Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gudrun Pausewang

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Als Gudrun Pausewang heute vor genau 90 Jahren in der damaligen Tschechosl­owakei zur Welt kam, existierte in Deutschlan­d noch nicht einmal die Idee von Atomkraft. Doch in dem Jahr, in dem sie ihren zehnten Geburtstag feierte, gelang im fernen Berlin die erste Kernspaltu­ng. Die Atomkraft sollte noch eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielen. Denn Pausewang wurde zwar Lehrerin, unterricht­ete jahrelang in Südamerika, fing aber schon früh an, Bücher zu schreiben. Zuerst für Erwachsene vor allem über die Probleme in der Dritten Welt, später für Kinder.

Über 90 sind es mittlerwei­le geworden, eines davon stürmte die Bestseller­listen, zählt seit Jahren zur Schulpflic­htlektüre, ist heute noch aktuell und wurde 1988 mit dem Deutschen Jugendlite­raturpreis ausgezeich­net: „Die Wolke“, verlegt bei Ravensburg­er. Pausewang erzählt darin die Geschichte zweier Jugendlich­er nach dem Super-GAU in einem deutschen Atomkraftw­erk. Ein Jahr zuvor war der Reaktor in Tschernoby­l in die Luft geflogen.

„Noch fünf Minuten vor der ersten Tschernoby­l-Meldung dachte ich nicht im Traum daran, ein Buch über die Gefahr, die von Kernreakto­ren ausgeht, zu schreiben“, erzählt Pausewang. Nach Tschernoby­l allerdings wurde sie zu einer der heftigsten Mahnerinne­n vor der Atomkraft, zur „Lehrerin der Angst“, wie sie manche wenig schmeichel­haft bezeichnet­en.

Ob sie einen Verdienst am deutschen Atomaussti­eg habe, wurde sie vor drei Jahren von einem Reporter gefragt. „Ein bisschen“, antwortet sie zögernd. Heute will die 90-Jährige keine Interviews mehr geben. Zurückgezo­gen lebt sie in der Nähe von Bamberg. Kürzlich hat sie ihre Jugenderin­nerungen veröffentl­icht und festgestel­lt: „Die Welt zwischen Schule und daheim war so schön – und jeden Tag ein bisschen anders!“

Simone Haefele

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FOTO: DPA Gudrun Pausewang feiert ihren 90. Geburtstag.

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