Improvisation der „Schmitzenklasse“
Comedian Ralf Schmitz tritt in Ulm auf
- Ob Ralf Schmitz der Klassenclown war, damals in den 80er Jahren in Leverkusen-Opladen am Gymnasium? Wer den Comedian auf der Bühne mit seinem neuen Programm „Schmitzenklasse“erlebt, findet den Gedanken bestimmt nicht abwegig. Der 43-Jährige ist gefühlt vom Klingeln der großen Schuluhr auf der Bühne bis zum Schlussapplaus in permanenter Bewegung. Stillsitzen, einfach mal kurz den Mund halten – das ist unvorstellbar. Wobei: „Schmitzenklasse“ist lustig. Die Show ist unpolitisch, und gekränkt wird auch niemand bei diesem Kabarett. Es geht um Schule, um Schulfächer – und da ist fast jeder aus eigenem Erleben Experte. Dafür bietet Schmitz jede Menge Improvisation – und bei der spielt er seine große Stärke aus, die Fähigkeit, mit ihm Unbekannten aus dem Publikum so spontan zu spielen, dass die Zuschauer aus dem Lachen nicht herauskommen.
Das Publikum nimmt ziemlich viele Kilometer in Kauf, um Schmitz zu erleben. Die Autokennzeichen zeigen es, und schon 50 Minuten vor Beginn von „Schmitzenklasse“ist die Tiefgarage des Congress Centrum Ulm (CCU) komplett voll. Von den Angereisten wird der Comedian im Laufe des Abends einige auf der Bühne kennen lernen: Ralf und Martina zum Beispiel kamen aus Bopfingen ins Ulmer CCU. Nicht unvorbereitet – Ehefrau Martina hat für den Comedian Likör und ein selbst gemaltes Plakat dabei. Dass sie mit Ralf Schmitz die Schulbank auf der Bühne drücken würde, ist für Martina die Erfüllung eines Traumes – und für Schmitz ein gefundenes Fressen: Er läuft zu ganz großer Form auf, als er aus den Bruchstücken ihres Privatlebens, die das Ehepaar erzählt, ein Spontan-Musical macht und es – begleitet von Bernhard Selbach am Klavier – sofort aufführt. In der Rolle des künftigen Ehemanns: Ralf Schmitz, auch stimmlich durchaus hörenswert. Herbert von Karamalz und Richard Clayderschrank stehen als Komponist und Pianist des Musicals Pate, und das Lied der Orchidee aus dem Haushalt des Bopfinger Ehepaares ist an Komik kaum zu überbieten.
Sonst reiht Schmitz bis zum Thema Nachsitzen Szenen über Schulfächer aneinander: Schultheater, das er selbst schon gern spielte, Religion, Französisch (wo auf der Tafel der Subjonctif im Plusquamperfekt konjugiert wird), und ein herrlich schräg übersetztes Latein. Dass man aus banalen Situationen richtig gute Comedy machen kann, zeigt der Versuch, den erlebten Religionsunterricht zeitgemäß und jugendgerecht zu adaptieren. Schmitz fängt bei Adam und Eva an – im Format von „Bauer sucht Frau“– und landet schließlich bei der Online-Partnerbörse Parship. Maria und Josef als Talk-Gäste bei Markus Lanz, und Petrus, der drei Mal leugnete, Jesus zu kennen, wird von Inspektor Columbo verhört. So leicht das daherkommt – einigermaßen bibelfest muss man sein, um diese Comedy zu kreieren, aber der Entertainer war ja in seiner Jugend Ministrant. Schmitz präsentiert sich ungemein wandlungsfähig, spontan und reaktionsschnell wie in jener Szene, das Kandidatin Lina aus Schwäbisch Gmünd in schönstem Schwäbisch verrät, Justizvollzugsbeamtin zu sein, was sofort Teil der Comedy wird. Nachsitzen muss dann Kandidatin Heike, die gegen die Saalorder gerade fotografiert und zudem nicht aufgepasst hat, als Schmitz sie anspricht.
Hinter dem, was zum Lachmuskeltraining für den Zuschauer wird, steckt eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe: Auch im ausverkauften Saal findet der Entertainer zielgenau die Zuschauer heraus, die Stoff für seine Witze bieten. Ein amüsanter Abend, für den das Publikum mit begeistertem Applaus dankt.