Betrugsfälle halten Ermittler in Atem
Staatsanwaltschaft Ulm stellt Jahresstatistik vor – Verlagerung von Diebstahl zu Betrug
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ULM - Die Staatsanwaltschaft Ulm hat am Donnerstag ihre Jahresstatistik für 2017 vorgestellt. Vier vollendete Tötungsdelikte gab es im Bezirk der Staatsanwaltschaft, zu dem der AlbDonau-Kreis, der Stadtkreis Ulm und der Landkreis Göppingen zählen. Die Anzahl der Straftaten im Raum Ulm ist, auf die Einwohner gerechnet, auf dem niedrigsten Stand seit der Jahrtausendwende. Auffällig ist laut leitendem Oberstaatsanwalt Christof Lehr eine Verlagerung von Diebstahl- zu Betrugsdelikten, was mit der Nutzung des Internets zu tun habe: „Dadurch kann man Betrug von jedem Standort aus betreiben“, so Lehr.
Während die gefühlte Kriminalität immer mehr ansteige, würden das die tatsächlichen Zahlen nicht hergeben. „Die Welt rückt zum Beispiel durch die Medien immer näher zusammen und damit auch das Gefühl der Bedrohung“, erklärte der leitende Oberstaatsanwalt. Tatsächlich sei die Anzahl der politisch registrierten Straftaten im Land pro 100 000 Einwohner mit 5295 auf dem niedrigsten Stand seit der Jahrtausendwende – für das Jahr 2016 wurden 5599 Taten gezählt.
Im Alb-Donau-Kreis liege die Häufigkeitszahl mit 2758 unter dem Landesdurchschnitt – in Ulm liegt sie bei 7857. „Eine Großstadt hat immer eine höhere Kriminalitätsbelastung als in ländlichen Gebieten“, erklärte Lehr. Spitzenreiter im Land sei Freiburg mit 12 000 Verfahren pro 100 000 Einwohner.
Insgesamt gab es bei der Staatsanwaltschaft Ulm 22 179 Ermittlungsverfahren im Jahr 2017 (im Jahr zuvor waren es 21 953), darunter 441 Todesermittlungsverfahren, offene Verfahren gab es 3300 am Jahresende. „Wir kommen nicht richtig hinterher“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt. 25 Staatsanwälte arbeiten in Ulm, laut Lehr würde sich die Staatsanwaltschaft aber noch mehr Personal wünschen, um alle Fälle zügig bearbeiten zu können. 2017 gab es rund 2200 Anklagen und rund 4000 Strafbefehlsanträge. Freiheitsstrafen ohne Bewährung wurden 187-mal verhängt (Vorjahr: 127mal), Geldbußen haben sich sogar verdoppelt, von 263 auf 532. Die Akzeptanz, bei Bagatellen gerade zu stehen, nehme ab, erklärte Lehr. Außerdem würden sich immer häufiger Anwälte im Internet anbieten, alles zu regeln.
37 Prozent und damit der größte Teil der begangenen Straftaten fallen in den Vermögensbereich: 8536 Fälle von Diebstahl, Betrug, Wirtschaftssachen oder Geldwäschedelikten gab es im vergangenen Jahr. Sexualstraftaten gab es 191, im Jahr 2016 waren es noch 238, die Zahlen sind in dem Bereich also leicht rückläufig. Lehr wies auf den Unterschied zur kürzlich veröffentlichten Statistik der Polizei hin: Weil es bei der Staatsanwaltschaft vornehmlich um die Verfahren geht, gebe es zeitliche Unterschiede in der Statistik.
Bei politischen Strafsachen hat die Zahl der Verfahren stark zugenommen: Waren es 2015 noch 47 und im Jahr darauf 99, gab es im vergangenen Jahr 134 Verfahren. Dies sei durch den Bundeswahlkampf zu erklären, machte Lehr deutlich. So laufe etwa das Verfahren gegen die AfD Ulm wegen des Plakates zur Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz, die – so war darauf zu lesen – in Anatolien „entsorgt“werden soll. Mittlerweile gingen auch Anzeigen aus dem ganzen Bundesgebiet ein, von Bürgern, die im Internet etwas mitbekommen haben, erklärte Lehr, der auch erwähnte, dass „innertürkische Konflikte immer mehr hier ausgetragen werden“.
Der Mord in Erbach aus dem vergangenen Jahr beschäftigt die Staatsanwaltschaft aktuell noch, am 16. April beginnt ein Verhandlungsmarathon, 37 Termine sind vorgesehen. Nach Überzeugung von Christof Lehr handelt es sich um einen Fall von „Blutrache mitten in Deutschland“. Das 19jährige Opfer sei bereits das dritte Blutracheopfer in der Folge eines Mordes in Albanien. Der 46-jährige Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft, er bestreite die Tat, erklärt Lehr.
Der Jugendliche, der in der Ulmer Schillerstraße einen 64 Jahre alten Mann getötet und Feuer gelegt hat und kürzlich zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde, hat gegen das Urteil Revision eingelegt.