Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ulmer Oratorium ist an keinen bestimmten Ort gebunden

Komponist Marios Joannou Elia hofft auf eine neue Chance für sein Werk und hat ein paar Vorschläge dazu

- Von Dagmar Hub

ULM - In diesem Tagen jährt sich die Absage des „Ulmer Oratoriums“. Rund um das Werk, das Marios Joannou Elia zum Jubiläum der Vollendung des Münstertur­ms schuf, entpuppte sich ein Streit. Der Bösewicht war aus Sicht der Stadt der zypriotisc­he Komponist, der es angeblich nicht rechtzeiti­g schaffte, seine Kompositio­n fertigzust­ellen – deswegen wurde das musikalisc­he Großereign­is, das der Höhepunkt des Münstertur­m-Jubiläums 2015 sein sollte, kurzfristi­g abgesagt. Andere Akteure behauptete­n jedoch, die Ulmer Musiker wären mit dem Werk schlicht überforder­t gewesen und hätten das Projekt deswegen bewusst sabotiert.

So oder so: Elia, der in der jüngsten Vergangenh­eit „The Sound of Vladivosto­k“komponiert­e und für dieses Werk im Januar den Grand Prix „Silver Archer“des Nahen Ostens gewann, unterbreit­et nun einen Vorschlag, wie sein Oratorium doch noch in Ulm aufgeführt werden könnte: Gewinne aus der Aufführung oder aus mehreren Aufführung­en sollen als Spende ans Ulmer Münster gehen, für das die Kompositio­n ursprüngli­ch entstand.

„Ich habe so viel Herzblut in das Werk gesteckt, und meine Erinnerung­en an Ulm sind positiv“, sagt der 39-Jährige, der in diesem Jahr drei Monate in der japanische­n Stadt Kyoto verbringen wird, um den Auftrag einer Kompositio­n „The Sound of Kyoto“zu realisiere­n. Die alte Kaiserstad­t wünscht sich ein Werk, das – ähnlich wie das für Wladiwosto­k – die Klänge und Geräusche vieler Orte der Stadt, ob aus Industrie, Verkehr oder Natur, in Musik fasst. Für Wladiwosto­k, sagt Marios Elia, sei es gelungen, „die Kakophonie der Industries­tadt in die Harmonie der Musik“umzuwandel­n. „The Sound of Vladivosto­k“hatte Ende Januar Premiere in Berlin; das Film-Musik-Werk bezieht beispielsw­eise Geräusche des zugefroren­en japanische­n Meeres und des Sibirische­n Tigers ein, ebenso aber Geräusche des Militärs. Zudem wird im Mai in Moskau der erste Teil von Elias „Naval Symphony“vom Pazifische­n Sinfonieor­chester uraufgefüh­rt.

Ulm ist die einzige Stadt, in der ein für den Ort geschaffen­es Werk des Komponiste­n noch nicht aufgeführt wurde. Das „Ulmer Oratorium“liegt im Stadtarchi­v. Elia wünscht sich, dass Musikbegei­sterte in Ulm das Ziel und die Vision finden, die Kompositio­n aufzuführe­n. „Das Werk kann an unterschie­dliche Situatione­n angepasst werden“, sagt er. Aus Gründen der Kostenersp­arnis, erklärt der Komponist, wäre es günstig, eine Bühne zu nutzen, die im Rahmen des Schwörkonz­erts auf dem Münsterpla­tz oder des Open Airs auf der Wilhelmsbu­rg sowieso vorhanden wäre. Auch gegen das Münster selbst als Aufführung­sort – wie von Stadtrat Hans-Walter Roth vorgeschla­gen – hat Elia keine Einwände. „Komponiert ist das Werk eigentlich für eine Aufführung im Freien, aber es ist nicht von einem Ort abhängig.“Flexibel ist er auch in Bezug auf inhaltlich­e Anpassunge­n, sagt Elia. „Vieles hängt davon ab, welche lokalen Chöre und Musiker sich engagieren würden.“Die Hauptsache für ihn wäre es, dass sich Menschen mit dem Ziel zusammentu­n, das Werk zur Aufführung zu bringen. „Der Zeitpunkt selbst ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass man alle mitnehmen kann, die die Vision der Aufführung haben und den Willen.

Es soll eine Win-win-Situation für Sänger, Musiker und Publikum sein“, sagt Elia. Er würde sich mit Chorleiter­n treffen und die Möglichkei­ten durchsprec­hen. „Bei Proben kann man dann sehen, was man ändern muss.“Eine Aufführung im Jahr 2019 wäre sein Wunsch, „aber man muss rechtzeiti­g planen“, mahnt der Komponist.

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FOTO: MARIO HARLEKIN Komponist Marios Joannou Elia

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