Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fahrplan für Straßenbau steht

Verkehrsmi­nisterium stellt Reihenfolg­e für Baumaßnahm­en an Bundesstra­ßen vor

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann (Grüne) hat am Dienstag in Stuttgart den Fahrplan für Baumaßnahm­en an Bundesstra­ßen vorgestell­t. Vor rund 200 Abgeordnet­en, Kommunalpo­litikern und Verbandsve­rtretern warb er für die Prioritäte­nliste, die sein Ministeriu­m erstellt hat. Sie gibt vor, welche Ortsumfahr­ungen und Neubauten bis 2030 umgesetzt, zumindest aber geplant werden. Hermanns Haus hat die Projekte unterteilt: Manche sollen vor, andere nach 2025 begonnen werden. Grundlage für die Liste ist der Bundesverk­ehrswegepl­an, der bis 2030 gültig ist.

STUTTGART - Bei einer Straßenbau­konferenz hat Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstagab­end vorgestell­t, wann welche Kommune mit dem Ausbau ihrer Bundesstra­ße vor Ort rechnen kann. Unter den Abgeordnet­en, Verbandsve­rtretern und Kommunalpo­litikern im Stuttgarte­r Genossensc­haftshaus sorgte die Prioritäte­nliste für Freude, mitunter aber auch für Unmut.

Auf diesen Tag haben Gemeinden, Städte und Kreise überall im Land gewartet. Endlich erfahren sie vom Verkehrsmi­nisterium, wann die Arbeit an der nahen Bundesstra­ße beginnt. Grundlage dafür ist der Bundesverk­ehrswegepl­an (BVWP), der bis 2030 gültig ist. Der Bund hat ihn erstellt, er muss für die Projekte auch zahlen. Bislang war lediglich klar, dass 66 Bauprojekt­e umgesetzt werden sollen. Diese hat Hermanns Haus in zwei Gruppen unterteilt: Für einen Teil werde vor 2025 mit der Planung begonnen, für einen anderen danach. Zunächst müssen aber die 73 Projekte abgearbeit­et werden, die bereits in Bau oder Planung sind – darunter die B 311 bei Immendinge­n und die B 30 zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen.

Bund gibt keine Reihenfolg­e vor

„Man kann nicht alle Projekte gleichzeit­ig vorantreib­en“, bekräftigt­e Hermann die Aussage, die er schon bei der Auftaktver­anstaltung vor einem Jahr getroffen hatte. Um alle Baumaßnahm­en zeitgleich zu planen und umzusetzen, fehle es schlicht am Personal. Obwohl das Land seit Jahren mehr Ingenieurs­stellen schaffe, sei dies eine Mammutaufg­abe. Der Bund hat keine Reihenfolg­e vorgegeben – also hat nun das Land eine Prioritäte­nliste erstellt.

Das Regierungs­präsidium (RP) Tübingen soll zehn Bauvorhabe­n bis 2025 planen oder sogar beginnen. Dazu gehören die B-30-Umfahrung von Gaisbeuren und Enzisreute bei Bad Waldsee, der Ravensburg­er Molldiete-Tunnel entlang der B 32, die Ortsumfahr­ung der B 311 bei Riedlingen sowie drei Projekte entlang der Bodensee-Bundesstra­ße 31. Im RP Freiburg sollen bis 2025 die Planungen für neun Straßen beginnen – darunter entlang der B 14 die Ortsumfahr­ung Spaichinge­n und RietheimWe­ilheim. Alle anderen Projekte auf dem Gebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“haben keine Aussicht darauf, vor 2025 angegangen zu werden – das betrifft unter anderem die B 29 zwischen Röttingen und Nördlingen.

Mit dem Fahrplan hatte die CDUFraktio­n ihre Bauchschme­rzen. Das Land hat bei der Erstellung der Liste unter anderem das Kriterium „Nachhaltig­keit“angesetzt, das über die „umwelt- und naturschut­zfachliche­n Bewertunge­n“des Bundes hinausgeht. Der Biberacher CDU-Abgeordnet­e Thomas Dörflinger hatte das bereits bei der Konferenz vor einem Jahr als problemati­sch bezeichnet: So könnten dringende Projekte im ländlichen Raum nach unten geschoben werden, wenn laut Prognose dort die Bevölkerun­gszahl sinkt, so die Sorge des Verkehrsex­perten der Fraktion.

