Proteste in Kandel
Nach Tod von 15-Jähriger demonstrieren 4500 Menschen
KANDEL/MAINZ (epd/dpa) - Rund zwei Monate nach der tödlichen Messerattacke auf ein 15-jähriges Mädchen haben am Samstag im rheinland-pfälzischen Kandel nach Polizeiangaben 4500 Menschen demonstriert. Rechte Gruppen protestierten gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Zugleich riefen Gegendemonstranten zum Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit auf. Als mutmaßlicher Täter der Messerattacke gilt der Ex-Freund des Opfers, ein afghanischer Flüchtling.
Die vier Demonstrationen in Kandel verliefen nach Polizeiangaben bis auf wenige Rangeleien friedlich. Bei einer von der baden-württembergischen AfD-Politikerin Christa Baum initiierten rechtsgerichteten Demonstration wurden die „Schließung der deutschen Grenze“, die „sofortige Abschiebung“aller illegal in Deutschland lebenden Ausländer und der Rücktritt des Verbandsbürgermeisters gefordert.
Gegen rechte Aktionen in der Stadt hat sich vor wenigen Tagen das Netzwerk „Wir sind Kandel“aus Vereinen, Parteien, Kirchengemeinden und Einzelpersonen gebildet. Die Initiatoren wollen nicht zulassen, dass ihre Stadt zu einem „Aufmarschgebiet“von Rechtsextremen wird. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte eine „Null-ToleranzStrategie gegen Gewalt und Menschenfeindlichkeit“angekündigt. „Ich sehe mit Erschrecken, wie hier eine Tat für pauschalen Fremdenhass instrumentalisiert wird“, sagte sie in Mainz. Dreyer zeigte sich dankbar dafür, dass sich mit dem Bündnis „Wir sind Kandel“Menschen vor Ort weiter für ein weltoffenes und tolerantes Land und ein gewaltfreies Miteinander einsetzten.
Auch in Berlin versammelten sich rechtsgerichtete Aktivisten am Samstag zu einer Demonstration. Bei der Kundgebung der Organisation „Wir für Deutschland“mit 350 Teilnehmern seien 15 Menschen vorübergehend festgenommen worden, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und gegen das Versammlungsgesetz sowie wegen Widerstandes gegen Beamte, teilte die Polizei mit.
Mehr als zwei Monate nach dem Tod der 15 Jahre alten Mia kommt der Ort Kandel nicht zur Ruhe. Sie war am 27. Dezember in einem Drogeriemarkt in Kandel erstochen worden. Bereits kurz nach der Tat gab es erste Zweifel am Alter ihres Ex-Freundes, des mutmaßlichen Täters. Die Staatsanwaltschaft ordnete ein medizinisches Gutachten an. Dieses kommt zu dem Schluss, dass der Mann etwa 20 Jahre alt ist. Zuvor galt er als 15-jährig. Er sitzt in Untersuchungshaft.