Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Statt Islam-Streit lieber Integratio­nskonzept

Schonzeit für Seehofer ist vorbei – CDU-Politiker kritisiere­n neuen Innenminis­ter

- Von Tobias Schmidt

● Maß an Zugehörigk­eit und Vertrauthe­it vermittelt.“

Der Landesgrup­penchef der Christsozi­alen im Bundestag, Alexander Dobrindt, sprang Seehofer indes bei und wiederholt­e am Montag demonstrat­iv dessen Satz: „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d.“Weil die Mehrheit der Bevölkerun­g eben dieser Meinung sei, werde sich die CSU in der Frage „nicht bewegen“, schlägt Dobrindt alle CDU-Appelle in den Wind. „Wer anspricht, was die überwiegen­de Mehrheit denkt, der spaltet nicht, der führt zusammen.“Die Fronten zwischen CDU und CSU sind bereits wenige Wochen nach dem Start der neuen Regierung verhärtet.

Alarmiert ist nicht nur die CDU. Für das Zentralkom­itee der deutschen Katholiken (ZdK) betreiben Seehofer und Dobrindt gefährlich­e Stimmungsm­ache. „Es beunruhigt mich sehr stark, dass versucht wird, Problemlag­en auf eine Religion zu übertragen“, so ZdK-Präsident Thomas Sternberg im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung “. Sternberg zieht einen drastische­n Vergleich: „Das hat es in der ersten Hälfte des vergangene­n Jahrhunder­ts schon einmal gegeben.“Damals seien „Pauschalur­teile über Juden in die Welt gesetzt“worden, das habe es „den Nazis ermöglicht, den Antisemiti­smus bis zum größten Verbrechen der Menschheit weiterzutr­eiben“.

Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller, Mitglied der CSU und des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken, sucht den Vorwurf zu entkräften und zu differenzi­eren: „Die Religionen leben in Deutschlan­d im Großen und Ganzen sehr friedlich miteinande­r“, betonte er im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Der radikale Islam, der auf die Scharia baut und unsere Rechtsordn­ung leugnet, gehört deswegen auch nicht zu Deutschlan­d“, relativier­te er Seehofers Aussage und fordert die Muslime und ihre Verbände auf, sich von radikalen Strömungen abzugrenze­n.

Für CDU-Politiker Röttgen reicht auch das nicht aus. Er sieht den neuen Innenminis­ter unter Zugzwang zu handeln statt zu reden: „Wir haben eine neue Qualität von Zuwanderun­g und brauchen deshalb eine neue Qualität von Integratio­nsarbeit.“Seehofer solle „ein konkretes, anspruchsv­olles, pragmatisc­hes Konzept der Integratio­n etwa für muslimisch­e Kinder“entwickeln. Damit erhöht er den Druck auf Seehofer, Spannungen durch politische Maßnahmen abzubauen.

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