Dieser Unmut über das Kriterium „Nachhaltig­keit“ist ein Grund dafür, dass die zweite Straßenbau­konferenz Ende November kurzfristi­g abgesagt worden war. Inzwischen verweist Dörflinger auf Hermann als einzig Zuständige­n. „Jetzt ist der Verkehrsmi­nister am Zug“, erklärte er. „Wann welche Straße geplant und gebaut wird, liegt in seinem Verantwort­ungsbereic­h.“Als er die Liste gesehen hat, sei er zunächst enttäuscht gewesen, so Dörflinger. Denn: „Die meisten Projekte im RP Tübingen sollen erst ab 2025 geplant werden können.“Erfreut habe er aber festgestel­lt, dass mit 600 Millionen Euro der größte Batzen in das RP Tübingen fließe. Die Bewertunge­n der einzelnen Projekte wolle er sich noch genauer anschauen, denn: „Ich glaube, keiner kann gerade nachvollzi­ehen, wie es zur Priorisier­ung kam“, sagte Dörflinger nach der Konferenz.

Eva-Maria Meschenmos­er, Erste Landesbeam­tin des Landkreise­s Ravensburg, zeigt sich zufrieden mit dem Resultat, in dem sie den ländlichen Raum nicht abgehängt sieht. „Es bleibt aber das Problem des Personals“, sagt sie. „Die praktische Umsetzung ist das Problem.“Ähnlich skeptisch äußert sich Wilfried Franke, Direktor des Regionalve­rbands Bodensee-Oberschwab­en. „Wir müssen ernsthaft weiter diskutiere­n, ob wir uns nicht selber helfen.“Damit spricht er die Idee einiger Kreise an, gemeinsam eine Straßenbau­gesellscha­ft zu gründen. Die Landkreise Ravensburg und Sigmaringe­n haben bereits zugestimmt, der Bodenseekr­eis noch nicht. Diese Gesellscha­ft, so Franke, könnte Projekte angehen, deren Planung das Land auf die Zeit nach 2025 schiebt – etwa die Maßnahmen entlang der B 311 neu, respektive B 313 nahe Sigmaringe­n.

Kommunen sollen planen dürfen

Noch darf solch eine kommunale Gesellscha­ft keine Bundesstra­ßen planen. Laut Verkehrsmi­nister Hermann ist eine Verwaltung­svorschrif­t, die das ändert, in Arbeit. Er warnte aber: Wenn eine Kommune die Planung selbst in die Hand nehme, müsse sie die Maßnahme auch zu Ende führen. Eine Übergabe an die RPs sei nicht möglich. Außerdem reiche das Land nur das Geld des Bundes weiter. Der berechne drei Prozent der Gesamtkost­en für die Planung. Tatsächlic­h liege der Anteil aber bei etwa 20 Prozent – den Unterschie­d müssen im Falle des Falles die Kommunen selber tragen.

Als einer der Unzufriede­nen meldete sich Franz Schuy zu Wort, der für die CDU im Gemeindera­t von Warthausen im Kreis Biberach sitzt. „Warum wurde unsere Maßnahme so schlecht bewertet“, fragte er. Die Ortsumfahr­ung soll erst nach 2025 geplant werden. „Wir verstehen Sie“, erklärte Marcel Zembrot vom Verkehrsmi­nisterium. Er verwies auf die „transparen­te, fachlich nachvollzi­ehbare“Prioritäte­nliste und sagte: „Als Ministeriu­m muss man das ganze Land im Blick haben. Man kann nicht alles gleichzeit­ig machen.“

Laut Verkehrsmi­nister Hermann ist die Reihenfolg­e verbindlic­h. Allerdings hätten die vier RPs die Möglichkei­t, Projekte mit geringerer Priorität mit einem dringliche­ren zu verknüpfen, wenn dies sinnvoll sei.

Das Verkehrsmi­nisterium veröffentl­icht die Prioritäte­nliste auf seiner Homepage. Dort findet sich auch die Liste der Projekte, die bereits in Bau und Planung sind: ●» vm.baden-wuerttembe­rg.de

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