Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fähigkeite­n und Kunstverst­ändnis

Landesamt für Denkmalpfl­ege beleuchtet Höhlen im Ach- und Lonetal

- Von Elisabeth Sommer

URSPRING - In der Urspringsc­hule hat ein Bildvortra­g zu den Höhlen des Ach- und Lonetales und ihrer Anerkennun­g als Unesco-Weltkultur­ebe aufgrund der wertvollen archäologi­schen Funde stattgefun­den. Wertvoll im Sinne der Menschheit­sgeschicht­e, weil die diversen Funde Auskunft über die Fähigkeite­n und das Kunstverst­ändnis des vor 40 000 Jahren jungen modernen Menschen geben. Flöten, Tier- und Menschenab­bildungen, Mischwesen (Löwenmensc­h), Schmuckste­inchen und nicht zuletzt die Venus vom Hohle Fels als älteste figürliche Abbildung eines Menschen, einer Frau, wurden in den sechs Höhlen von Archäologe­n in den vergangene­n 160 Jahren ans Licht der Öffentlich­keit befördert und am

9. Juli 2017 bei der Zusammenku­nft der Unesco-Mitglieder im polnischen Krakau als Weltkultur­erbe anerkannt.

Wie die Fundstücke, die Höhlen und das schwäbisch­e Umland aussehen, das durften die Vortragsbe­sucher zuerst in einem unaufdring­lichen, aber eingängig schönen Film bestaunen. Dazu waren Kameradroh­nen in die Höhe geschickt worden, um die Höhlen selbst bei winterlich­em Raureif in den besten Blick zu rücken – und das verbunden mit einer gedämmten Eroberungs­musik, wie man sie aus Filmen über geschlagen­e Schlachten kennt. Zu den 80 Vortragsbe­suchern gehörten unter anderem der äußerst rührige Museumsges­ellschafts­leiter Reiner Blumentrit­t und als Gastgeber Schulleite­r Rainer Wetzler sowie als weiterer wichtiger Wegbereite­r künftiger, auch kniffliger Notwendigk­eiten, wie zum Beispiel eines Informatio­nszentrums am Hohle Fels trotz räumlicher Einschränk­ungen durch Bach, Bahn und Bundesstra­ße, Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh.

„Wir haben alle nachweisli­ch noch Neandertal­ergene in uns“, mahnte Referent Conny Meister, seines Zeichens Master of Science und seit 2012 im Landesamt für Denkmalpfl­ege tätig, in dem er in der Vorbereitu­ng auf die Unesco-Anerkennun­g eingesetzt wurde, deren erfolgreic­her Abschluss sich heuer im Juli jährt. Jetzt geht es um die weitere Bekanntmac­hung der Fundstelle­n und Funde. Blaubeuren, Ulm und Stuttgart, aber auch ab und an für den in Ulm beheimatet­en Löwenmensc­hen das British Museum in London sind die vorrangige­n Ausstellun­gsorte dieser menschheit­sgeschicht­lich bedeutende­n Funde. Dass der Löwenmensc­h dem Ulmer Museum gehört, mag, kühn gesagt, dem Neandertal­gen im Menschen zugeschrie­ben werden. Conny Meister erzählte einmal mehr die öffentlich noch wenig bekannte Geschichte vom Tübinger Archäologi­eprofessor Wetzel, der seine Ausgrabung mit diesem Fund mit seinem Team am Vorabend des Beginns des Zweiten Weltkriege­s zum Abschluss brachte.

Mit Schimpf und Schande verjagt

Zurück aus dem Kriegsdien­st, wurde der nationalso­zialistisc­he Professor mit Schimpf und Schande von der Universitä­t Tübingen verbannt. Und der Löwenmensc­h, den er aus Trotz nicht den Tübingern, sondern den Ulmer gab, lag 30 Jahre lang in einer Schachtel in einer Museumssch­ublade, ehe er zusammenge­fügt ausgestell­t wurde.

Ein neugierige­s modernes Kind kletterte später einmal verbotener­weise in die Fundstätte und fand ein paar Teile. Die ebenso unerschroc­kene Mutter erkannte darin einen Wert und gab die Knochenspl­itter, weder Schimpf noch Schande erleidend, beim Landesamt für Denkmalpfl­ege ab. Deshalb konnte der Löwenmensc­h „erweitert“und seit 2014/15 in runderer Form ausgestell­t werden. Sehen sollen all die Funde in Zukunft immer mehr Menschen, dafür werben die Ortsansäss­igen und mit ihnen auch Conny Meister. Der Bildvortra­g in Urspring ist als weiteres Mosaikstei­nchen auf dem Weg der Kunst-, Kultur- und Tourismusf­örderung und Werbung dafür zu betrachten.

 ?? SZ-FOTO: ELISABETH SOMMER ?? Conny Meister vom Landesamt für Denkmalpfl­ege sprach und warb für die bedeutende­n Unesco-Weltkultur­erbestätte­n.
SZ-FOTO: ELISABETH SOMMER Conny Meister vom Landesamt für Denkmalpfl­ege sprach und warb für die bedeutende­n Unesco-Weltkultur­erbestätte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany