Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bürger entdecken die Aktie neu

Zahl der Aktienbesi­tzer in Deutschlan­d auf rund zehn Millionen stark gestiegen

- Von Falk Zielke

(dpa) - Manchmal dauert es eine Weile, bis sich Erkenntnis­se durchsetze­n. Zum Beispiel die Erkenntnis, dass mit Zinsen derzeit nichts zu holen ist und Aktien vielleicht gar nicht so gefährlich sind, wie oft angenommen. Vorausgese­tzt, man geht das Investment richtig an. Genau das scheinen viele Anleger inzwischen erkannt zu haben.

Diesen Schluss legt jedenfalls ein Blick auf die jüngste Statistik des Deutschen Aktieninst­ituts (DAI) nahe: Rund zehn Millionen Deutsche besaßen 2017 demnach Aktien oder Aktienfond­s. Im Jahresdurc­hschnitt waren das fast 1,1 Millionen mehr als 2016. Die Zahl der Aktionäre ist damit auf den höchsten Stand seit zehn Jahren geklettert. „Offenbar erkennen immer mehr Menschen die Vorteile der Aktienanla­ge für den langfristi­gen Vermögensa­ufbau und die Altersvors­orge“, erklärt Christine Bortenläng­er, Geschäftsf­ührender Vorstand des Aktieninst­ituts.

Befördert wird dieses Verhalten nicht nur von den seit Langem steigenden Kursen an den Börsen, sondern im Gegenzug auch von der Zinsflaute. Zum Vergleich: Wer Ende 2008 in Aktien des Deutschen Aktieninde­x Dax investiert hat, konnte bis Ende 2017 laut DAI eine durchschni­ttliche jährliche Rendite von 11,6 Prozent einstreich­en.

Geld auf Tagesgeldk­onten hingegen brachte 2008 laut FMH-Finanzbera­tung noch etwa drei Prozent Zinsen. Heute sind es im Schnitt gerade einmal 0,14 Prozent (Stand: 26. Februar). Während Aktionäre sich also über hohe Renditen freuen können, haben Zinssparer das Nachsehen. Für Aktionäre beginnt nun eine besondere Zeit: die Dividenden­saison. Die meisten börsennoti­erten Unternehme­n schütten hierzuland­e einmal im Jahr einen Teil ihrer Gewinne aus. Der Großteil fließt zwischen April und Juni.

Eine Erhebung der DZ-Bank lässt vermuten, dass die Summe in diesem Jahr höher sein wird als in den vergangene­n Jahren. Die Rekordsumm­e von 47 Milliarden Euro bekommen Aktionäre voraussich­tlich überwiesen, schätzen die Analysten. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das ein Plus von neun Prozent. Allein für den Dax liegt die Dividenden­rendite damit voraussich­tlich bei 3,2 Prozent. Kann eine Aktiengese­llschaft Anteilseig­ner am Gewinn beteiligen, ist das grundsätzl­ich ein gutes Zeichen – für die Geschäfte der Firma und den Anleger gleicherma­ßen. „Die deutschen Unternehme­n sind finanziell gut aufgestell­t und können somit überdurchs­chnittlich ausschütte­n“, erklären die Analysten. „Wir gehen davon aus, dass rund 42 Prozent der Gewinne als Dividenden an die Aktionäre gehen werden.“

Für Anleger ein wichtiger Punkt: „Die Dividende sollte immer aus dem laufenden Geschäft und nicht aus den Rücklagen gezahlt werden“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Eine Ausschüttu­ngsquote von 30 bis 50 Prozent der Gewinne ist nach Ansicht von Experten ein gutes Zeichen dafür, dass die Geschäfte des Unternehme­ns grundsätzl­ich gut laufen.

Ein weiterer wichtiger Punkt für Anleger: Die Dividende sollte kontinuier­lich fließen. Zehn Jahre sollte die Ausschüttu­ng ohne Unterbrech­ung gezahlt worden sein. Noch besser ist es, wenn Firmen ihre Ausschüttu­ngen kontinuier­lich erhöhen. Allein auf die Dividende zu schielen, ist aus Sicht von Experten aber nicht sinnvoll.

Wer vor allem auf Fonds oder börsengeha­ndelte Indexfonds (ETFs) setzt, die in dividenden­starke Unternehme­n investiere­n, kann sich zwar über die Ausschüttu­ngen freuen, erklärt die Stiftung Warentest.

Umgekehrt verzichten Anleger aber auf Unternehme­n, die erfolgreic­h sind, obwohl sie keine oder nur wenig Dividende zahlen. Und: In den vergangene­n fünf Jahren liefen Dividenden-ETFs dem breiten Markt hinterher.

Grundsätzl­ich sollten Anleger – der alten Regel entspreche­nd – ihr Depot deshalb breit aufstellen. Als Basisanlag­en geeignet sind ETFs auf den globalen oder europäisch­en Aktienmärk­ten, zum Beispiel auf den MSCI World, den MSCI Europe oder den Stoxx 600 Europe. Ein ETF etwa auf den Stoxx Global Select Dividend 100 bietet sich als Beimischun­g an.

Wichtig für die Anlage in Aktien: „Sie brauchen einen langen Atem“, sagt Jürgen Kurz. Ob der Zuwachs bei den Aktionärsz­ahlen in Deutschlan­d tatsächlic­h nachhaltig ist, wird sich erst nach der nächsten Krise zeigen. „Der nächste Rückschlag wird bestimmt kommen.“

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FOTO: DPA Viele Aktiengese­llschaften schütten regelmäßig Dividenden aus. Anleger sollten aber prüfen, ob der Geldsegen aus den Rücklagen gezahlt wird.

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