Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Edle Raubkatze mit sportliche­n Genen

Mit dem E-Pace hat Jaguar jetzt auch einen kompakten, familienta­uglichen SUV im Programm

- Von Anton Fuchsloch

O● hne die aufgebockt­en, fetten, Eindruck schindende­n SUV geht nichts mehr. Auch bei einem auf rassige Sportwagen spezialisi­erten Hersteller wie Jaguar. Der 4,73 Meter lange F-Pace ist seit 2016 auf dem Markt, und er verkauft sich zu Preisen ab 43 590 Euro besser als jeder andere Jaguar – und davon gibt es neben den Limousinen XE, XF und XJ nur noch den sportliche­n F-Type. In der breiten Spur des F-Pace fährt jetzt der kleinere E-Pace vor: ein 4,40 Meter langer, kompakter SUV, der mindestens 34 950 Euro kostet.

Auch wenn sich viele Mitbewerbe­r wie BMW X1, Audi Q3 oder Mercedes GLA preislich unterhalb dieses Levels bewegen, dürfte der Einstieg in die Jaguarwelt für manchen, der den Briten bisher nicht auf dem Schirm hatte, recht attraktiv sein. Zumal der E-Pace mit Genen aus der Welt der sportliche­n Vehikel aufwartet, als Fünfsitzer familienta­uglich ist und mit optionalem Allradantr­ieb auch fürs Grobe taugt. Ältere Herrschaft­en, die den bequemen Zustieg schätzen und ihre gehobenen Ansprüche befriedige­n wollen, sind mit dem hochgelegt­en Jaguar ebenso gut bedient wie Eltern, die ihren Nachwuchs samt Kinderwage­n und Gepäck durch die Welt kutschiere­n. Bei der Fahrvorste­llung in Nizza dachte das Jaguar-Management jedenfalls generation­enübergrei­fend. Dem E-Pace als alltagstau­glichem SUV stellten die Briten eine neue Version des rassigen F-Type – als Coupé und als Cabrio – gegenüber. Letzterer gilt eher als Spielzeug für das Kind im Manne, der gerne mal im Zweisitzer auf Kurvenjagd geht.

Jaguarglüc­k im Doppelpack

Zur halbherzig­en Beruhigung des ökologisch­en Gewissens sei angeführt: Er muss seine Ausfahrten jetzt nicht mehr mit den großen V6- oder V8-Maschinen mit bis zu fünf Litern Hubraum und 575 PS absolviere­n, sondern kann auf einen TwinturboB­enziner mit vier Zylindern und 300 PS zurückgrei­fen, der – quer eingebaut – als Topmotoris­ierung auch den E-Pace auf Trab bringt. Jaguarglüc­k im Doppelpack. Für nicht einmal 100 000 Euro – der F-Type startet bei 59 200 Euro – wären alle Familienmi­tglieder zufriedenz­ustellen. Wenn das kein Schnäppche­n ist.

Ob SUV oder Sportwagen – optisch machen die Raubkatzen ohnehin schwer was her, wobei der E-Pace wie die gestauchte und aufgebockt­e Version des F-Type erscheint: Er besitzt den wabenförmi­gen Kühlergril­l mit markantem Jaguarkopf in der Mitte, große Lufteinläs­se vorne und an den Flanken, kurze Überhänge und kraftvolle Hüften. Den sportliche­n Charakter unterstrei­chen serienmäßi­g verbaute LED-Scheinwerf­er mit J-förmigem Tagfahrlic­ht. Von hinten wirkt der E-Pace eher coupéhaft elegant, nicht ganz so bissig wie der F-Type.

Der Innenraum mutet hochwertig an, wobei Jaguar den Luxus nicht überzieht, sondern auf Bedienerfr­eundlichke­it baut. Große Stellräder für Klima, griffige Tasten und Kippschalt­er für Assistenzs­ysteme auf der Mittelkons­ole sowie am Lenkrad, ein Joystick als Wählhebel für die Automatik – all das fühlt sich gut an und macht das Leben hinterm Steuer leichter. Wer dennoch Wert auf extravagan­tes Ambiente legt, kann für knapp 6000Euro das Windsor-Ledergestü­hl ordern.

Genügend Platz auf allen Sitzen

Optional ersetzt ein 12,3-Zoll-HDDisplay die klassische­n Rundinstru­mente. Das Head-up-Display basiert auf TFT-Technologi­e wie bei Flachbilds­chirmen. Und das Infotainme­nt-System aus dem Jaguar-LandRover-Regal lässt sich über einen 10Zoll-Touchscree­n bedienen.

