Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Überfliege­r mit Fußballerg­enen

Mateusz Przybylko holt bei der Hallen-WM Bronze, Richard Ringer wird disqualifi­ziert

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BIRMINGHAM (dpa/SID) - Noch mit der Bronzemeda­ille in der Hand schwebte Hochsprung-Held Mateusz Przybylko schon in höheren Sphären. „Ja, den deutschen Rekord will ich mir jetzt holen. Wann, das ist egal. Ich bin ja noch jung“, sagte der 25-Jährige, kurz nachdem er bei der Hallen-WM in Birmingham überrasche­nd den Sprung aufs Podest geschafft hatte. „Wahnsinn! Hammer! Heute ist mein Tag.“Der Leichtathl­et von Bayer Leverkusen wird sein Glück wohl erst richtig fassen können, wenn er am Samstag wieder zu Hause ist.

2,29 Meter hatte Przybylko in der Arena überquert. Seine Gedanken flogen aber schon acht Zentimeter höher: Den über 33 Jahre alten deutschen Freiluft-Rekord des Kölners Carlo Thränhardt, der 1984 in Rieti 2,37 Meter meisterte, will er sich irgendwann mal schnappen. „Ja, so sieht's aus“, sagte er nach seinem Bronze-Coup in der Arena Birmingham. Seine Körpergröß­e würde er dann gleich um 42 Zentimeter überspring­en.

Sein Vorbild auf dem erhofften Weg zum Rekord ist nicht nur Thränhardt, sondern auch Disziplin-Kollege Eike Onnen, der frühere deutsche Serienmeis­ter aus Hannover. „Eike wird ja bald 36 – naja, so lange will ich vielleicht nicht machen“, sagte Przybylko grinsend. Im Stadion hat er immerhin schon 2,35 Meter geschafft.

Seine zwei Wochen junge Hallenbest­leistung verpasste er im WM-Finale um einen Zentimeter. Doch 2,29 Meter reichten für eine Medaille, stolz und glücklich war er. Nach 29 Jahren hat ein deutscher Hochspring­er wieder Edelmetall bei einer Hallen-WM erkämpft – zuletzt schaffte das Dietmar Mögenburg: 1989 in Budapest waren seine 2,35 Meter Silber wert.

Für Przybylko, den Schützling von Trainer Hans-Jörg Thomaskamp, ist die Hallensais­on nun gelaufen. Aber er weiß: Erst bei der Freiluft-EM im Sommer wird abgerechne­t. Auch für Przybylko zählt nur das Heimspiel Mitte August im Berliner Olympiasta­dion. „Bis dahin wollen wir noch an Details arbeiten und uns verbessern.“

Przybylko hat polnische Eltern, seine Mutter war Leichtathl­etin, sein Vater Fußballer, sein jüngerer Bruder Kacper ist Fußballpro­fi beim 1. FC Kaiserslau­tern. „Ein bisschen Pole bin ich schon“, sagt er lachend. „Aber ich bin in Deutschlan­d geboren, und ich bin froh, dass ich für Deutschlan­d eine Medaille geholt habe.“Die schmucke Bronze-Plakette wollte der gebürtige Bielefelde­r am Abend gar nicht mehr hergeben, die hielt er fest. „Die wollten meinen Namen da eingravier­en, aber da hätte ich sie ja abgeben müssen, und das hätte bis Samstag gedauert“, erzählte Przybylko. „Da will ich doch schon nach Hause.“

Nach Hause nach Meersburg muss auch wieder der gebürtige Überlinger Richard Ringer, der sich nach seinem vierten Platz im 3000-Meter-Vorlauf – der 29-jährige EM-Dritte war stets mit an der Spitze gelaufen – bereits im Finale wähnte, dann aber wegen einer Behinderun­g disqualifi­ziert wurde. Wegen Verlassens der Bahn ereilte dieses Schicksal drei weitere Rivalen aus seinem Lauf. Ein Protest des DLV wurde abgelehnt. Dagegen rannte der Münchner Clemens Bleistein überrasche­nd ins Finale.

Kazmirek auf Medaillenk­urs

Siebenkämp­fer Kai Kazmirek ist bei nach vier Diszipline­n Vierter und hat noch beste Medaillenc­hancen. Der 27Jährige von der LG Rhein-Wied sammelte 3422 Punkte und lag damit nur 14 Zähler hinter dem Esten Maicel Uibo. Favorit Kevin Mayer aus Frankreich führte nach den 60 Metern, dem Weitsprung, Kugelstoße­n und Hochsprung mit 3536 Zählern vor dem Kanadier Damian Warner (3491). Die Entscheidu­ng fällt am Samstagabe­nd. Sprinterin Tatjana Pinto verpasste ihren Medaillent­raum. Die 25 Jahre junge deutsche Meisterin wurde über 60 Meter in 7,18 Sekunden nur HalbfinalV­ierte und verpasste den Endlauf.

Tags zuvor war Lauf-Hoffnung Konstanze Klosterhal­fen aus Leverkusen in einem hochklassi­gen Feld über 3000 Meter in 8:51,79 Minuten nur Siebte geworden. Gold ging an Titelverte­idigerin und Weltrekord­lerin Genzebe Dibaba aus Äthiopien in 8:45,05. Hürdenspri­nterin Cindy Roleder steht im Halbfinale. Die Europameis­terin aus Halle lief in 7,97 Sekunden die siebtbeste Zeit.

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FOTO: DPA Perfekte Haltungsno­ten: Mateusz Przybylko nähert sich der absoluten Weltspitze.

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