Gekauftes Lob für 149,90 Euro
Firma will positive Arzt-Bewertungen im Netz an die Weißenhorner Stiftungsklinik verkaufen - Verantwortliche im Krankenhaus sind irritiert
NEU-ULM/WEISSENHORN - Sehr kinderfreundlich und hygienisch, aber mit bestenfalls mittelmäßigen Einkaufsmöglichkeiten. So schneidet die Stiftungsklinik Weißenhorn im Ärzte-Bewertungsportal Jameda ab. Gerade einmal sechs Patienten haben ihr Urteil abgegeben, schon da reicht die Spanne der Schulnoten von eins bis sechs. Mit 149,90 Euro netto könnte die Stiftung dieses Bild aufpolieren. Das steht in einer EMail, die einige Mediziner am Dienstag erhalten haben. „Die Ärzte fanden es unseriös, wie darin geworben wurde“, berichtet Kliniksprecherin Edeltraud Braunwarth. Wie viele Nachrichten bei den Medizinern im Landkreis eingegangen sind, sei unklar. Fest stehe aber: „Auf dieses Niveau wollen wir uns nicht herablassen“, betont Braunwarth.
Die Werbe-Mails, die Weißenhorner Klinikärzte am Montag erreichten, sind kein Einzelfall. Erst im Herbst hat sich das Ärzte-Bewertungsportal Jameda vor Gericht gegen ein Unternehmen durchgesetzt, das Medizinern positive Urteile gegen Bezahlung bot. Unternehmenssprecherin Kathrin Kirchler erklärt, das Portal verfolge Anbieter von gefälschten Bewertungen sehr aufmerksam und leite regelmäßig rechtliche Schritte ein. Die Frankfurter Firma, die die Mediziner aus Weißenhorn kontaktierte, ist bei Jameda bereits bekannt.
Ein Team von 20 Mitarbeitern des Bewertungsportals kümmere sich um die Qualität der Urteile, sagt Sprecherin Kirchler. Dazu gehöre auch, dass diese Prüfer nach Firmen Ausschau halten, die sogenannte Fake-Bewertungen anbieten. Die gehen regelmäßig bei Jameda ein. Etwa zehn Prozent der eingesandten Urteile werden vorher herausgefiltert.
Das Portal nutzt dafür unter anderem einen automatischen Algorithmus, der die Einsendungen auf Grundlage technischer und sprachlicher Kriterien prüft. Zwei Beispiele: Viele Bewertungen kommen technisch nachweisbar von der ein und der selben Quelle oder eine Reihe von Urteilen ist auffällig ähnlich formuliert.
Erst Ende Februar machte das Portal Jameda Schlagzeilen. Eine Ärztin, die ihr Profil dort löschen lassen wollte, hatte gegen das Portal geklagt. Sie empfand das Geschäftsmodell als ungerecht: Mediziner, die Geld bezahlen, werden prominenter auf der Seite angezeigt als andere. Der Bundesgerichtshof entschied: Die Ärztin hat den Anspruch, dass Jameda ihre Daten löscht. Denn durch die bezahlten Premium-Profile ist das Portal keine neutrale Informationsplattform mehr.
Dass nun ein Unternehmen offen damit wirbt, positive Bewertungen zu verkaufen, irritiert Kliniksprecherin Braunwarth ebenso wie die Ärzte. „Es ist eine Firma, die ganz offen damit umgeht – also wollte sie ein Pfund Kaffee verkaufen.“
In dem Schreiben ist die Rede von einem Paketpreis für fünf positive Google-Bewertungen und drei positive Jameda-Bewertungen, gültig bis 15. März 2018. „Zum Preis von 149,90 Euro netto, damit sparen Sie über 40% zu unseren Shop-Preisen“, heißt es weiter. Auf dem Internetauftritt der Frankfurter Firma, die eine Stadt in Zypern als ihren Hauptsitz angibt, werden auch Bewertungen für Immobilien-, Auto- und Reiseportale angepriesen. Im Schreiben an die Ärzte der Kreisspitalstiftung steht zudem, die Bewertungen würden von seriösen Produkttestern aus der Region vorgenommen. Eine Anfrage an die Firma blieb am Dienstagnachmittag unbeantwortet.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) sieht Portale wie Jameda grundsätzlich kritisch. Immer wieder beklagten Ärzte, dass Patienten sich mit schlechten Bewertungen dafür revanchieren, dass sie beispielsweise nicht wie gewünscht krank geschrieben wurden – was medizinisch nicht notwendig war. Das berichtet Martin Eulitz, der Sprecher der KVB. Über das Schreiben an die Klinikärzte sagt er: „Das ist kein Massenphänomen.“
Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Praktiken
Peter Grieble, der Fachmann für Versicherungen, Pflege und Gesundheit bei der Verbraucherzentrale BadenWürttemberg sagt: „Das geht natürlich gar nicht“, sagt er. Das Angebot sei verbraucherfeindlich – und könnte sogar illegal sein. „Wenn die Personen, die Bewertungen angeben, dass sie bei einem Arzt waren, dann müssen sie auch dort gewesen sein“, betont er. Andernfalls handle es sich um eine Falschaussage.