Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Plötzlich nur noch zwei Punkte bis Europa

Dank Gomez: Die Glücks- und Siegesseri­e des VfB hält beim 3:1 bei Schlusslic­ht Köln an

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KÖLN (zak/SID/dpa) - Timo Horn war am Boden zerstört. Der Torwart des 1. FC Köln schlug die Hände vors Gesicht und sackte wie vom Blitz getroffen auf den Grund des Rasens und blieb dort nach der bitteren 2:3 (1:2)Pleite auch einige Zeit liegen. Irgendwann kam dann Mario Gomez, ausgerechn­et Mario Gomez, Stuttgarts Sieggarant und Doppel-Torschütze, der Horn böse überrascht hatte, und half dem Keeper des Tabellenle­tzten wieder hoch. Doch während Gomez nach dem nächsten Coup des VfB, dem vierten Sieg in Serie, wohl bald schon den Klassenerh­alt feiern darf, war Horn vor Trauer kaum zu trösten.

„Ich glaube, wir haben die beste erste Halbzeit der Saison gespielt, wir hätten dieses Spiel nie verlieren dürfen. Und dann passiert so etwas. Ich weiß nicht, wann mir so ein Fehler das letzte Mal unterlaufe­n ist“, sagte der 25-Jährige: „Ich suche bei solchen Fehlern keine Ausreden. Das tut mir unfassbar leid für die Mannschaft, den Trainer und unsere tollen Fans.“Die hatten nach dem Abpfiff seinen Namen skandiert. Auch der Trost von VfB-Schlussman­n Ron-Robert Zieler („Das kann jedem Torwart mal passieren, zumal der Platz nicht ganz eben war“) konnte Horn nicht beruhigen.

Es war der 37-jährige Claudio Pizarro (7.), der den FC mit seinem ersten Tor überhaupt in Führung geschossen hatte, doch der lange Zeit schwache VfB konterte quasi aus dem Nichts durch Gomez (45., 45.+2) und Andreas Beck (57.). Bei Gomez’ zweitem Treffer machte der sonst souveräne Horn keine gute Figur. Er ließ den harmlos aussehehen­den Rechtsschu­ss des Nationalst­ümers, den der 32-Jährige im Fallen abgab und der dadurch einen gefährlich­en Drall bekam, über die Finger rutschen. Milos Jojic’ Freistoßto­r (86.) sorgte ganz am Ende noch einmal für Spannung, es reichte aber nicht für die Kölner, die nun angesichts von acht Punkten Rückstand auf Rang 16 neun Runden vor Ende so gut wie abgestiege­n scheinen.

Köln hatte furios begonnen. Die Mannschaft von Stefan Ruthenbeck ließ den Gästen kaum Zeit und Raum und zwang sie so zu Fehlern. Vor dem 1:0 gewann Marco Höger den Ball mit einem energisch Einsatz gegen Emiliano Insua, Yuya Osako bediente Pizarro, und der Peruaner verwandelt­e sicher zur Führung.

Köln dominierte das Spiel vor 50 000 Zuschauern, vor allem im Zentrum gewannen der glänzende Vincent Koziello und Höger viele Duelle gegen den überforder­ten Holger Badstuber und Santiago Ascacibar, die in der ersten Hälft nur 25 Prozent der Zweikämpfe gewannen. So kam der FC zu zahlreiche­n Chancen und war dem 2:0 ganz nah. Doch unter anderem der frühere VfB-Stürmer Simon Terodde vergab freistehen­d (30.).

Das rächte sich. VfB-Coach Tayfun Korkut reagierte und stellte um. Badstuber rückte ins Abwehrzent­rum, Kapitän Christian Gentner (zuvor rechts) nahm den Platz im zentralen Mittelfeld ein, und rechts wirbelte nun Erik Thommy. Die Maßnahmen griffen: Thommy bediente Gomez vor dem 1:1, Sekunden später stellte er das Spiel mit seinem zweiten Treffer unter gütiger Mithilfe von Horn komplett auf den Kopf. Köln war bemüht, nach der Pause wieder die Kontrolle zu übernehmen – bis zum nächsten Nackenschl­ag durch Becks Linksschus­s zum 1:3. Der FC gab aber nicht auf, Koziello scheiterte am starken Zieler (60.). Ruthenbeck wechselte offensiv und brachte Bittencour­t und Cordoba. Anders als zu Beginn fehlten aber Tempo und Präzision, um für Gefahr zu sorgen.

Nur noch zwei Zähler zu Rang 7

Die glänzende Serie Korkuts geht also weiter beim VfB: Aus fünf Spielen hat der neue Trainer 13 Zähler geholt – und zwei zuvor für nicht mehr möglich gehaltene Auswärtssi­ege. Stuttgart ist nun Neunter, so gut wie nie in dieser Saison. Auf Hoffenheim und Platz sieben, der aller Voraussich­t nach zur Teilnahme an der Europa League berechtigt, fehlen nur noch zwei Zähler, der Vorsprung auf den 16. Mainz beträgt acht Punkte.

Obwohl der VfB im ersten Abschnitt eine ganz schwache Leistung gezeigt hate, war er natürlich glücklich: „Das ist eine große Qualität, wenn man auf so eine Situation reagieren kann“, meinte Gomez, der sein zweites Tor mit Humor nahm. „Ich hab schon ganz andere Gurkentore geschossen.“Manager Michael Reschke war zwar mit der Leistung unzufriede­n, legte sich aber fest: „Mit dem direkten Abstieg werden wir nichts mehr zu tun haben.“Auch Korkut war glücklich: „Ein Riesenkomp­liment an die Mannschaft – mit Ausnahme der ersten 30 Minuten. Da haben wir es uns selbst schwer gemacht.“

Kölns Coach Ruthenbeck, der ExAaalener, hat derweil noch nicht aufgegeben: „Es tut weh. Aber die Art und Weise macht mir Mut für die nächsten Aufgaben. Wir geben nicht auf. So einen Ballbesitz- und Kombinatio­nsfußball als Tabellenle­tzter zu spielen, ist nicht normal.“

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FOTO: IMAGO Zwei Fäuste für den Klassenerh­alt: Die VfB-Torschütze­n Andreas Beck (li.) und Mario Gomez.

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