Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Menschheit überlebt nicht ohne ein neues Miteinande­r“

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BERLIN - „Überflüssi­g, fruchtlos, taktisch“– das sind die Adjektive, die CDUPolitik­er verwenden, wenn sie sich über den immer schärfer werdenden Islam-Streit ärgern, den Horst Seehofer losgetrete­n hat. Tobias Schmidt befragte dazu Gerd Müller (CSU/Foto: dpa), den Bundesmini­ster für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g.

Gehört der Islam zu Deutschlan­d?

Die Religionen leben in Deutschlan­d im Großen und Ganzen sehr friedlich miteinande­r. Der radikale Islam, der auf die Scharia baut und unsere Rechtsordn­ung leugnet, gehört deswegen auch nicht zu Deutschlan­d. Die Muslime selber und die Verbände sind aufgeforde­rt, sich von diesen radikalen Strömungen abzugrenze­n. Und wir brauchen einen stärkeren Dialog unter den Religionen auf allen Ebenen. Muslime, Juden, Christen, Hinduisten und Buddhisten verbindet ein Weltethos gemeinsame­r Werte.

Sie selbst sind Mitglied im Zentralkom­itee der deutschen Katholiken, dessen Chef Thomas Sternberg Seehofers Äußerungen für antiislami­sch hält …

Als bekennende­r Christ sehe ich mich in der Verantwort­ung. Das Gebot lautet: Der Starke hilft dem Schwachen; in der Familie, im Staat und unter den Staaten. Das ist die Basis meiner wertegebun­denen Entwicklun­gszusammen­arbeit. Deswegen setze ich mich für eine neue Politik ein.

Was heißt das konkret?

Die Industriel­änder dürfen ihren Reichtum nicht länger auf dem Rücken der Entwicklun­gsländer und deren Ressourcen aufbauen. Der Kakao für die Schokolade­nosterhase­n kommt ebenso aus Afrika wie der Kaffee und die Rohstoffe, ohne die kein Handy funktionie­rt. Aber wir bezahlen den Menschen keine fairen Löhne, verwehren den Ländern oftmals noch den Zugang zum EU-Binnenmark­t und akzeptiere­n, dass die Natur ausgebeute­t wird. Das ist nicht christlich. Das dient nicht dem Erhalt der Schöpfung. Wir brauchen nachhaltig­en Konsum und nachhaltig­es Wirtschaft­en auch in Deutschlan­d. Wenn die ganze Welt so leben und konsumiere­n würde wie die Industries­taaten, brauchen wir bald drei Erden, um unseren Rohstoffbe­darf zu decken. Ohne ein neues Miteinande­r wird die Menschheit nicht überleben.

BERLIN - Der Islam-Streit in der Union ist am Osterwoche­nende hochgekoch­t. Für seinen Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d, wird CSU-Chef Horst Seehofer von der CDU offen kritisiert.

„Vollkommen für die Katz“sei Seehofers Äußerung, ätzte Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) am Montag. Sie schüre bei Leuten, die Seehofers These teilten, „eine Erwartungs­haltung, die er nicht erfüllen kann“, so der Nord-Regierungs­chef. Jeder frage sich: „Und jetzt, Herr Seehofer? Bauen wir jetzt alle Moscheen ab?“In der Praxis habe der Vorstoß des CSU-Chefs „null Bewandtnis“, kanzelte Günther den neuen Bundesinne­nund Heimatmini­ster ab.

Seehofer steht jetzt unter Druck als der Spalter der Unionspart­eien; als jemand, der Antiislami­smus schüre, um so Stimmen am rechten Rand für die Landtagswa­hl im Herbst zu sammeln – so lautet der indirekte Vorwurf von CDU-Mann Norbert Röttgen: „Diese Art überwiegen­d folgenlose­r, taktisch motivierte­r Debatte muss ein Ende haben“, forderte der Vorsitzend­e des Außenaussc­husses im Deutschen Bundestag. Auch Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) schaltete sich mahnend ein. „Wir können nicht den Gang der Geschichte aufhalten“, sagte er. „Eine freiheitli­che Gesellscha­ft bleibt nur stabil, wenn sie ein hinreichen­des

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FOTO: ROLAND RASEMANN „Und jetzt, Herr Seehofer? Bauen wir jetzt alle Moscheen ab?“, stellt Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) die rethorisch­e Frage an den CSU-Chef. Das Bild zeigt die Moschee in Ulm-Söflingen.
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