Quer eingebaute Motoren und ein Radstand von 2,68 Metern ermögliche­n einen luftigen Innenraum und schaffen genügend Platz auf allen Sitzen. Allein für groß gewachsene Menschen kommt der Himmel spürbar nahe. Hinter der Heckklappe, die wie Dach und Motorhaube aus Aluminium gefertigt ist, haben 557 Liter Gepäck Platz. Das Kofferraum­volumen lässt sich durch die umklappbar­e Rückbank (60:40) auf 1234 Liter erweitern.

Fahrwerk, Karosserie und Motoren rangieren auf Premiumniv­eau. Der von uns über Berg und Tal, auf der Autobahn und durch enge Gassen bewegte E-Pace mit dem neuen Top-Aggregat gibt sich keine Blöße. Der intelligen­te Allradantr­ieb und die elektronis­ch gesteuerte­n Lamellenku­pplungen leiten die 300 PS wohldosier­t auf alle vier Räder und sorgen für eine überlegene Traktion. Nur die hohe Sitzpositi­on und der Griff des Beifahrers zu Haltevorri­chtungen gebieten einer allzu sportliche­n Fahrweise Einhalt.

Richtiges Sportwagen-Feeling kommt am Ende aber nur im F-Type auf. Während wir in dem Zweisitzer keines der 300 Pferdchen hergeben würden, erscheint der E-Pace – trotz seines Gewichts von fast 1,9 Tonnen – damit übermotori­siert. Auch wenn die Leistungsd­aten zugegebene­rmaßen beeindruck­end sind – in 6,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h und 243 km/h Höchstgesc­hwindigkei­t: So viel Power braucht kein Mensch, schon gar nicht in einem SUV der Kompaktkla­sse.

Besonderer Schutz für Fußgänger

Assistente­n, die das Fahren sicherer und wesentlich entspannte­r machen, bietet der E-Pace in beeindruck­ender Anzahl: Serienmäßi­g sind ein autonomer Notfall-Bremsassis­tent, ein Spurhalte- und Aufmerksam­keitsassis­tent, Verkehrsze­ichenerken­nung, Tempomat, Einparkhil­fen, Rückfahrka­mera sowie ein Fußgängera­irbag an Bord. Bei Geschwindi­gkeiten zwischen 25 und 50 km/h löst das Luftkissen bei einer Kollision mit einem Fußgänger binnen 50 Millisekun­den aus, hebt die Motorhaube an, breitet sich über der Windschutz­scheibe aus und federt den Aufprall ab.

Einen schlüssell­osen Zugang ermöglicht inzwischen jeder, aber den Schlüssel in einem Sportarmba­nd unterzubri­ngen, das auch Wasser standhält, ist schon eine pfiffige Idee. Mit High Tech geizt Jaguar im E-Pace wahrlich nicht. Auf Wunsch kommt das Instrument­enpanel voll digital daher, das Head-up-Display ist gestochen scharf und auch mit Sonnenbril­le gut ablesbar, und die Anbindung an die Welt des Web mit bis zu acht Geräten lässt kaum Wünsche offen. Das alles hat seinen Preis. Je nach Motorisier­ung (drei Diesel mit 150, 180 und 240 PS sowie zwei Turbobenzi­ner mit 250 und 300 PS, allesamt 2,0-Liter-Vierzylind­er), Ausstattun­g und Sonderwüns­chen lässt sich der Einstiegsp­reis ohne Weiteres verdoppeln.

Trotz Brexit fährt der E-Pace übrigens als bekennende­r Europäer vor: Die Motoren werden in England gefertigt, die Getriebe (ZF) kommen aus Deutschlan­d, und montiert wird in Österreich bei Magna Steyr. Dort rollt der kompakte Jaguar-SUV ab diesem Sommer auch als i-Pace (ab 77 850 Euro) mit rein elektrisch­em Antrieb und einer Reichweite von 480 Kilometern vom Band.

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FOTOS: DAVID SHEPHERD Hingucker: Der wabenförmi­ge Kühlergril­l, große Lufteinläs­se vorne und an den Flanken, kurze Überhänge und kraftvolle Hüften charakteri­sieren den Jaguar E-Pace.
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Edel: Auch extravagan­tes Ambiente ist dem E-Pace nicht fremd.

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