Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Anfassen erwünscht

Auf Schloss Mochental hat eine besondere Ausstellun­g begonnen.

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MOCHENTAL (sz) - „Bitte nicht anfassen – diesen museumstyp­ischen Hinweis finden Sie in Michael Danners Ausstellun­g nicht“, sagte Heiderose Langer bei der Ausstellun­gseröffnun­g mit Skulpturen von Michael Danner im Hubertussa­al der Galerie Schrade in Mochental. Die fragilen Gebilde des Ulmer Künstlers wollen berührt und in Bewegung gebracht werden.

„Sie sind ausdrückli­ch aufgeforde­rt, aktiv zu werden und die Skulpturen in Schwingung zu versetzen“, erklärte Heiderose Langer. Das verstand eine Dame bei der Vernissage als Aufforderu­ng und ging reihum, um die fragilen Gebilde nacheinand­er anzustupse­n. Heiderose Langer warf in ihrer Rede einen Blick in die Geschichte der Skulptur, die sich im Laufe des 20. Jahrhunder­ts von Masse, Volumen und Statuarik abkehrte. Es begann die Entwicklun­g der gegenstand­sfreien Skulptur, die auch mit Glas und Licht arbeitet.

In diese Richtung gehen auch die Arbeiten von Michael Danner. Aus nur wenigen Einzelelem­enten wie schmalen Stahlplatt­en, Spiegelble­chen und biegsamen Federstahl formt Michael Danner dreidimens­ionale Gebilde, bei denen die Konturen wie Linien wirken, die einen Raum beschreibe­n. Die Einzelteil­e sind stets so austariert, dass sie im Gleichgewi­cht zur Ruhe kommen und bei Berührung zu schwingen anfangen. Stets muss der Künstler dabei den Raum berücksich­tigen, den seine Federstahl­bögen umgeben. „Erforscht werden räumliche Konstellat­ionen wie Zuordnung, Abstand, Ausdehnung, Beziehung und Balance“, sagte die Rednerin. Ein zentrales Statement Michael Danners laute: „Nichts ist für sich, alles ist mit allem verbunden.“In den rund 25 Arbeiten sei Konzentrat­ion und Harmonie zu spüren, bemerkte Heiderose Langer. Dass das Gleichgewi­cht zu seinem Lebens- und Arbeitsthe­ma wurde, erstaunt und beschäftig­t Michael Danner.

Denn der Mensch belaste zunehmend die Gleichgewi­chtssystem­e der Welt und bringe sie an den Rand ihrer Belastung. „Der Mensch ist dabei Verursache­r und gleichzeit­ig, als unentrinnb­arer Teil des Ganzen, auch Opfer“, schreibt Michael Danner in seinem Blog. Der 67-Jährige versteht seine Kunst als existenzie­lle Auseinande­rsetzung mit Lebensläuf­en. Neben den Skulpturen finden sich in der Ausstellun­g auch Tuschearbe­iten, denen man die Konzentrat­ion, mit der einzelne Schwünge auf die Leinwand gebracht sind, deutlich ansieht. Im Gang der Galerie hängen so genannte Wellenbild­er, die mit einem zunächst vollgesaug­ten Tuschepins­el beginnen und sich im Fortgang der Linie immer weiter auflösen, da der Pinsel keine Tusche mehr abgibt. Man sehe darin rhythmisch­e Bewegung, Dynamik, Kraft und Turbulenz, erläuterte die Geschäftsf­ührerin der Erich Hauser Stiftung in Rottweil. Die Aufforderu­ng, bei den Skulpturen ein wenig das Gleichgewi­cht zum Vibrieren zu bringen, nahmen die Besucher bei der Vernissage gerne wahr.

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FOTO: SZ
 ?? FOTO: SZ ?? Michael Danner und Galerist Ewald Schrade (rechts) mit der Vernissage­rednerin Heiderose Langer auf Schloss Mochental.
FOTO: SZ Michael Danner und Galerist Ewald Schrade (rechts) mit der Vernissage­rednerin Heiderose Langer auf Schloss Mochental.

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