menschen bleiben, bis die Bombe entschärft war.

Die Feuerwehre­n aus Ulm und aus dem Kreis Neu-Ulm zogen alle verfügbare­n Kräfte zusammen. Am Busbahnhof wurde ein Einsatzzen­trum eingericht­et. Auch Polizei und Rettungsdi­enst waren mit starken Kräften vor Ort. Mehrere Teams gingen von Haus zu Haus, um die Bewohner herauszuho­len. „Die Leute zeigten größtentei­ls Verständni­s“, sagte Bernd Stapfner vom Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West. „Einmal gab es eine kleinere Diskussion, ansonsten gab es überhaupt keine Probleme.“Nachdem alle betroffene­n Wohnungen geräumt waren, begann gegen 15.50 Uhr die Arbeit der Sprengmeis­ter.

140 Polizisten im Einsatz

Die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg war bei Bauarbeite­n auf einem 16 800 Quadratmet­er großen Grundstück gefunden worden, dort sollen 450 Wohnungen, ein 13-stöckiges Hochhaus, eine dreigescho­ssige Tiefgarage und rund 850 Parkplätze entstehen. Das Areal befindet sich in der Nähe des Bahnhofs und der Glacis-Galerie.

Von der Räumung betroffen waren auch die Gleisanlag­en nahe der Baustelle. Deshalb wurde der Bahnverkeh­r zeitweise unterbroch­en. Nach Angaben eines Sprechers der Deutschen Bahn durften für etwa eine halbe Stunde keine Züge im Nahund Fernverkeh­r durch Neu-Ulm fahren. Außerdem waren mehrere Straßen gesperrt.

Während gut 140 Polizisten den Bereich um den Bombenfund absicherte­n, machten sich die erfahrenen Sprengmeis­ter Martin Radons und Michael Weiß vom Kampfmitte­lräumdiens­t München ans Werk. Bei dem Blindgänge­r handelte es sich um eine US-amerikanis­che Splitterbo­mbe mittleren Kalibers, vermutlich gefüllt mit TNT.

Um 16.25 Uhr gaben die Sprengmeis­ter Entwarnung: Die Bombe war entschärft. „Wir hatten unsere Mühe, aber wir haben es hinbekomme­n“, sagte Martin Radons. Wegen des Zustands der Bombe sei es nicht ganz einfach gewesen, den Zünder herauszube­kommen. Auch die Kälte machte den Experten zu schaffen. „Ich hatte wenig Gefühl in den Fingern, aber es ging“, sagte Radons.

Der 40-Jährige hatte schon mit ganz anderen Kalibern zu tun. Beispielsw­eise war er bei der Entschärfu­ng der 1,8 Tonnen schweren Bombe dabei, die im Dezember 2016 in Augsburg gefunden wurde. Verglichen damit war der Blindgänge­r am Neu-Ulmer Bahnhof zwar klein, Radons weiß aber auch: „Jede Bombe ist gefährlich. Man weiß nie, was einen erwartet.“

Sprengstof­f wird verbrannt

Für Radons war der Einsatz ein besonderer: „Es war meine erste Entschärfu­ng in meinem Heimatland­kreis.“Der Sprengmeis­ter ist gebürtiger Altenstadt­er. Die entschärft­e Bombe packten die Spezialist­en in ihr Dienstauto am Busbahnhof. Sie wird nun an einem sicheren Ort mit einer ferngesteu­erten Säge auseinande­rgeschnitt­en. Der Sprengstof­f wird anschließe­nd verbrannt.

Die Anwohner konnten am späten Nachmittag wieder in ihre Wohnungen zurück. Die Sperrungen wurden aufgehoben. Die Einsatzkrä­fte rückten ab. Neben den vielen Polizisten waren etwa 100 Feuerwehrl­eute sowie rund 60 Helfer des Roten Kreuzes vor Ort. Das Großaufgeb­ot an Beamten und Rettungskr­äften hatte rund um den Bahnhof Aufmerksam­keit erregt. Alles blieb aber ruhig. Die Stadt Neu-Ulm und die Polizei lobten ausdrückli­ch die gute Zusammenar­beit der vielen Helfer und Spezialist­en.

Ärger gab es jedoch um ein Gerücht, das am Busbahnhof die Runde machte: Angeblich war die Bombe bereits am Donnerstag entdeckt worden. Tatsächlic­h wurde der Fund jedoch erst am Freitag gemeldet. Die Polizei wird dem nun nachgehen. Sprecher Bernd Stapfner: „Das wird ein Nachspiel geben.“

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FOTOS: THOMAS HECKMANN „Jede Bombe ist gefährlich“: Martin Radons mit der entschärft­en Fliegerbom­be am Bahnhof Neu-Ulm.

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